10’500 Euro Bussgeld für deutschen Influencer: Was gilt in der Schweiz?

Bild: Illustration für Social Media (Facebook, YouTube)In Deutschland können Instagrammer, YouTuber und andere Influencer bestraft werden, wenn sie Werbung nicht kennzeichnen. Der deutsche YouTuber «flyinguwe» muss ein Bussgeld von 10’500 Euro bezahlen, weil er Videos nicht als Dauerwerbesendung gekennzeichnet hat.

Auf Twitter wurde ich gefragt, ob solche Bussen auch in der Schweiz drohen. Müssen schweizerische Social Media-Stars Werbung überhaupt offenlegen?

Theorie: Influencer müssen Werbung kennzeichnen …

Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Theoretisch drohen Influencern, die Werbung nicht kennzeichnen, auch in der Schweiz rechtliche Folgen. Aus der Generalklausel gemäss Art. 2 UWG lässt sich ableiten, dass Influencer dem Transparenzgebot unterliegen. Influencer dürfen ihr Publikum nicht täuschen:

«Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.»

Das Lauterkeitsrecht schreibt vor, dass Werbung als solche ersichtlich und für das Publikum erkennbar sein muss. Das Transparenzgebot gilt auch für Influencer und andere Personen, die – meist gegen Entgelt – auf Social Media-Plattformen oder in Blogs mit positiver Berichterstattung für Dienstleistungen und Produkte oder für Unternehmen werben. Es gibt somit eine Kennzeichnungspflicht für Influencer in der Schweiz.

Grundsätze «Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation»

Auch die Grundsätze «Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation» der Schweizerischen Lauterkeitskommission enthalten entsprechende Bestimmungen (Grundsatz 3.12):

  • Werbung muss erkennbar sein und gekennzeichnet werden – unabhängig vom Werbeträger.
  • Schleichwerbung ist verboten – auch wenn dafür nicht bezahlt wird.
  • Redaktionelle Beiträge dürfen nur gesponsert werden, wenn für das Publikum erkennbar ist, für welchen Teil der Beiträge ein Sponsoring besteht und wer der Sponsor ist.
  • Product Placement ist nur zulässig, wenn die Abbildung oder Nennung von Produkten sowie Firmen- und Markenbezeichnungen gegen Entgelt oder ähnliche Gegenleistungen gegenüber dem Publikum transparent gemacht wird.

Praxis: … aber Influencer müssen keine Geldstrafen befürchten

In der Praxis müssen Influencer in der Schweiz voraussichtlich keine rechtlichen Folgen befürchten, wenn sie Werbung nicht kennzeichnen:

Die Lauterkeitskommission ist eine Institution zur Selbstkontrolle der Kommunikationsbranche in der Schweiz und hat gegenüber Influencern keine Sanktionsmöglichkeiten. Nach eigenen Angaben erhielt die Lauterkeitskommission bislang keine einzige Beschwerde.

Das Lauterkeitsrecht gilt zwar für Influencer, aber die Verletzung der Generalklausel gemäss Art. 2 UWG ist grundsätzlich nicht strafbar (Art. 23 ff. UWG e contrario). Zivilrechtliche Klagen wegen unlauterem Wettbewerb sind möglich (Art. 9 ff. UWG), aber unwahrscheinlich. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) ist nicht direkt für Social Media-Plattformen zuständig.

Glaubwürdigkeit dank transparenter Werbung

Ich gehe dennoch davon aus, dass Schleichwerbung bei Influencern und anderen Social Media-Stars auch ohne direkte rechtliche Folgen in der Schweiz immer weniger zum guten Ton gehört.

Influencer, die Werbung nicht kennzeichnen, setzen ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Influencer, die nicht glaubwürdig sind, verlieren ihre Aufträge und können sich Kleider, Make-up und Reisen nicht mehr bezahlen lassen.

Dazu passt, dass in letzter Zeit immer wieder professionelle Influencer andere Influencer darum bitten, transparent auf Werbung hinzuweisen. Solche Influencer wissen, dass Glaubwürdigkeit für ihr Geschäft un­ab­ding­bar ist. Und da sich das Publikum von gekennzeichneter Werbung nicht abschrecken lässt, ist die Transparenz für Influencer auch nicht nachteilig.

Bild: Pixabay / geralt, Public Domain-ähnlich.

8 Kommentare

  1. Gerade eben durfte ich mich mal wieder von einem deutschen Kollegen «dumm von der Seite anmachen lassen», weil ich angeblich meine Affiliate Links nicht korrekt kennzeichne.

    Kurz zur Situation:
    Gesponserte Beiträge auf meinem Blog werden als solche gekennzeichnet. Ich habe auf meiner About Me Seite einen gut sichtbaren Hinweis, dass meine Seite Affiliate Links enthält.

    Im Internet habe ich keine konkreten Angaben zur Kennzeichnung von Werbung und Affiliate Links in der Schweiz gefunden. Interessant wäre das Ganze auch im Bezug auf die Mehrsprachigkeit unseres Landes hin betrachtet.

    Gibt es hier gültige Richtlinien zum Bsp vom Seco oder im Rahmen eines Gerichtsurteils, welche zu Rate gezogen werden können?

    Ein Blogbeitrag deinerseits zum Thema wäre bestimmt für viele Hilfreich.

  2. Guten Abend, Herr Steiger
    Momentan wird das auf IG wieder heiss diskutiert. Und viele vermerken jetzt ‹Werbung durch Markennennung›. Würden Sie das auch empfehlen? Oder wir sieht die Lage momentan aus?
    Freundliche Grüsse
    D.S

  3. Guten Tag Herr Steiger
    Ich deklariere bezahlte Werbung eigentlich immer. Wie schaut es aber aus wenn ein Produkt oder eine Marke ohne Bezahlung erwähnt wird? Gemässe deutschem Urteil müssen auch diese gekennzeichnet werden. Ist das auch in der Schweiz so?
    Herzlichen Dank im Voraus für ihr Feedback.
    Patrizia

  4. Per Zufall bin ich auf ihren Bericht gestossen. Ich erhalte von deutschen Verlagen Rezensionsbücher, welche ich danach auf meinem Blog, Facebook und Instagram bespreche. Ich habe jedoch keine Vorgaben und es sind auch nicht alle Bücher gut, welches ich auch mitteile. Läuft das «Rezensionsbuch» schon als Bezahlung und muss nun alles als Werbung gekennzeichnet werden? Auch verlinke ich jeweils bei Facebook und Instagram die Verlage und Autoren… Vielen Dank für die Rückmeldung.

  5. Ich schreibe unter jede Rezension, dass ich mich beim Verlag für das Rezensionsexemplar bedanke (falls ich eines erhalten habe). Zudem kann man es ja auch als redaktioneller / journalistischer Beitrag anschauen. Vielen Dank für die Antwort.

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