Bilder in den Medien: Legal oder illegal?

Foto: Rechtsanwalt Martin Steiger über «Bilder in den Medien: Legal oder illegal?» am Medien-Barcamp 2017Am 4. Februar 2017 fand in Zürich in lockerer Atmosphäre das erste Medien-Barcamp in der Schweiz statt. Veranstalter waren das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) sowie die Journalistenschule MAZ.

Ein Barcamp ist eine Veranstaltung, deren Ablauf und Inhalte erst vor Ort von den Teilnehmern bestimmt werden.

Mein Vorschlag für eine Session unter dem Titel «Bilder in den Medien: Legal oder illegal?» fand Anklang.

In der Folge vermittelte ich mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis einem engagierten und interessierten Publikum die Grundlagen von Persönlichkeitsschutz und Urheberrecht.

In Erinnerung geblieben sind mir unter anderem folgende Punkte:

  • «Andere Länder, andere Sitten»: In Frankreich darf man nächtliche Bilder vom Eiffelturm nicht verwerten, weil die Beleuchtung urheberrechtlich geschützt ist und die Schranke der Panoramafreiheit nicht greift. Auch der Hafenkran in Zürich fiel nicht unter die Panoramafreiheit, da das Werk nicht bleibend war (Art. 27 Abs. 1 URG e contrario).
  • Urheber können nur Menschen als «natürliche Personen» sein (Art. 6 URG) – ein Affe ist kein Mensch und deshalb nicht Selfie-Urheber.
  • Abmahnungen aus Deutschland sollten Empfänger in der Schweiz nicht ohne weiteres entsorgen – je nach Angelegenheit kann deutsches Recht anwendbar sein, auch bei «Food Porn». Rechtskräftige deutsche Urteile können in der Schweiz rechtshilfeweise vollstreckt werden.

Bild: Eiffelturm in verschiedenen Bauphasen

  • Ein fehlendes ©-Zeichen bedeutet nicht, dass ein Bild keinen urheberrechtlichen Schutz geniesst. Als Faustregel muss man davon ausgehen, dass Bilder urheberrechtlich geschützt sind, sofern nichts dagegen spricht – zum Beispiel das Eiffelturm-Baujahr von spätestens 1889 (Art. 29 Abs. 1 lit. b URG).
  • Bilder und andere Inhalte, die urheberrechtlich geschützt sind, dürfen online grundsätzlich eingebunden, nicht aber kopiert werden – zum Beispiel bei Twitter. Es ändert nichts an einem allfälligen urheberrechtlichen Schutz, wenn man Bilder abfotografiert oder einen Screenshot erstellt.
  • Die Anonymisierung von Personenbildern ist häufig ungenügend. Die schwarzen Balken, wie sie im «Blick» bevorzugt verwendet werden, sind keine Anonymisierung, sondern ein Stilmittel.
  • Beim «Recht am eigenen Bild» gibt es keine definierte Anzahl von sieben Personen (oder überhaupt eine definierte Anzahl), ab denen die identifizierbaren Personen als Beiwerk gelten. Ob das «Recht am eigenen Bild» durch Fotos von Gruppen oder Menschenmengen verletzt wird, muss in jedem Einzelfall beurteilt werden. (Dito gibt es keine definierten Grenzen für die zitatweise Verwendung von Bildern, Musikstücken oder Texten.

Foto: Avocado, die bei Migros fälschlicherweise als Broccoli bezeichnet wird

  • Fotografieren an privaten Örtlichkeiten wie beispielsweise Einkaufsläden oder Restaurants kann unerwünscht sein, so unter anderem bei Migros. Manchmal enthält die Hausordnung ein Fotografierverbot, in jedem Fall berechtigt das Hausrecht zu entsprechenden Weisungen.
  • Bei Kinderbildern – auch von Agenturen und aus Stockfoto-Archiven – ist besondere Vorsicht geboten, insbesondere bei einer Verwendung in einem negativen Kontext. Bei Bildern von Kindern mit dunkler Hautfarbe und in fernen Ländern fehlt es häufig an dieser Vorsicht.
  • Im Medienalltag ist häufig nicht das überwiegende öffentliche Interesse (Art. 28 Abs. 2 ZGB) der Massstab, sondern Journalisten stellen auf die «überwiegende öffentliche Neugierde» ab.
  • Journalistische Inhalte, die einen selbst betreffen, darf man grundsätzlich nur mit Genehmigung der jeweiligen Rechteinhaber verwenden. Freie Fotografen und Journalisten sollte man im Zweifelsfall direkt kontaktieren.
  • Harte Pornografie (Art. 197 StGB) und Gewaltdarstellungen (Art. 135 StGB) verbreiten sich häufig über WhatsApp-Gruppen. Wer keine Bestrafung zumindest wegen Besitz und Konsum riskieren möchte, sollte Distanz zu solchen Inhalten wahren.

Foto: Affen-Selfie

Das Medien-Barcamp war hervorragend organisiert und führte zu vielen neuen Erkenntnissen sowie spannenden Begegnungen. Die Teilnehmer sprachen sich am Schluss klar für eine erneute Durchführung aus.

Bei Evenito wurden zahlreiche Bilder der Veranstaltung veröffentlicht.


Nachtrag I

Inzwischen haben einige andere Teilnehmer ihre Erfahrungen am Medien-Barcamp beschrieben:


Nachtrag II

Für Tim Frei von persoenlich.com standen Post-it-Zettel statt Programmbroschüre im Vordergrund:

«Eine Business-Konferenz ohne klares Programm: Am Samstag trafen sich im Leutschenbach gegen 100 Medieninteressierte, um über Zukunftstrends zu debattieren. Das Experiment, die Referentenliste spontan vor Ort zu erstellen, ist geglückt.»

Bild: Evenito / Sandra Blaser (mit freundlicher Genehmigung).

2 Kommentare

  1. Lieber Martin

    Leiber konnte ich deiner Session nicht beiwohnen…. da ich gleichzeitig was über #oneshot Videos lernen wollte.

    Dein Beitrag hier hat mir aber geholfen einen Überblick zu finden, was du in Deiner Session behandelt hast. Sehr interessant.

    Ich habe mich daran gewöhnt mit Bildern immer unten aufzuführen:

    Beschrieb des Bildes – meine Worte | Urheber: Sandra Blaser Photography | Name der Plattform wie Fotolia #x23786

    Dies ist dann auch noch in die Metatags eingebaut, sodass auch die Leute von Getty Images, z.B. sehen können das alles mit rechten Dingen zu und her geht.

    Meine Erfahrung ist, dass es ist immer mühsam ist erklären zu müssen das man im Recht ist. Denn ich habe festgestellt, oft wurde das Copyright Problem von einem Crawler entdeckt. Dies löste dann ein Standardbrief aus, welcher meine Antwort nötig macht.

    Dann stellt sich dann meistens herraus, dass nach angucken des möglichen Copyright Infringement die Agentur feststellt, alles okay.

    Ich hoffe das dank der Beschriftung, Alternativtext , usw. die Crawlers von Anfang «sehen» das alles korrekt verläuft. Oft klappt dies, zum Glück.

    Grüessli
    Urs

    PS. Danke auch für Deinen Link zu meinem Eintrag über das Medien Barcamp.

  2. Hallo.
    Finde es hat fast etwas trend- und modehysterisch viele Nennungen zu Sexualität, Erotik und co. Das ist m.e. etwas unkritisch und beliebig bzw. austauschbar.
    Thema an sich sehr intereßant. Danke

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