YouTube, Urheberrecht und Johann Sebastian Bach

Wer bei YouTube ein Video mit Musik hochlädt, muss jederzeit mit absurden urheberrechtlichen Ansprüchen im Rahmen des Digital Millennium Copyright Act (DMCA) rechnen.

Eine solche Copyright Infringement Notification kann dazu führen, dass ein YouTube-Video online nicht mehr verfügbar ist oder das dazugehörige Google-Benutzerkonto gesperrt wird. Kürzlich wurde auch die Aufzeichnung einer musikalischen TEDxZurich 2012-Darbietung fälschlicherweise als Urheberrechtsverletzung kategorisiert:

Anlässlich der TEDxZurich 2012-Konferenz trat unter anderem Stephen Malinowski mit seiner «Music Animation Machine» auf. Etienne Abelin (Violine) und Dorothy Yeung (Piano) spielten live auf der Bühne die Violinsonate in A-Dur von Johann Sebastian Bach (BWV 1015), die gleichzeitig für das Publikum visualisiert wurde.

Kurze Zeit nach dem Hochladen der Aufzeichnung des Auftritts wurde von The Harry Fox Agency, Inc. (HFA) ein urheberrechtlicher Anspruch für Bachs Violinsonate in c-moll (BWV 1001) angemeldet:

Screenshot: YouTube Copyright Infringement Notice für «Music Animation Machine» von Stephen Malinowski

Dieser urheberrechtliche Anspruch beziehungsweise der damit verbundene Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung ist aus mehreren Gründen haltlos:

  • Johann Sebastian Bach starb gemäss deutschsprachiger Wikipedia am 28. Juli 1750, das heisst seine Kompositionen sind längst nicht mehr urheberrechtlich geschützt;
  • Etienne Abelin und Dorothy Yeung spielten live auf der Bühne, das heisst es wurde auch nicht eine allenfalls urheberechtlich geschützte Aufnahme der Violinsonate abgespielt;
  • Die Copyright Infringement Notice bezieht sich mit Violinsonate in c-moll auf die falsche Komposition, das heisst eine andere Komposition als tatsächlich gespielt wurde – übrigens auch erkennbar an der unterschiedlichen Besetzung (Solo-Violine und Zweierbesetzung mit Violine und Piano).

Immerhin in diesem Fall wurde die Aufzeichnung durch YouTube nicht gelöscht, sondern YouTube behält sich lediglich vor, das Video mit Werbung zu versehen, wobei die entsprechenden Einnahmen wohl teilweise an HFA fliessen würden.

Der gemeinnützige Verein TEDxZurich als Veranstalter der TEDxZurich-Konferenz legte Ende November 2012 Widerspruch gegen die Copyright Infringement Notification ein, bislang noch ohne Ergebnis …


Nachtrag vom 27. März 2019: Ein aktueller Blick auf das Video bei YouTube zeigt, dass tatsächlich Werbung eingeblendet wird. Momentan zeigt YouTube einen Werbespot von mehreren Minuten Dauer.

Screenshot: Werbung als Copyfraud vor einem TEDxZurich-Video bei YouTube

2 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Steiger,

    Herzlichen Dank für diesen interessanten Artikel.

    Ein mal mehr wurde auch in einem Youtube-Video der Urheberrechtsverletzung angezeigt, notabene für ein Musikstück von Bach, das auch von Youtube selbst zur freien Benutzung zur Verfügung gestellt wird. Ich habe in meinem Video:

    https://www.youtube.com/watch?v=MaDmeOQuNqo

    eine Musikversion hinterlegt, die von Kevin MacLeod eingespielt wurde und die wie folgt lizenziert ist:

    «Toccata and Fugue in D Minor» Kevin MacLeod ( incompetech.com )
    Licensed under Creative Commons : By Attribution 3.0
    http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/

    Nachdem dieses Musikstück vor Tagen von einer gewissen AdShare MG for a Third Party angezeigt wurde, wird sie nun auch noch von The Harry Fox Agency, Inc. (HFA) angezeigt. Die erstgenannte Firma hat auf meine Einsprache hin ihre Anzeige zurückgezogen. Natürlich habe ich umgehend eine weitere Einsprache gegen die erneute Anzeige eingereicht.

    Wie kann es sein, dass etwelche Firmen, sehr wahrscheinlich sogar in Kooperation mit Google und Youtube, Ansprüche auf Musik stellen, auf dessen sie kein Recht haben. Ich denke, dass es hier nur darum geht, einem zu zwingen Werbung Videos zu schalten, um so viel Geld zu «verdienen».

    Freundliche Grüsse

    Hans-Peter Zürcher

  2. Heute wollte Warner Chappell mein Video zensieren und Urheberrechte geltend machen in dem die Melodie von ich steh an deiner Krippe hier auf einem Chalumeau gespielt wird und danach eine Orgelversion folgt. (Beide von mir eingespielt) Na ja Bach ist halt erst 270 Jahre tot :)

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