Anwaltskollege Gian-Reto Schulthess schreibt in seinem Business of Law-Weblog nicht nur über Entwicklungen im globalen Rechtsmarkt, sondern gestaltet die Zukunft der Rechtsberatung selbst mit. Ein Beispiel dafür ist sein aktueller Versuch mit dem Rechtsberatungszentrum Zürich (RebaZ), das Rechtsberatung ohne Voranmeldung vor Ort in Zürich («Walk-in-Rechtsberatung») und per Video-Chat via Facebook, Skype und so weiter anbietet. Beide Formen der Rechtsberatung dürften schweizerische Premieren darstellen und ich freue mich, am Versuch mitwirken zu können.
Angebot zwischen unentgeltlichen Beratungsstellen und aufwendigem Gang zum Rechtsanwalt
Aus meiner Sicht bedient RebaZ ein wichtiges Bedürfnis für rechtliche Beratung und Orientierung. Rechtssuchende können während der Öffnungszeiten jederzeit vorbeischauen oder anrufen, so dass sie schnell, unkompliziert und zu überschaubaren Kosten die notwendige rechtliche Unterstützung erhalten:
In einer Erstberatung, die maximal eine Stunde dauert und maximal 90 Franken kostet, können einfache Rechtsfragen sofort beantwortet werden. Bei anderen Rechtsfragen kann ein zweckmässiges Vorgehen empfohlen werden, beispielsweise durch die Empfehlung eines geeigneten Rechtsanwaltes im betreffenden Fachgebiet, den Verweis auf eine spezialisierte Beratungsstelle oder den Vorschlag eines anderen geeigneten Vorgehens.
RebaZ füllt damit eine Lücke zwischen unentgeltlichen Beratungsstellen mit ihren beschränkten Möglichkeiten und dem direkten, aber allenfalls teuren Gang zu einem Rechtsanwalt.
Rechtsschutzversicherungen bieten teilweise vergleichbare Dienstleistungen an, werden von Rechtssuchenden aber vielfach nicht als unabhängig empfunden oder verärgern mit der fehlenden freien Anwaltswahl. Die Zeitschrift «Beobachter» pflegt ein ähnliches Beratungsangebot, beschränkt dieses aber auf Beratung per E-Mail und Telefon.
Positive Rückmeldungen von Rechtssuchenden
Bislang sind die Rückmeldungen auf das Angebot von RebaZ sehr positiv. Das Bedürfnis für eine Rechtsberatung dieser Art ist offensichtlich vorhanden und die Kundenzufriedenheit entsprechend hoch.
Diese Feststellungen entsprechen auch meiner eigenen Erfahrung, denn für Rechtssuchende in der Schweiz besteht die grösste Herausforderung häufig darin, überhaupt eine für sie und ihr Anliegen geeignete Form der Rechtsberatung finden zu können:
Der Markt für Rechtsberatung in der Schweiz ist intransparent und so besteht eine erste grosse Hürde für Rechtssuchende üblicherweise darin, überhaupt ein Beratungsangebot zu finden, dass ihren fachlichen und finanziellen Bedürfnissen und Möglichkeiten entspricht. Auch als Rechtsanwalt bin ich froh, Rechtssuchende, deren Anliegen nicht zu meinem Profil passen, an RebaZ verweisen zu können.
Ich werde den RebaZ-Versuch weiterhin mit Interesse begleiten. Die «Walk-in-Rechtsberatung» wird am aktuellen Standort an der Neugasse 41 in Zürich (Nähe Limmatplatz) noch bis Anfang April 2012 angeboten.
Bild: RebaZ GmbH, mit freundlicher Genehmigung.
Das wäre auch für Deutschland wünschenswert. Das Rechtssystem wird (wie das Steuersystem) als hermetischer Komplex betrachtet, dem man am besten wo weit wie möglich aus dem Weg geht. Wenn deshalb und wegen unüberschaubarer Kosten Hemmungen entstehen, überhaupt mal eine Erstberatung in Anspruch zu nehmen, profitieren davon garantiert die falschen.