Zitatrecht und andere Irrtümer im Urheberrecht

Foto: Person zeigt Max Frisch-Zitat «Ich fragte ihn, ob er Kommunist sei» aus Homo faber

Im Urheberrecht gibt es nicht nur Copyfraud und andere Sünden, sondern auch viele rechtliche Irrtümer. Aktuelle Beispiele dafür finden sich in einem SOMEXCLOUD-Artikel über «Content und Copyright in Social Media» – einerseits zum Zitieren von fremden Inhalten (mit Hervorhebung durch den Autor) …

Zitieren nur mit «Wieder­verwendungs­erlaubnis»?

«Wer von euch hat schon einmal Ausschnitte […] eines fremden Blogartikels auf dem eigenen Blog verwendet? Zwar mit Quellenangabe, aber ohne beim Autoren um Erlaubnis zu bitten? Ich habe den Eindruck, dass dies unter Bloggern ziemlich üblich ist. Man verweist gegenseitig auf die Artikel des anderen und gibt dabei auch immer brav die Quelle bzw. den Link zum Ursprungsartikel an. Dieses Vorgehen entspringt ja meist einem guten Willen. Man schätzt, was ein anderer geschrieben hat, und möchte dies teilen. Ist das rechtlich überhaupt erlaubt? Weit gefehlt. Bildzitate gibt es im Schweizerischen Recht schon gar nicht. Und auch Textzitate sind nur in sehr beschränktem Rahmen erlaubt. Von Gesetzes wegen müsste für jeden wiederverwendeten Satz (selbst mit Quellenangabe) eine Wiederverwendungserlaubnis eingeholt werden.»

Das Urheberrecht in der Schweiz sieht Zitate ausdrücklich vor (Art. 25 URG). Für das Zitieren – beispielsweise durch Blogger aus anderen Weblogs – ist weder eine «Wiederverwendungserlaubnis» noch eine sonstige Genehmigung notwendig.

Urheberrechtlich geschützte Inhalte beziehungsweise Werke dürfen in der Schweiz frei zitiert werden um eigene Aussagen zu erläutern, zu veranschaulichen oder mit Hinweisen zu versehen. Zitate sind nach herrschender Lehre für alle Kategorien von Werken möglich, das heisst nach herrschender Lehre können auch Bildzitate verwendet werden und das Zitatrecht beschränkt sich nicht ausschliesslich auf Texte.

Rechtskonformes Zitieren setzt voraus, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen denn eigenen Inhalten und den verwendeten Zitaten besteht. Der Zitatumfang bemisst sich nach dem Zitatzweck und muss den eigenen Inhalten immer untergeordnet bleiben. Zitate müssen als solche erkennbar sein und sowohl die Urheberschaft als auch die Quelle müssen jeweils genannt werden. Urheberrechtlich gesehen nicht notwendig ist hingegen eine Verlinkung von Urheberschaft und Quelle, doch ist eine solche Verlinkung bei digitalen Inhalten benutzerfreundlich, denn sie ermöglicht einen einfachen und schnellen Quellenzugriff.

Nachfragen bei Creative Commons-Lizenzen?

… und andererseits zur Verwendung von Creative Commons-Lizenzen:

«[…] Grundsätzlich gilt: Vor der Verwendung fremder Inhalte holt man am besten die Erlaubnis des Berechtigten ein. So ist man auf der sicheren Seite. Dabei kann es sich um eine Einzelperson oder eine Vielzahl von Nutzern (siehe z.B. Creative Commons) handeln.»

Bei fremden Inhalten, die unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht wurden, ist für die Nutzung im Rahmen der jeweils verwendeten Creative Commons-Lizenz keine zusätzliche Genehmigung notwendig, solange sich die Nutzung im Rahmen der jeweils verwendeten Creative Commons-Lizenz bewegt.

Alle Creative Commons-Lizenzen sehen eine Namensnennung beziehungsweise eine Urhebernennung vor. Im Übrigen verlangen sie je nach Ausgestaltung eine Weitergabe unter gleichen Bedingungen, verbieten eine kommerzielle Nutzung und/oder untersagen eine Bearbeitung. Ausserdem besteht die Möglichkeit für weitere Bedingungen, was leider zu «Abmahnfallen» bei Wikimedia Commons und anderswo führen kann.

Creative Commons-Lizenzen können dabei auch von Einzelpersonen verwendet werden und setzen keine «Vielzahl von Nutzern» voraus. Das Zitatrecht in der Schweiz besteht unabhängig von Creative Commons-Lizenzen oder sonstigen Lizenzbestimmungen.

Whitepaper «Bildverwendung im Internet»

Das Whitepaper «Bildverwendung im Internet» (PDF) von Blogwerk befasst sich unter anderem lesenswert mit Bildzitaten und Creative Commons-Lizenzen. Das Whitepaper kann auch direkt bei Blogwerk kostenlos per E-Mail bezogen werden.

Bild: Flickr/Wolfgang Wildner, CC BY-ND 2.0 (generisch)-Lizenz.

42 Kommentare

  1. Kurz zusammengefasst: Wenn ich auf meiner Webseite die CC Lizenz Namensnennung – Nicht Kommerziell – Keine Bearbeitung 3.0 Schweiz (CC BY-NC-ND 3.0 CH) angegeben habe können Webseiten und Firmen mich trotzdem ohne nachzufragen für kommerzielle Zwecke zitieren? Solche Webseiten müssten also im Zitatrecht lediglich das BY (Namensnennung) und ND (Keine Bearbeitung) einhalten, richtig?

    1. @derElch:

      Das urheberrechtliche Zitatrecht in der Schweiz besteht völlig unabhängig von Lizenzbedingungen wie beispielsweise Creative Commons-Lizenzen. Bei zitierten Inhalten, die unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht wurden, spielen die entsprechenden Rahmenbedingungen deshalb keine Rolle.

      Zitatrecht und Creative Commons-Lizenz verbinden in der Schweiz in jedem Fall einzig die Pflicht zur Namens- beziehungsweise Urheber- und Quellennennung. Zitate dürfen aber aus Sicht des Urheberrechts auch kommerziell verwendet werden und auch Veränderungen wie beispielsewise (gekennzeichnete!) Kürzungen sind bei Zitaten möglich.

  2. ich möchte für ein musiktheatralisches werk einen text aus einem alten magazin (ca. 10jährig) verwenden. diese rechte wurden mir bisher verweigert. der text umfasst dialog und erzählung. ca. 8 A4 seiten. für mein werk verwende ich verstreute dialoge und abschnitte ohne zusammenhang (ca. 2 A4 seiten.) mein werk hat einen zeitlichen umfang von ca. 70min. die darin erscheinenden textpassagen ca. 6min.
    darf ich diese abschnitte und dialoge als zitate verwenden?
    mfg.
    hr. käser

    1. @Herr Käser:

      Leider lässt sich eine solche Frage in Kommentarform nicht seriös beantworten. Bei Interesse können Sie mich aber gerne zur Abklärung des Sachverhaltes und zur Beantwortung Ihrer Frage mandatieren.

  3. Guten Tag Herr Steiger

    Ich möchte aus einer Webseite Zitate mit Namensnennung verwenden für einen Adventskalender auf meiner Webseite, mit der Thematik rund ums Aufräumen. In den AGB ist definiert, dass diese verwendet werden dürfen, wenn der Autor mehr als 70 Jahre verstorben ist. Leider steht das nicht überall dabei, sondern teilweise heisst es Kalenderspruch oder Unbekannt.

    Nun habe ich direkt angefragt und die Info erhalten, dass das Urheberrecht in der Schweiz (gegenüber Deutschland) ja anders sei. Und jeden Autor einzeln anzufragen ist dann doch etwas aufwändig.

    Danke für einen kurze Hinweis, ob es da – unabhängig von den AGB eine schweizweit gültige Regelung gibt.

    Aufgeräumte Grüsse
    Mylène Alt

  4. Guten Tag Herr Steiger

    wie verhält sich das, wenn jemand ein vermeintliches, nie gemachtes und schon gar nicht eingewilligtes Zitat von mir veröffentlicht in einem Printmedium?

    Besten Dank für einen Hinweis wo zu suchen ist.

    1. Nachtrag:

      «Michael Birrer sagt, dass…. folgeText»

      Ich dies jedoch weder sagte, schrieb noch wusste dass dies veröffentlicht wird`?!

  5. Guten Tag Herr Steiger
    Hab ich das richtig verstanden: wenn ich ein Bild aus dem Netz für meine Seite verwende, muss ich lediglich den Namen des Urhebers nennen? Ich kann dies ohne Nachfrage und ohne Zitierregel tun…

    Freundliche Grüsse
    Gerhard

  6. Wenn ich als Kalligraf Zitate für meine Schriftbilder verwende, mache ich mich dann einer Urheberverletzung schuldig? Darf ich somit nur Zitate verwenden, die älter als 70 Jahre sind? Danke für ihre Antwort.

      1. Dann darf ich also Antoine de Saint-Exupérys Zitate für Trauerkarten verwenden und diese verkaufen? Er starb 1944. Oder kann AdSE die Urheberrechte vererben, und seine Nachkommen könnten dann in Form einer Stiftung oder so Lizenzen vergeben?
        Herzlichen Dank für Ihre Einschätzung,
        Silvia Derungs

  7. ProLitteris berechnet Kosten für die Verwendung von urheberrechtlich durch sie verwaltete Bilder – auch wenn diese Bilder in einem wissenschaftlichen Zitat-Zusammenhang verwendet werden (PrLitteris erlässt für wissenschaftliche Publikationen lediglich einen Rabatt). Ist dies rechtlich haltbar? Herzlichen Dank für Ihre Antwort.

      1. Ja, im Zusammenhang eines Aufsatzes für einen wissenschaftlichen Sammelband wurden von uns (einem jungen Team von Nachwuchsforschern) die Rechte für Abbildung von Skizzen Le Corbusiers abgeklärt. ProLitteris verlangt dafür Gebühren, auch wenn ein klarer Zitatzusammenhang besteht. Die Begründung per E-Mail: «Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es in der Schweiz kein Bildzitat gibt. (Das Zitatrecht erstreckt sich nicht auf Bilder)».
        Herzlichen Dank für Ihre Einschätzung!

  8. Wir machen einen Dokumentarfilm fürs Kino und wollen von alten SRF Sendung Ausschnitte bringen.
    Dürfen wir das Videomaterial z.b. von youtube runterladen und dann in unserem film einbinden??
    vorausgesetzt wir nennen die Quelle und das der ausschnitt in Zusammenhang mit unserer Dok ist.

    VIELEN DANK für ihre Hilfe !

  9. Guten Tag Herr Steiger,

    seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, ob ich für unser Architekturbüro ein Buch über die zahlreichen Projekte der vergangenen Jahre erstellen und veröffentlichen darf. Es handelt sich dabei um Projekt- und Ausführungspläne wie Grundrisse, Perspektiven und Ansichten, welche ich per CAD gezeichnet haben.

    Seitens der Bauherrschaften haben wir jedoch immer wieder Änderungswünsche und Ideen per Skizzen und Schriftformen erhalten, welche wir in die Projekte einfliessen liessen. Nun ist mir nich ganz klar, ob der Urheberschutz unserer Plandokumente nun zum Teil auch beim Bauherrn oder doch zu 100 Prozent bei uns liegt?!

    Auf eine Antwort würde ich mich besonders freuen.

  10. Guten Tag Herr Steiger
    Darf ich zum Beispiel für T-Shirt Designs Sprüche von Youtube-Videos verwenden? Diese Stammen nicht von einem offiziellen Film. Es geht hier um z.B. lustige Sprüche die in einer Talkshow gemacht wurden und unter den Jugendlichen weit verbreitet ist.

  11. Eine Onlinezeitung verwendet ohne meine Einwilligung (und auch ohne Anfrage obwohl dies möglich gewesen wäre) ein Video von mir und verdreht dazu die Aussage. Obendrauf verlinken sie noch im gleichen Artikel Twitter-Posts einer linksextremen Diffamierungsplattform. Korrekt zitiert wurde nicht. Vor dem Video kommt eine Werbung und ebenfalls auf der Seite hat es mehrere Werbebanner.
    Was kann, soll ich tun?

  12. Für mein Buch (Roman) würde ich gerne zur Einleitung ein Zitat von Kurt Marti verwenden («Wo kämen wir hin….»), natürlich unter Angabe des Verfassers.

    Ist dies rechtlich unbedenklich? Mein Self-Publisher hatte mich aufgefordert dies zu prüfen bevor ich veröffentliche.

    Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine kurze Antwort.

  13. Guten Tag Herr Steiger

    Ich bin Werbetexterin und würde gerne für die Inserate-Kampagne eines Kunden Auszüge aus englischen Songtexten in Originalsprache verwenden – unter Angabe der Urheberschaft. Ist das rechtlich zulässig?

    1. @Sarah:

      Unverbindlich: Die Zulässigkeit setzt einen legitimen Zitatzweck voraus, das heisst, das Songtext-Zitat dient der Erläuterung, Veranschaulichung oder als Hinweis in Bezug auf den Inhalt der Werbung. Bei Songtexten in einer Werbung ist das in der Regel leider nicht der Fall.

  14. Guten Tag Herr Steiger,
    ich bin Malerin und würde gerne Texte von einem schweizer Schriftsteller teilweise in meine Bilder einfügen. (das würde ca. 1/8 vom Bild einnehmen) Ich würde Namen und Quelle angeben. Darf ich das, ohne den Schriftsteller zu fragen?
    Freundliche Grüsse von Stefanie Anrig

  15. Guten Tag,
    Ich würde gerne Anfragen, wie die rechtliche Situation ausschaut für die Verwendung von Film/TV-Serienausschnitten in einem Schweizer Podcast. Ebenso, wäre es möglich ein Zitat eines Sportlers hin und wieder in eine Podcast-Episode einzustreuen, mit Material von SRF oder von einem anderen Schweizer TV-Sender?

      1. Wir betreiben einen Fussballpodcast namens Yynedruggt und wollen da zukünftig hin und wieder einfach Zitate von Spielern bringen oder auch mal was aus der Popkultur (aus TV-Serien oder Filmen). Ist dies also unproblematisch möglich?

        1. @Dominik:

          Mit «unproblematisch» lässt sich eine solche Frage leider nie beantworten … Zitate von Spielern sollten möglich sein, während das Risiko bei Film- oder Musikzitaten grösser ist – in erster Linie das Risiko, dass je nach Plattform – zu Unrecht – eine Urheberrechtsverletzung erkannt wird.

          1. Okay. Muss ein Spielerzitat dann effektiv als Zitat behandelt werden, oder dürfte dies auch in einem witzigen Kontext gebracht werden? Sprich, wir sprechen über ein Spiel gegen GC und würden dann das berühmte Cabanas-Zitat «Räääkoooordmeischter» kurz einspielen – wäre das rechtlich okay? :)

  16. Danke für die Erläuterungen!

    Ich würde gerne altes Videomaterial vom Internet benutzen und etwas künstlerisch bearbeiten und es in echt ausstellen. Darf ich das, wenn ich die Quellen natürliche zitiere?

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