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Social Media: Was ist strafbar und wie man sich wehren?

Hinweis: Nachfolgendes Interview erschien in leicht veränderter Form ursprünglich unter dem Titel «Spätestens nach 14 Tagen wird die nächste Sau durchs Dorf gejagt» im Tages-Anzeiger vom 12./13. Oktober 2016.

Herr Steiger, wenn ich in den sozialen Medien von einer Einzelperson angegriffen werde, wie kann ich mich wehren?

Sie können die betreffenden Beiträge an die jeweilige Plattform-Betreiberin melden, zum Beispiel an Facebook oder an Twitter. Die Plattform-Betreiberinnen reagieren dann allenfalls. So wurde vor einiger Zeit das Facebook-Konto von Nationalrat Andreas Glarner gesperrt. Facebook reagierte vermutlich auf Meldungen anderer Nutzer.

Und aus rechtlicher Sicht?

Opfer können einerseits einen Strafantrag stellen, insbesondere wegen Ehrverletzungen wie übler Nachrede oder Beschimpfung. Andererseits können Opfer vor einem Zivilgericht Klage wegen Persönlichkeitsverletzung erheben.

Worin liegt der Unterschied zwischen zivil- und strafrechtlich?

Ein zivilrechtliches Vorgehen hat den Vorteil, dass alle Beteiligten, die an einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung mitwirken, belangt werden können, also auch Plattform-Betreiber. Der Gerichtsstand liegt auch bei ausländischen Social Media-Plattformen grundsätzlich in der Schweiz.

Wie kann sich jemand gegen einen sogenannten Shitstorm wehren?

Bei einem Shitstorm sollte man in erster Linie mit passender Kommunikation reagieren. Dazu können auch gezielte und schnelle rechtliche Schritte zählen, zum Beispiel mit superprovisorischen Massnahmen. Man kann einer Social Media-Plattform beispielsweise durch ein Gericht vorsorglich verbieten, einen mutmasslich rechtsverletzenden Inhalt weiterhin zu veröffentlichen.

Welche Massnahmen – kommunikativ und rechtlich – sinnvoll sind, muss im Einzelfall beurteilt werden. Immerhin hat sich gezeigt, dass in den meisten Fällen nach spätestens 10 bis 14 Tagen die nächste Sau sprichwörtlich durchs Dorf gejagt wird … was allerdings nicht an negativen Folgen wie beispielsweise familiären Problemen oder einer Kündigung am Arbeitsplatz ändert.

Was für Schritte sind nach einem Shitstorm möglich?

Man kann versuchen, gegen einzelne Beteiligte vorzugehen, deren Verhalten besonders verwerflich war – auch zur Abschreckung von Nachahmungstätern und für die Zukunft. «Otto Normalbürger» können sich den notwendigen Aufwand emotional, finanziell und zeitlich leider häufig nicht leisten. Viele Rechtsschutzversicherungen bieten in solchen Fällen keine oder nur eine ungenügende Deckung.

Wechseln wir die Perspektive. Mache ich mich strafbar, wenn ich problematische Inhalte teile?

Das kann durchaus sein. Beinhaltet der Post eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung, kann man zivilrechtlich genauso belangt werden wie derjenige, der den Post ursprünglich verfasst hat.

Und strafrechtlich?

Dort können Sie wegen Gehilfenschaft verurteilt werden. Die Hürden liegen aber höher als im Zivilrecht. Beim Adolf Hitler-Retweet erfolgte in erster Instanz eine zivilrechtliche Verurteilung wegen Persönlichkeitsverletzung, aber ein strafrechtlicher Freispruch bezüglich Ehrverletzung.

Aber was ist, wenn mein fraglicher Post nur von meinen Facebook-Freunden gesehen werden kann?

Man kann im Zweifelsfall davon ausgehen, dass Posts auf Facebook als öffentlich gelten. Selbst bei einem sehr kleinen Kreis von Facebook-Freunden. Es wäre ein Irrtum zu glauben, man könne sich zur Verteidigung ohne weiteres darauf berufen, ein Post sei nicht öffentlich gewesen.

Das Internet vergisst nicht, heisst es im Volksmund. Was halten Sie von dieser Aussage?

Suchmaschinen finden tatsächlich viele Informationen über Personen, die im Zeitablauf nicht mehr von überwiegendem öffentlichen Interesse sind oder es vielleicht auch gar nie waren. Allenfalls können sich die betroffenen Personen auf das «Recht auf Vergessen» berufen, sofern sie Informationen, die das Internet nicht «vergessen» hat, löschen lassen möchten. Häufig genügt es schon, wenn die entsprechenden Suchergebnisse nicht mehr angezeigt werden, ohne dass die eigentlichen Inhalte gelöscht werden.

Bild: Flickr / Thomas Bresson, «Thunderstorm», CC BY 2.0 (generisch)-Lizenz.

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