Wie klein darf Kleingedrucktes in der Fernsehwerbung sein?

Screenshot: UPC Cablecom-Fernsehwerbung mit gar viel Kleingedrucktem

Michael Huwiler weist auf einen Werbespot hin, der ihm kürzlich beim Fernsehen auffiel. In der Fernsehwerbung wurde unter anderem ein Angebot mit Preisangabe gezeigt, das mit kleingedruckten Angebotsbedingungen versehen war. Dieses «Kleingedruckte» wurde lediglich während einigen wenigen Sekunden eingeblendet und war auch als vergrössertes Standbild nicht lesbar. Nun fragt sich Michael Huwiler, ob Kleingedrucktes dieser Art rechtlich überhaupt massgebend ist.

Ein ähnlicher Werbespot der gleichen Anbieterin – ebenfalls mit nur sehr kurz eingeblendetem und kaum lesbarem Kleingedrucktem – findet sich online:

Preisbekanntgabe und unlauterer Wettbewerb

Das Schweizer Recht kennt im Bundesgesetz gegen den unlautereren Wettbewerb (UWG) eine Pflicht zur Preisbekanntgabe gegenüber Konsumenten (Art. 3 lit. b i.V.m Art. 16 ff. UWG). Für Werbung, die Preisangaben enthält, verweist das UWG in Art. 17 auf die Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (Preisbekanntgabeverordnung, PBV).

Gemäss Art. 13 PBV gilt für Werbung, in der Preise für Dienstleistungen aufgeführt werden, dass die tatsächlich zu bezahlenden Preise bekanntzugeben sind. Aus diesen Preisangaben muss deutlich hervorgehen, auf welche Dienstleistungen sich der Preis bezieht, das heisst die Preisbekanntgabe inklusive Spezifizierung muss leicht sichtbar und klar lesbar erfolgen (Art. 14 PBV).

Für die Beurteilung im Einzelfall ist entscheidend, ob eine Preisbekanntgabe für einen Durchschnittsadressaten mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit leicht sichtbar und klar lesbar ist. Dabei muss das jeweilige Medium der Preisbekanntgabe berücksichtigt werden, beispielsweise der unterschiedliche Betrachtungsabstand bei einem Inserat in der Zeitung oder wie vorliegend bei einem Fernseh-Werbespot. Zur genauen Dauer der Sichtbarkeit und zur mindestens notwendigen Schriftgrösse bestehen in der Schweiz keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen.

Schweizerische Lauterkeitskommission

Mit der Schweizerischen Lauterkeitskommission verfügt die Werbebranche in der Schweiz über ein Gremium zur Selbstkontrolle der kommerziellen Kommunikation. In ihrer Tätigkeit befasst sich die Lauterkeitskommission immer wieder mit nicht oder kaum lesbarem Kleingedruckten.

Nachfolgend einige Beispiele, in denen Kleingedrucktes in der Werbung als unlauter beurteilt wurde (mit Hervorhebungen):

«[…] Kaufentscheidende Einschränkungen von plakativen Anpreisungen müssen im Sinne der lauterkeitsrechtlich geforderten Klarheit von kommerziellen [sic!] Kommunikation zumindest in solcher Grösse und Lesbarkeit kommuniziert werden, dass der Durchschnittsadressat im Rahmen der durchschnittlichen Aufmerksamkeit, die einem solchen Prospekt gewidmet wird, allfällige Einschränkungen wahrnimmt. […] Eine 4- bis 5-Punkte-Schriftgrösse wie vorliegend erfüllt diese Anforderungen an eine genügende Lesbarkeit nicht. […]«

(Verfahren Nr. 170/07, «Gratis-Satz Winterkompletträder».)

«[…] Als allgemeine Regel gilt: Angaben in der kommerziellen Kommunikation sind in solcher Grösse darzustellen, dass sie mit einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit wahrgenommen werden, die dem fraglichen Werbemittel von einem Durchschnittsadressaten gewidmet wird. Vorliegend ist das Kleingedruckte am unteren Rand des Inserates für den Durchschnittsadressaten ohne Vergrösserung kaum lesbar. Eine genügend deutliche Angabe im Sinne von Art. 14 Abs. 1 PBV kann daher nicht mehr bejaht werden, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. […]»

(Verfahren Nr. 374/09, «Preisbekanntgabe – Schriftgrösse».)

«[…] Im vorliegenden Fall ist das Kleingedruckte unterhalb des Fliesstextes für den Durchschnittsadressaten ohne Lupe nicht mehr lesbar. Eine genügend deutliche Angabe im Sinne von Art. 14 Abs. 1 PBV kann daher nicht mehr bejaht werden, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. […]»

(Verfahren Nr. 236/09, «Preisbekanntgabe – Schriftgrösse».)

Fazit: Unlauteres Kleingedrucktes

Die Fernsehwerbung, die Michael Huwiler aufgefallen ist, enthält ein Angebot mit Preisangaben gegenüber Konsumenten. Das entsprechende Kleingedruckte wird nur während einigen wenigen Sekunden eingeblendet und in sehr kleiner Schriftgrösse dargestellt.

Für einen durchschnittlichen Fernsehzuschauer mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit geht aus der Preisangabe und deren Spezifizierung im Kleingedruckten nicht deutlich hervor, auf welche Dienstleistungen sich der Angebotspreis bezieht. Die Preisbekanntgabe erfolgt weder leicht sichtbar noch ist sie klar lesbar. Michael Huwiler konnte das Kleingedruckte selbst als vergrössertes Standbild nicht lesen und und auch bei genügend lesbarer Schriftgrösse wäre die Zeit der Einblendung für das Lesen viel zu kurz gewesen.

Im Ergebnis hat die Anbieterin mit ihrer Fernsehwerbung, die Michael Huwiler aufgefallen ist, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unlauter gehandelt. Unlautere Preisangaben sind für Konsumenten grundsätzlich unverbindlich und es wäre eine Busse bis zu 20’000 Franken als Bestrafung möglich (Art. 24 UWG).

Screenshots: Michael Huwiler, mit freundlicher Genehmigung.

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