Teure Biografien: WHO’S WHO-Abmahnungen aus Deutschland

Bild: Lebenslauf, symbolisiert durch menschliche Silhouetten in verschiedenen Lebensabschnitten

Wer biografische Angaben zu einer bekannten Person sucht, wird bisweilen auf der deutschen WHO’S WHO-Website unter dem Domainnamen whoswho.de fündig. Mit viel Fleiss haben Christian Kaiser und sein Team inzwischen über 45’000 Biografien gesammelt.

Wer solche Biografien ganz oder teilweise selbst veröffentlicht, zum Beispiel auf einem Flyer oder auf seiner eigenen Website, muss mit kostenpflichtigen Abmahnungen der Anwaltskanzlei Prinz Neidhardt Engelschall in Hamburg rechnen. Solche Abmahnungen aus Deutschland gelangen inzwischen auch in die Schweiz.

In den Abmahnungen werden die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadenersatz gefordert. Bei einem behaupteten Gegenstandswert von 10’000 Euro betragen allein die geforderten Anwaltskosten knapp 900 Euro. Häufig wird ausserdem Schadenersatz von 100 Euro pro Monat der abgemahnten Textverwendung gefordert.

Die Abmahnungen erfolgen mit Verweis auf Christian Kaiser, der unter der Enseigne «rasscass Medien und Content» auftritt und sich insbesondere von Rechtsanwalt Marian Klingebiel vertreten lässt. Vielfach beinhalten die Abmahnungen von Anfang an ein Pauschalangebot zur aussergerichtlichen Streitbeilegung.

Richtige Reaktion auf deutsche Abmahnungen

Bei den abgemahnten Texten ist häufig fraglich, ob sie überhaupt urheberrechtlich geschützt sind. Nur Texte, die individuellen Charakter haben, geniessen einen urheberrechtlichen Schutz gemäss Art. 2 Abs. 1 URG (Schöpfungshöhe). Das Urheberrecht schützt geistige Schöpfungen und nicht Fleiss.

Fraglich ist auch die Behauptung der Hamburger Anwaltskanzlei, wonach deutsches Urheberrecht auf schweizerische Websites, die auf Deutsch formuliert und in Deutschland abrufbar sind, ohne weiteres anwendbar sei. Im Zweifelsfall müsste ein Gericht entscheiden. Aus diesem Grund sollte in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob, und falls ja, wie auf eine solche Abmahnung richtig reagiert wird.

Wer falsch reagiert, verschlechtert allenfalls die eigene Rechtsposition. Solche Abmahnungen lassen sich beispielsweise nicht mit einer entschuldigenden E-Mail an den Gegenanwalt erledigen. Es hilft auch nicht, den Gegenanwalt als «Abzocker» oder «Betrüger» zu beschimpfen.

Wikipedia als WHO’S WHO-Alternative

Wer auf der sicheren Seite sein möchte, schreibt Biografien selbst. Bei Wikipedia findet man normalerweise alle benötigten Angaben. Texte aus der Wikipedia können ausserdem auch direkt verwendet werden, sofern man die Creative Commons-Lizenzbedingungen einhält. Anlaufstelle ist das «Biografien»-Portal bei Wikipedia.

Wer einen WHO’S WHO-Text rechtssicher verwenden möchte, kann über die Kontaktseite ein «kostengünstiges Angebot» anfordern.

Bild: Pixabay / OpenClipart-Vectors, Public Domain-ähnlich.

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