«Monster» für Sterbehelfer keine Ehrverletzung (II)

Wie viel Meinungsfreiheit ist erlaubt? Im November 2011 hatte das Zürcher Obergericht entschieden, die mediale Bezeichnung «Monster» für einen Sterbehelfer stelle keine Ehrverletzung dar.

Anwaltskollege Konrad Jeker weist darauf hin, dass nun das Schweizerische Bundesgericht – auf Beschwerde von Ludwig A. Minelli, Gründer der Sterbehilfeorganisation «Dignitas» – ebenfalls zu diesem Ergebnis gelangt ist (mit Hervorhebung durch den Autor):

«Die Vorinstanz führt aus, die Kolumne sei eine ironische Antwort auf einen Artikel […] über den Beschwerdeführer und Dignitas, in welcher die Beschwerdegegnerin dessen provokative Art aufgenommen und persifliert habe. […] Für den Durchschnittsleser sei klar ersichtlich, dass es im Kerngehalt des Artikels nicht darum gehe, dem Beschwerdeführer anlasten zu wollen, er töte höchstpersönlich andere Menschen, sondern es handle sich um eine Überzeichnung und Kritik der Art und Weise, wie Dignitas und damit der Beschwerdeführer als deren Vertreter Sterbehilfe und -tourismus betreibe. Insbesondere kritisiert werde die Art der Sterbebegleitung, welche in der Vergangenheit unter anderem auch in Hotelzimmern und auf Parkplätzen stattgefunden habe. Diese Kritik sei Sinn und Zweck der Kolumne. Die fragliche Passage im Artikel enthalte keine ehrverletzenden Äusserungen […].

Diese Beurteilung verletzt kein Bundesrecht. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig: Sein Hauptargument, Leute abmurksen sei unehrenhaft, geht an der Sache vorbei, weil er das Wort ‹abmurksen› aus dem Zusammenhang herausreisst. […] Stellt man das Wort ‹abmurksen› in den Zusammenhang, entfällt das Tatbestandsmerkmal ‹wider besseren Wissens› der Verleumdung (Art. 174 Ziff. 1 StGB). […]

Der Beschwerdeführer bezeichnet den Hinweis der Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin habe ihn in seiner beruflichen Tätigkeit angeprangert, als entbehrlich, weil dies allenfalls bei der Beurteilung einer üblen Nachrede ins Gewicht fallen könne, nicht aber bei der Anklage auf Verleumdung. Der Vorwurf ist verfehlt, zumal der Beschwerdeführer selbst beantragt hatte, die Beschwerdegegnerin sei eventualiter wegen übler Nachrede zu verurteilen […].»

(Bundesgerichtsurteil 6B_163/2012 vom 27. Juli 2012)

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