Urheberrecht: Schweizerisch-amerikanischer Runder Tisch

Bild: Auskunftsschreiben des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO, erste Seite)
Hinweis: Ende Januar/Anfang Februar 2014 hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) einen ersten Bericht zum Runden Tisch Schweiz/USA veröffentlicht.

Die Schweiz sieht sich im Zusammenhang mit ihrem Urheberrecht immer wieder amerikanischer Kritik ausgesetzt, insbesondere durch die International Intellectual Property Alliance (IIPA) als private Lobbyorganisation der amerikanischen Unterhaltungsindustrie. Hoffnungen setzt die IIPA vor allem auf einen Runden Tisch, wo unter Führung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) seit Anfang 2012 vertrauliche schweizerisch-amerikanische Gespräche zur Verfolgung von mutmasslichen Urheberrechtsverletzungen im Internet stattfinden.

Bislang waren nur fragmentarische Informationen über diesen Runden Tisch (Roundtable) an die Öffentlichkeit gelangt. Im Namen der Digitalen Allmend ersuchte ich deshalb das SECO mit Verweis auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) um Einsicht in alle Einladungen, Protokolle und Spesenabrechnungen – jeweils einschliesslich sämtlicher Beilagen und der Liste der entsprechenden Personen. Das SECO kam diesem Gesuch nicht vollumfänglich nach, stellte aber immerhin allgemeine Informationen, Traktandenlisten und die Namen der vertretenen Behörden und Organisationen zur Verfügung (PDF). Ich habe die SECO-Auskunft teilweise mit weiterführenden Weblinks ergänzt.

Allgemeine Informationen zum Runden Tisch

«Mit seinem Urteil vom 8. September 2010 hat das Bundesgericht entschieden, dass die Firma Logistep, die gewerbsmässig IP-Adressen mutmasslicher Urheberrechtsverletzer gesammelt und an die Rechteinhaber verkauft hatte, mit ihrem Vorgehen gegen das Datenschutzgesetz verstossen hat.

Dieser Bundesgerichtsentscheid hatte zur Folge, dass Urheberrechtsverletzungen im Internet in der Schweiz faktisch nicht mehr verfolgbar sind. Die Staatsanwaltschaften sistierten in der Folge sämtliche Strafanzeigen, taxierten IP-Adressen als nicht zulässiges Beweismittel und beriefen sich dabei auf den genannten Bundesgerichtsentscheid.

Vor diesem Hintergrund haben die USA die Schweiz ersucht, Massnahmen zu ergreifen, damit Urheberrechtsverletzungen im Internet wieder verfolgbar werden. Unabhängig vom Entscheid des Bundesgerichts im Fall Logistep sollte dies sowieso nach geltendem Schweizer Recht möglich sein. Mit dieser Absicht wurde im Rahmen des Kooperationsforums der Schweiz und der USA für Handel und Investitionen ein Runder Tisch ins Leben gerufen. Dieser soll Empfehlungen erarbeiten, um der aktuellen Situation zu begegnen sowie die Anwendung des Schweizer Rechts sicherzustellen.

Der Runde Tisch wird durch das SECO präsidiert. Das SECO ist verantwortlich für die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik und bringt die Vertreter interessierter Parteien zusammen. Wenn die Arbeit des Runden Tisches abgeschlossen ist, werden auch die Resultate seiner Arbeit öffentlich kommuniziert werden. Die im Rahmen des Runden Tisches stattfindenden Gespräche fallen in einen Bereich, der für die Schweiz auf internationaler Ebene sehr sensibel ist. Zudem geht es in diesen Sitzungen speziell auch um vertrauliche Fragen, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit Untersuchungsmethoden von Ermittlungsbehörden.

Infolgedessen beurteilt es das SECO als nicht angebracht, die Protokolle dieser Treffen öffentlich zugänglich zu machen. Dies basierend auf Art. 7 Abs. 1 lit. d [BGÖ], der besagt, dass der Zugang zu amtlichen Dokumenten verweigert wird, wenn durch die Verbreitung von Informationen die aussenpolitischen Interessen oder die internationalen Beziehungen der Schweiz beeinträchtigt werden können. Weiter könnte durch eine Zugangsgewährung die freie Meinungs- und Willensbildung verschiedener Behörden sowie die zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen wesentlich beeinträchtigt werden (vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. a und b BGÖ).

Schliesslich verweisen wir auf Art. 8 Abs. 2 BGÖ, wonach amtliche Dokumente erst zugänglich gemacht werden dürfen, wenn der politische oder administrative Entscheid, für den sie die Grundlage darstellen, getroffen ist. Da die Teilnehmerlisten der Sitzungen Personendaten enthalten, können diese gemäss Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 BGÖ nicht herausgegeben werden, denn andernfalls könnte dies zu einer Beeinträchtigung der Privatsphäre Dritter führen.

Wir können Ihnen hingegen die Traktandenlisten der Sitzungen sowie die Namen der vertretenen Bundesämter und Organisationen zukommen lassen.

Schliesslich können wir Ihnen mitteilen, dass die Teilnehmer am Runden Tisch vom SECO keine Spesenentschädigung erhalten. […]»

Traktandenlisten

1. Sitzung Roundtable – Mittwoch, 14. März 2012

«1. Kurze allgemeine Einführung und Ziele des Runden Tischs
2. Anliegen der Urheberrechtsbesitzer
3. Erörterung der Problematik aus juristischer, datenschutzrechtlicher und urheberrechtlicher Sicht
4. Vorschläge zu Lösungsansätzen
5. Schlussfolgerungen / nächste Schritte»

2. Sitzung Roundtable – Mittwoch, 3. Oktober 2012

«I. 1: Begrüssung
I. 2: Kurze Vorstellungsrunde
II. 1: Kurze allgemeine Einführung in das Thema
II. 2: Entwicklungen seit der ersten Sitzung des Roundtable → Berichte aus den Expertengruppen
III. 1: Mögliche ergänzende Massnahmen
III. 2: Diskussion
IV. 1: Zusammenfassung der Diskussion / offene Fragen IV.
IV. 2: Weiteres Vorgehen»

1. Sitzung Arbeitsgruppe Roundtable – Mittwoch, 14. November 2012

«1) Prüfung der Frage, ob das BÜPF oder FMG durch Einfügen eines zusätzlichen Paragraphen geändert werden soll
2) Variante eines ‹Musterprozesses› mit Schweizer Künstlern
3) Vorschläge für ergänzende Massnahmen»

2. Sitzung Arbeitsgruppe Roundtable – Montag, 28. Januar 2013

«1) Update Stand der Dinge: Änderung Geschäftsmodell Rapidshare
2) Strafanzeige der Rechteinhaber
3) Vorstellen der Arbeit der KOBIK, besonderes Augenmerk auf IP-Sperren
4) Weiteres Vorgehen»

3. Sitzung Arbeitsgruppe Roundtable – Montag, 25. März 2013

«1) Neuste Entwicklungen sowie Berichterstattung in der Presse
2) Potential bei den Internet Service Providern in der Schweiz bezüglich Bekämpfung der Internet-Piraterie (Verletzungen von Urheberrechten verursacht durch Uploads von in der Schweizer domizilierten Internet Usern)
3) Strafverfahren: systematische Analyse der verschiedenen Schritte für verschiedene Akteure (Host Provider; Access Provider; Werbeagenturen, die auf Piratenseiten Werbung schalten)
4) Weitere Fragen»

Behörden und Organisationen am Runden Tisch

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