Spam: Einmaliger Coop-Newsletter vs. Lauterkeitsrecht

Wer beim grossen Detailhändler Coop online einkaufen möchte, wird unter coop@home fündig – und muss damit rechnen, unerwünschte E-Mail-Massenwerbung von Coop zu erhalten (via Neue Zürcher Zeitung, NZZ):

Die Nutzung von coop@home setzt eine Registrierung als Benutzer voraus. Dabei muss ausgewählt werden, ob man den «Supermarkt-Newsletter» und den «Wein-Newsletter» erhalten möchte oder nicht:

Screenshot: coop@home-Website mit Opt-in- und Opt-Out-Möglichkeit für «Supermarkt»- und «Wein»-Newsletter

Unabhängig davon versendet Coop einen als «Coop Info-Mail» bezeichneten und nach eigenen Angaben «einmaligen» Newsletter mindestens einmal pro Jahr an alle coop@home-Benutzer – ohne Einwilligung sowie ohne problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit:

Screenshot: «Einmaliger» coop@home-Newsletter mit fehlender Ablehnungsmöglichkeit

Coop handelt damit mutmasslich nicht im Einklang mit dem schweizerischen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das seit dem 1. April 2007 ein Verbot von Spam enthält und ausnahmsweise erlaubte E-Mail-Massenwerbung an verschiedene Bedingungen knüpft (Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG):

«Unlauter handelt insbesondere, wer […] Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen; wer beim Verkauf von Waren, Werken oder Leistungen Kontaktinformationen von Kunden erhält und dabei auf die Ablehnungsmöglichkeit hinweist, handelt nicht unlauter, wenn er diesen Kunden ohne deren Einwilligung Massenwerbung für eigene ähnliche Waren, Werke oder Leistungen sendet.»

Lauterkeitsrechtliche Irrtümer von Coop

Gemäss Stellungnahme gegenüber der NZZ kennt Coop die lauterkeitsrechtliche Bestimmung bezüglich Massenwerbung, argumentiert aber, ein «Info-Mail» einmal pro Jahr sei kein «Newsletter im eigentlichen Sinne» und falle deshalb nicht unter das Spam-Verbot. Ausserdem sei Massenwerbung bei einer bestehenden Kundenbeziehung mit hinterlegter E-Mail-Adresse als «direkter Zusammenhang mit angefordertem Inhalt» erlaubt.

Diese Argumentation von Coop wirkt schlaumeierisch, denn sie beinhaltet mehrere Irrtümer:

  • Spam-Verbot: Massenwerbung per E-Mail ist in der Schweiz gemäss UWG verboten, sofern insbesondere keine vorgängige Einwilligung des Empfängers eingeholt wurde («Opt-in»). Ist eine solche Einwilligung erfolgt, muss bei jedem E-Mail-Versand eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit vorhanden sein. Das UWG kennt keine Ausnahme für «einmalige» Massenwerbung oder Massenwerbung, die höchstens einmal pro Jahr versendet wird. Beim «einmaligen» Newsletter von Coop fehlen deshalb sowohl die notwendige vorgängige Einwilligung als auch die problemlose und einfache Ablehnungsmöglichkeit – für Letzteres empfiehlt sich ein Weblink in jeder Newsletter-E-Mail, der eine direkte Abmeldung mit einem einzigen Mausklick oder «Tap» ermöglicht.
  • «Direkter inhaltlicher Zusammenhang»: Massenwerbung ist in einem direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt erlaubt, doch sind auch dabei bei E-Mail sowohl eine vorgängige Einwilligung als auch eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit notwendig. Ausserdem bezieht sich der erwähnte direkte Zusammenhang auf den angeforderten Inhalt – beispielsweise einen angeforderten journalistischen E-Mail-Newsletter, dessen Inhalt mit Werbung versehen ist –, und nicht auf eine bestehende Kundenbeziehung. Beim «einmaligen» Newsletter von Coop handelt es sich schlicht um Massenwerbung ohne vorgängige Einwilligung und ohne Ablehnungsmöglichkeit.
  • Kundenbeziehung: Massenwerbung ist bei einer bestehenden Kundenbeziehung als Ausnahme im UWG tatsächlich ohne «Opt-in» erlaubt und vermutlich bezieht sich Coop mit dem Hinweis auf den direkten Zusammenhang eigentlich darauf. Allerdings lässt das UWG diese Ausnahme nur zu, wenn beim Hinterlegen einer E-Mail-Adresse beim Vertragsschluss – das heisst vor dem Versand der Massenwerbung –, ein Hinweis auf eine Ablehnungsmöglichkeit («Opt-out») vorhanden ist. Bei coop@home ist «Opt-out» aber nur für den «Supermarkt-Newsletter» und den «Wein-Newsletter», nicht aber für die «einmalige» «Info-Mail» vorgesehen. Ausserdem fehlt die auch in diesem Ausnahmefall notwendige problemlose und einfache Ablehnungsmöglichkeit.

Fazit: Newsletter-Schlaumeiereien von Coop

Im Ergebnis ist die Argumentation von Coop lauterkeitsrechtlich nicht überzeugend, das heisst Coop verhält sich mutmasslich unlauter.

Gemäss Stellungnahme gegenüber der NZZ bleibt leider unklar, ob Coop gewillt ist, auf diese schlaumeierische Argumentation zu verzichten und die «einmaligen» Newsletter für coop@home-Benutzer in Zukunft im Einklang mit dem UWG zu versenden:

«Wir werden die diesbezügliche Kundeninformation auf alle Fälle noch verbessern und die Info-Mails entsprechend textlich anpassen. Wir möchten uns diese Kommunikationsmöglichkeit auch für die Zukunft offen halten, und wir wollen das selbstverständlich in korrekter und für den Empfänger klarer Form tun.»

Anpassungen der Kundeninformationen genügen nicht. Coop muss auf den Versand von «einmaliger» Massenwerbung verzichten, sofern die lauterkeitsrechtlichen Bedingungen dafür nicht eingehalten werden – dazu zählen immer «Opt-in» (ausnahmsweise vorgängig «Opt-out») und eine problemlose sowie kostenlose Ablehnungsmöglichkeit.

Schlaumeiereien, wie sie Coop gegenüber der NZZ vorgebracht hat, erlaubt das Lauterkeitsrecht nicht.

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