An der Universität Basel fand letzte Woche der Law & Robots Workshop 2017 über Datenrechte und Digitalisierung im intelligenten Verkehr der Schweiz statt. Ich war eingeladen worden, ein «Plädoyer für Gemeinfreiheit im digitalen Zeitalter» zu halten.
Mein Plädoyer lässt sich wie folgt zusammenfassen:
«Daten sind nicht eigentumsfähig und grundsätzlich weder exklusiv noch rivalisierend. Aber Daten können kontrolliert werden – insbesondere durch faktische Datenherrschaft oder über rechtlich erschaffene und erzwungene Exklusivität. Letzteres ist je nach Rechtsordnung im Immaterialgüterrecht unterschiedlich ausgestaltet, aber fast jede Rechtsordnung kennt zumindest für bestimmte Daten eine künstliche Exklusivität.
Daten im Verkehr und deren Kontrolle sind keine neue Fragestellung. Solche Daten – buchstäbliche Verkehrsdaten! – gibt es schon lange als ‹Little Data›: Angaben aus dem Billettverkauf im öffentlichen Verkehr, Zahlen zum Treibstoffbezug an Tankstellen, Verkehrszählungen, … ‹Big Data› im digitalen Zeitalter bringt eine mengenmässige Ausweitung der Stichproben, hat aber häufig nur einen geringen Grenznutzen. Auch selbstfahrende Fahrzeuge werfen schon lange Fragen auf, wenn man sich daran erinnert, was ‹Automobil› eigentlich bedeutet.
Daten im Verkehr sind in erster Linie statistisch auswertbare Daten. Aber wer generiert überhaupt solche Daten und kann deshalb allenfalls beanspruchen, sie zu kontrollieren? Betreiber, Besitzer, Eigentümer, Finanzierer, Halter, Hersteller und Vermieter von Fahrzeugen? Datensammler wie beispielsweise neugierige Dritte und andere Überwacher? Private oder staatliche Akteure? Verkehrsteilnehmer, die Fahrzeuge lenken oder zumindest das Ziel vorgeben oder auch nur darin sitzen? Oder gar die Fahrzeuge selbst, zumindest ab einem gewissen Mass an künstlicher Intelligenz?
Daten im Verkehr sind öffentliche Daten, denn Verkehr in der Schweiz findet fast ausschliesslich auf Infrastruktur statt, die durch die Öffentlichkeit finanziert und unterhalten wird. Privater Verkehr ist insofern immer auch öffentlicher Verkehr, Individualverkehr findet immer auch im Kollektiv statt. Es zählt zu den Errungenschaften von modernen Gesellschaften, dass Verkehr eine gemeinschaftliche Angelegenheit ist: Brücken- und Strassenzölle von Privaten gibt es nicht mehr und andere Formen der privaten Strassenräuberei sind strafbar.
Daten im Verkehr sind – genauso wie Verkehr selbst – eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Solche Daten sind öffentlich und müssen es bleiben – sie fördern das Gemeinwohl und sind Teil der Public Domain. In einer modernen Gesellschaft ist es Aufgabe des Rechtsstaats, die Herrenlosigkeit, Offenheit und Zugänglichkeit von Daten in der Public Domain zu gewährleisten und zu verteidigen.»
Mit Dominik Herrmann (Universität Hamburg) hat ein weiterer Referent seine Präsentation online veröffentlicht: «Datensammler ‹Smart Car›: Was ist technisch alles möglich?».
Bild: Wikimedia Commons / Johann Rudolf Koller, «Gotthardpost», Public Domain.