Urteil: «Kristallnacht-Tweet» war Rassendiskriminierung

Foto: Justitia-Skulptur an einem Gerichtsgebäude in Dublin, Irland
Bild: Flickr / Marco Verch, «The Criminal Courts of Justice (Gerichtsgebäude Dublin»), CC BY 2.0 (generisch)-Lizenz.

Am 23. Juni 2012 um 20:56 Uhr veröffentlichte ein Twitter-Nutzer in der Schweiz folgenden rassistischen Tweet:

«Vielleicht brauchen wir wieder eine Kristallnacht … diesmal für Moscheen»

Gemäss dem Schweizerischen Bundesgericht erfüllte dieser Tweet den folgenden Straftatbestand der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB:

«[W]er öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert […], wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Mit seinem Urteil 6B_627/2015 vom 4. November 2015 setzt das Bundesgericht ein deutliches Zeichen gegen Rassismus auf Social Media-Plattformen.

Das Obergericht des Kantons Zürich als Vorinstanz hatte den betreffenden Twitter-Nutzer A. zu einer bedingten Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu CHF 120.00 sowie zu einer Busse von CHF 1’800.00 verurteilt. Ausserdem muss der nun rechtskräftig verurteilte A. erhebliche Anwalts- und Verfahrenskosten bei verschiedenen Instanzen tragen sowie zwei Privatklägern eine Entschädigung von über 18’000 Franken bezahlen (Urteil SB140436 vom 27. April 2015).

Bundesgericht: Hassrede, keine Meinungsfreiheit

Das Bundesgericht musste über eine dagegen gerichtete Beschwerde entscheiden. Die Argumente von A. konnten das Bundesgericht in keinerlei Hinsicht überzeugen. So hatte A. unter anderem argumentiert, der Tweet sei aus dem Zusammenhang gerissen worden und er habe vor einer «Kristallnacht gegen Moscheen» aufgrund politischer Untätigkeit in Bezug auf islamistischen Extremismus warnen wollen – auch mit dem angeblich veröffentlichten Zusatz «… damit die Regierung endlich aufwacht».

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schrieb in diesem Zusammenhang:

«Der Twitterer spreche damit den Muslimen die Existenzberechtigung an sich ab, indem er die Frage stelle, ob es in Analogie zu den zutiefst unmenschlichen Ereignissen von 1938 eine systematische Vertreibung und Ermordung von Muslimen ‹brauche›. Für solche Überlegungen bestehe kein Raum. Der Tweet falle in die Kategorie der Hassrede und sei durch die Freiheit der Meinungsäusserung nicht geschützt.»

Anwaltskollege Konrad Jeker bezeichnet den Tweet als «abgrundtief ignorant», hält ihn rechtspolitisch gesehen aber nicht für strafwürdig. Fraglich ist demnach auch, ob der Tweet tatsächlich unter den Straftatbestand von Art. 261bis Abs. 4 StGB fällt, wie das Bundesgericht nun entschieden hat.

In einer Stellungnahme bezeichnete A. das Urteil als «schockierend» und als «eindeutig politisches Urteil» sowie als «weiteres krasses Fehlurteil des Bundesgerichts». Der A. unterstellte insbesondere einem der beteiligten Bundesrichter ein Rachemotiv und bezeichnet ihn als «charakterlich ungeeignet» für das Richteramt.

Offen ist noch, ob A. als relative Person der Zeitgeschichte gilt. Eine relative Person der Zeitgeschichte muss sich im Vergleich zu Normalbürgern eher Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte gefallen lassen, so zum Beispiel in der Medienberichterstattung über Gerichtsurteile.

Ein Kommentar

  1. Selbstverständlich ist der Tweet objektiv betrachtet keine Rassendiskriminierung. Er war weder eine Hassrede noch hat er eine Person oder eine Gruppe von Personen herabgesetzt oder diskriminiert. Somit kann er gar keine Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis StGB sein. Das Urteil ist ein Beispiel dafür wie weltfremd, unlogisch und politisch gewisse Schweizer Juristen denken.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.