Gestern Dienstag forderte der Nationalrat in zwei Postulaten vom Schweizerischen Bundesrat die Erstellung einer umfassenden Auslegeordnung zum Einsatz von Bundestrojanern in der Schweiz. Die Postulate stammten von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) und werden voraussichtlich im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft zur Revision des Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) beantwortet. Mit dieser Revision möchte der Bundesrat, der den Bundestrojaner-Einsatz für einen umfassenden Katalog von Straftatbeständen befürwortet, die notwendigen gesetzlichen Grundlagen schaffen. Die Botschaft wird Mitte 2012 erwartet.
Postulate «Überwachung mittels Trojanern»
Postulat 11.4042 «Überwachung mittels Trojanern (1)» lautete wie folgt:
«Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob die bestehende Regelung betreffend den Einsatz von Überwachungsprogrammen (insbesondere ‹Trojaner›) anpassungsbedürftig ist.»
Postulat 11.4043 «Überwachung mittels Trojanern (2)» lautete wie folgt:
«Der Bundesrat wird beauftragt, Bericht zu erstatten über den Einsatz von elektronischen Überwachungsinstrumenten, insbesondere von ‹Trojanern›, über die rechtlichen Grundlagen und über die Rahmenbedingungen des Einsatzes. Der Bericht soll die Situation beim Bund und, wenn möglich, auch bei den Kantonen darlegen.»
Fazit
Die Ausführungen der Kommissionssprecher im Nationalrat ergaben keine neuen Erkenntnisse, auch nicht in Bezug auf die heute fehlende Rechtsgrundlage. Fragen zu dieser fehlenden Rechtsgrundlage für den Einsatz von «Government Ware» werden auch von der Bundespolizei (Bundesamt für Polizei, Fedpol) nicht direkt beantwortet:
So behauptete beispielsweise Bundespolizei-Sprecher Stefan Kunfermann gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 24. Februar 2012 (leider nicht verlinkbar), der Bundesrat habe «im vergangenen November den Einsatz von Trojanern zur Aufklärung schwerer Straftaten erlaubt.» Auf meine Nachfrage hin, inwiefern der Bundesrat eine solche Erlaubnis erteilen könne, verwies Kunfermann auf die Genehmigung durch Zwangsmassnahmengerichte (ZMG). Kunfermann erwähnte hingegen nicht, dass ein ZMG heute mangels Rechtsgrundlage eine solcher Genehmigung eigentlich gar nicht erteilen kann … insofern bin ich neugierig zu sehen, wie ernst der Bundesrat in seiner angekündigten Botschaft zur BÜPF-Revision das strafrechtliche Legalitätsprinzip nehmen wird, und ob trotz fehlender Rechtsgrundlage von ZMG weitere Bundestrojaner-Einsätze genehmigt wurden.
Nebenbei: Ende 2011 warnte die Bundespolizei selbst vor einem Trojaner – allerdings aus naheliegenden Gründen nicht vor selbst verwendeter Schadsoftware, sondern vor einem kriminell genutzten Trojaner, der vorgab, vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zu stammen.
Bild: Parlamentsdienste der Schweizerischen Bundesversammlung.