Passagierflüge: Mehr Rechtssicherheit für Privatpiloten?

Foto: Cessna 172 HB-CQF

Privatpiloten, das heisst Inhaber einer Privatpilotenlizenz (PPL), waren nach Schweizer Luftrecht befugt, beliebige Personen («nicht bestimmter Kreis von Personen») gegen Entgelt zu befördern, sofern dieses Entgelt nicht mehr «die Kosten für Luftfahrzeugmiete, Treibstoff sowie Flugplatz- und Flugsicherungsgebühren» decken sollte (Art. 100 Abs. 1 LFV). Solche Passagierflüge galten als nicht gewerbsmässig beziehungsweise nicht gewerblich.

Privatpiloten hatten die Möglichkeit, einen Zustupf an die hohen Kosten für das Fliegen zu erhalten, ohne dass eine Berufspilotenlizenz (CPL) notwendig war. Fluggruppen konnten mit nicht gewerbsmässigen Rundflügen einen Beitrag an die hohen Kosten ihrer Flugzeug-Flotte erwirtschaften. Dadurch wurden zusätzliche Flugstunden geflogen und die Flugsicherheit durch einen verbesserten Trainingsstand der Piloten erhöht.

Rechtsunsicherheit für Schweizer Privatpiloten

Mittlerweile gilt diesbezüglich europäisches Luftrecht, das die Schweiz im Rahmen der Bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union (EU) integral übernommen hat. Gemäss der einschlägigen Verordnung (EG) 216/2008 (PDF) ist eine «gewerbliche Tätigkeit» insbesondere beim «Betrieb eines Luftfahrzeugs gegen Entgelt oder sonstige geldwerte Gegenleistungen, der der Öffentlichkeit zur Verfügung steht,» gegeben.

In Deutschland und anderen europäischen Staaten wurde «Entgelt» als «jedes Entgelt» verstanden, so dass Privatpiloten keinerlei Flüge gegen Entgelt mehr anbieten durften. In der Schweiz hingegen interpretierte das zuständige Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) «Entgelt» im Sinn der bisherigen schweizerischen Bestimmungen, das heisst als jenes Entgelt, dass «die Kosten für Luftfahrzeugmiete, Treibstoff sowie Flugplatz- und Flugsicherungsgebühren» übersteigt (PDF). Aufgrund dieser unterschiedlichen Interpretationen herrscht erhebliche Rechtsunsicherheit unter Privatpiloten.

Rechtssicherheit durch europäische «Klarstellung»?

Rechtssicherheit verspricht nun eine «Klarstellung» durch die Europäische Kommission, die – gemäss einem Schreiben des deutschen Bundesverkehrsministeriums (PDF) – kürzlich bei der auf europäischer Ebene zuständigen Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) präsentiert wurde. Demnach soll das europäische Luftrecht voraussichtlich Anfang 2014 dahingehend angepasst werden, dass Privatpiloten wieder in allen europäischen Ländern Personen gegen Entgelt befördern dürfen.

Aus deutscher Sicht sind solche «Gastflüge» beziehungsweise «Selbstkostenflüge» ab sofort wieder zulässig, sofern die Flugkosten anteilig durch alle Personen an Bord – auch den Piloten – getragen werden. Solche Flüge gelten in Deutschland als nicht gewerbsmässig, wobei die Begriffe «Flugkosten», «Selbstkosten» und «anteilsmässig» bislang nicht definiert wurden.

Fazit: Unklare Aussichten für Schweizer Privatpiloten

Ohne Definition von «Flugkosten» und den anderen Begriffen bleiben die Auswirkungen der oben erwähnten «Klarstellung» auf die Schweiz unklar. Schweizerische Privatpiloten beteiligten sich bei Flügen gegen Entgelt schon immer an den Flugkosten, denn sie mussten die festen Kosten tragen und durften die variablen Kosten nur in Bezug auf «Luftfahrzeugmiete, Treibstoff sowie Flugplatz- und Flugsicherungsgebühren» ihren nicht gewerbsmässigen Passagieren verrechnen. Je nach Definition könnten sich für Privatpiloten in der Schweiz Vorteile oder Nachteile durch die neue Rechtslage ergeben.

Im Ergebnis bleibt vorläufig abzuwarten, ob und wie sich das BAZL zur oben erwähnten «Klarstellung» äussern wird und wie die Anpassungen im europäischen Luftrecht tatsächlich ausgestaltet werden. Im Bezug auf die Flugsicherheit wäre wünschenswert, dass Privatpiloten zugunsten ihres Trainingsstandes ihre gesamten Selbstkosten für das Fliegen mit nicht gewerbsmässigen Passagieren teilen könnten.

(Via Schweizer Fliegerforum und Anwaltskollege Philip Bärtschi.)

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