Für die aktuelle Ausgabe 2012/06 von «Plädoyer», dem «Magazin für Recht und Politik», habe ich erneut schweizerische iPad-Apps für Juristen rezensiert. Nachfolgend mein um Bilder und Weblinks ergänzter Artikel im Volltext, im «Plädoyer» wurde eine redaktionell bearbeitete Version veröffentlicht.
Nützliche, aber eher teure juristische iPad-Apps
Juristische Tablet-Apps mit Fokus auf die Schweiz sind selten. Nachfolgend zwei iPad-Apps, die sich ausdrücklich an Schweizer Juristen richten:
LEXspider
LEXspider von Eurospider ermöglicht den Zugriff auf die Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR), die Rechtsprechung des Bundesgerichts und das Bundesblatt. Nach dem Download ist der Zugriff offline möglich. Die App wird im Freemium-Geschäftsmodell angeboten: SR und BGE mit vierteljährlicher Aktualisierung sind kostenlos, kostenpflichtig sind weitere Bundesgerichtsurteile ab 2000 (7 Franken pro Monat), das Bundesblatt (4 Franken pro Monat) sowie wöchentliche SR- und BGE-Aktualisierungen (6 beziehungsweise 8 Franken pro Monat).
Struktur und Darstellung entsprechen den offiziellen Sammlungen. Vollständige Retina-Unterstützung fehlt, aber die Lesbarkeit der Texte, die markiert und kopiert werden können, ist gut. Die Textdarstellung lässt sich nicht anpassen. Die App ermöglicht eine beschränkte Suche nach Abkürzungen und Referenzen sowie Überschriften, Marginalien, Regesten und Urteilsköpfen. Bei häufig vorkommenden Begriffen sind die Suchergebnisse unübersichtlich. Bekannte Fundstellen im Format «OR 404» oder «BGE 138 IV 13» lassen sich aber schnell aufrufen. BGE sind innerhalb der App verlinkt, Erlasse hingegen nicht.
Stärke von LEXspider ist das effiziente Aufrufen von bekannten Fundstellen auch ohne Internet-Verbindung. Bei vorhandener Internet-Verbindung fehlt ein signifikanter Mehrwert gegenüber den offiziellen Sammlungen. Auf Letztere müssen auch sehbehinderte Juristen mangels Barrierefreiheit der App ausweichen.
«Steuerrecht 2012»
«Steuerrecht 2012» von Schulthess Juristische Medien ist die digitale Ausgabe der gleichnamigen Erlasssammlung [Hinweis: Weblink entfernt, da leider nicht mehr gültig]. Der Verlag sieht darin einen Prototyp zu Testzwecken mit Fokus auf die Käufer der gedruckten Ausgabe für empfohlene 110 Franken. Sie erhalten die digitale Ausgabe kostenlos, einzeln kostet sie ebenfalls 110 Franken.
Der Status als Prototyp ist unübersehbar: Die gedruckte Ausgabe wird nach dem Download integral und ohne Verlinkung wiedergegeben. Die Erlasse werden durch ein eigenes Inhaltsverzeichnis – teilweise mit falschen Seitenzahlen – sowie eine schnelle Volltextsuche erschlossen. Die Lesbarkeit der Erlasse ist unterschiedlich: Bei SR-Erlassen mehrheitlich gut, im Anhang bei Kreisschreiben teilweise unbefriedigend. Nützlich ist die Darstellung im Querformat, die dem gedruckten Layout entspricht. Erlasstexte lassen sich nicht markieren und kopieren.
Für Käufer der gedruckten Ausgabe von «Steuerrecht 2012» ist die App eine kostenlose und nützliche Ergänzung. Der Kauf der App allein hingegen lohnt sich – in der heutigen Form als Prototyp – nicht. Für künftige digitale Ausgaben der Erlasssammlung besteht noch viel Entwicklungspotenzial.
Bin ich der einzige, dem bei LEXspider im iOS-App Store auffällt, dass die meisten Fünf-Stern-Bewertungen vermutlich Fakes sind?
@Beni:
Nein, siehe https://www.facebook.com/martinsteiger/posts/173928292751493 – aber da sich der Verdacht nicht beweisen lässt, habe ich auf eine Erwähnung verzichtet.