Internet-Piraterie: Kritik der USA, aber keine schwarze Liste

Bild: Siegel des Handelsvertreters der Vereinigten Staaten von Amerika

Der Handelsvertreter der Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlicht alljährlich seinen «Special 301 Report» über Schutz und Durchsetzung von Immaterialgüterrechten bei amerikanischen Handelspartnern. Im diesjährigen Bericht (PDF) findet die Schweiz und ihr Umgang mitun so genannter Internet-Piraterie wie schon im Vorjahr kritische Erwähnung (mit Hervorhebungen durch den Autor):

«To encourage effective action against piracy over the Internet, the United States will seek to work with the following trading partners to strengthen legal regimes and enhance enforcement: Argentina, Belarus, Brazil, Chile, China, Colombia, India, Indonesia, Italy, Mexico, Philippines, Romania, Russia, Spain, Switzerland, Taiwan, Thailand, Turkey, Ukraine, Venezuela, and Vietnam. In particular, the United States will encourage trading partners to implement the WIPO Internet Treaties, which will provide, among other things, protection against the circumvention of technological protection measures.»

Die Schweiz wird aber entgegen den Forderungen der International Intellectual Property Alliance (IIPA), einer privaten Lobbyorganisation der amerikanischen Unterhaltungsindustrie, auf keiner Beobachtungsliste («schwarzen Liste») geführt – anders als beispielsweise Finnland, Israel oder Kanada. Gleichzeitig wird der Schweiz aber ein eigener kurzer Abschnitt im Kapitel zu so genannter Piraterie im Internet und im digitalen Umfeld gewidmet:

«The United States continues to have serious concerns regarding the inability of rights holders to secure legal redress in Switzerland in cases involving copyright piracy over the Internet. The United States strongly encourages Switzerland to demonstrate its commitment to copyright protection and to combating online piracy vigorously, including by taking steps to ensure that rights holders can protect their rights. The United States will be closely monitoring the results of the current AGUR12 (‹Arbeitsgruppe Urheberrecht 2012,› or ‹Working Group on Copyright 2012›) process as well as the Swiss Ministry of Economy (SECO)-led roundtable process.»

Erwähnung finden insbesondere die Arbeitsgruppe «zur Optimierung der kollektiven Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten« (AGUR12) und der Runde Tisch zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet. An diesem Runden Tisch, der weitgehend im Geheimen stattfindet, sind die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) über ihre schweizerische Botschaft sowie die amerikanische Unterhaltungsindustrie über die Schweizerische Vereinigung zur Bekämpfung der Piraterie (SAFE) direkt beteiligt.

Politisch üben die USA und ihre Unterhaltungsindustrie damit weiterhin Druck auf die Schweiz aus und finden damit auch Unterstützung im Inland. Die Wirkung dieses Drucks auf andere Länder ist sehr unterschiedlich: Einige Länder bemühen sich, den unilateralen Wunschzettel der USA zu erfüllen, während andere den «Special 301 Report» ignorieren und sich ihre urheberrechtliche Gesetzgebung nicht von den USA diktieren lassen. Ich hoffe, auch der Schweiz gelingt es, in Bezug auf ihr bewährtes Urheberrecht ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Im Bezug auf Filesharing beispielsweise sieht der Schweizerische Bundesrat keinen Handlungsbedarf.

(Vielen Dank an Anwaltskollege Stephan Jau für seinen Hinweis auf den diesjährigen «Special 301 Report».)

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