Ein biografischer Film über Jimi Hendrix, den besten Gitarristen aller Zeiten, ohne Lieder von Jimi Hendrix?
Regisseur John Ridley musste das «Biopic» Jimi – All Is By My Side über Jimi Hendrix vollständig ohne Lieder von Jimi Hendrix drehen, da dessen Erben in Form der Experience Hendrix LLC die dafür notwendigen Rechte nicht eingeräumt hätten. Gemäss Janie Hendrix, der Adoptivschwester von Jimi Hendrix, würden die notwendigen Rechte nur bei einer vollständigen Beteiligung an einem solchen Film eingeräumt:
«Experience Hendrix, LLC, the family-owned company entrusted with safeguarding the legacy of Jimi Hendrix and administrator of the Jimi Hendrix music and publishing catalog, has made it known many times in the past that no such film, were it to include original music or copyrights created by Jimi Hendrix, can be undertaken without its full participation.»
Der Film verwendet stattdessen neue Versionen von Liedern anderer Musiker, die 1966 und 1967 von Jimi Hendrix in Coverversionen gesungen wurden. Im Film werden die neuen Versionen von Hendrix-Darsteller André 3000 gesungen, nachdem die Lizenzen dafür offensichtlich erhältlich waren. Bei Kritikern fand der Film unter anderem wegen der fehlenden Jimi Hendrix-Musik keinen Anklang:
«Ultimately, ‹Jimi: All Is by My Side› is so strange and so cursed by circumstance – an art film about a famous musician, without any of his famous performances in it – that it’s destined to go down in history as a footnote to the more normal Hendrix film somebody else will make someday. […]»
Biografische Filme über berühmte Musiker ohne deren Musik sind nicht ungewöhnlich. Es gibt beispielsweise verschiedene Filme über die Beatles, Elvis Presley oder die Rolling Stones, die ohne deren Musik auskommen mussten. Da das Urheberrecht erblich ist – in der Schweiz gemäss Art. 16 Abs. 1 URG –, können die Erben von Musikern ohne weiteres eine Verwendung der betreffenden Musik in biografischen Filmen verhindern. Sie verhindern damit aber auch, dass Musikgeschichte unabhängig geschrieben werden kann.
Bild: Woodstock Wiki, Public Domain.
Klarer Fall von Einschränkung der Freiheit der Wissenschaft, der Meinungsäusserung und der Information mittels Urheberrecht.
Was mich irritiert: Warum werden die Interessen dieser absurden Erben schwerer gewichtet als die Menschenrechte?
Frage an den Juristen:
In der Schweiz gibt es ein Zitatrecht als Ausnahme vom Urheberrechtsschutz, sofern das Zitat im Kontext der Argumentation in einer wissenschaftlichen Arbeit (z.B. einer Biographie) steht. Der Umfang von Zitaten ist nicht gesetzlich beschränkt. Und in der Schweiz sind Zitate nicht gesetzlich auf reine Textzitate beschränkt. Es sind auch Bildzitate und Filmzitate denkbar.
Wäre es also in der Schweiz möglich, den Jimi Hendrix Film auch gegen den Willen der Erben mit Originalmaterial zu drehen, zu zeigen und ins Internet zu stellen, ohne das Urheberrecht zu verletzen?
International ist das natürlich komplizierter. Und wenn man für andere Teile die Kooperation der Erben braucht, vielleicht praktisch nicht realisierbar.