So erkauft man sich Medienpräsenz als Startup-Experte

Foto: Euro-Geldschein, der zu einem Hemd gefaltet wurde

Wer in den Medien als Experte erscheint, wird normalerweise von Journalisten angefragt und für die erteilte Auskunft nicht bezahlt. Ob und in welcher Form die erteilte Auskunft überhaupt Verwendung findet, entscheidet grundsätzlich der jeweilige Journalist.

Man kann sich die Medienpräsenz als Experte aber auch erkaufen.

Kürzlich wurde mir von einer Agentur ein «Kooperationsvorschlag» unterbreitet, der in der Schweiz zu bezahlter Medienpräsenz im Zusammenhang mit Startups geführt hätte.

Die Präsenz wäre insbesondere als Beilage («Themenzeitung») einer bekannten schweizerischen Tageszeitung mit einer Auflage von knapp 50’000 Exemplaren und mehr als 100’000 Lesern, aber auch auf Social Media und auf einer «Ratgeber»-Website erfolgt. Weiter wäre Präsenz an zahlreichen Veranstaltungen der Startup-Szene in der Schweiz vorgesehen gewesen.

Viele Leserinnen und Leser erkennen eine solche «Themenzeitung» vermutlich nicht ohne weiteres als Werbebeilage, sondern nehmen einen weiteren Bund der erwähnten Tageszeitung wahr. Mein Ansprechpartner warb damit, man werde «eine extrem hohe Anzahl an Unternehmer und Startups» erreichen und eine «runde und auflagestarke Kampagne lancieren».

Mir wurden zwei Möglichkeiten für die «Kooperation» angeboten:

  • «Sponsored Article», das heisst Kauf einer halben Zeitungsseite mit einem Artikel oder Interview für CHF 6’875.00 netto («Da wir mit Organisationen […] zusammenarbeiten und in deren Kommunikationskanälen aufgenommen werden, erreichen wir eine extrem hohe Anzahl an Unternehmer und Startups. Zusammen mit der Publikation in der […] Zeitung und der Anwesenheit bei verschiedenen Startup- und KMU-Events, werden wir eine runde und auflagestarke Kampagne lancieren»).
  • «Sitz im Expertenpanel» mit Präsenz auf dem Fünftel einer Zeitungsseite für CHF 2’850.00 netto («Durch eine Platzierung innerhalb dieser Kampagne würden Sie sich in einem sehr spannenden und für Sie passenden Umfeld positionieren»). Bei einem solchen «Expertenpanel» wird man mit Foto dargestellt und beantwortet – gemeinsam mit anderen «Experten» – verschiedene Fragen zum betreffenden Thema.

Ich habe das Angebot abgelehnt.

Die erwähnte «Startup»-Kampagne ist inzwischen angelaufen. Ein Anwaltskollege, der auf Startups spezialisiert ist, erteilt Auskunft in einem Interview, das offensichtlich seine Anwaltskanzlei bezahlt hat («Gesponsert von […]»).

Bild: Pixabay / Alexas_Fotos, Public Domain-ähnlich.

2 Kommentare

  1. Publireportage 2.0? Ob das wohl mit Art. 12 lit. d BGFA konform ist?
    Wobei: Zumindest das Kriterium des «Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit» ist wohl noch eher erfüllt, als bei manchen anderen Werbemassnahmen, die Anwaltskanzleien heute so treffen.

    1. @Gwendolan:

      Ach, man hätte die Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte längst streichen müssen, das UWG genügt – als Rechtsanwälte haben wir so schon viel zu viele Nachteile gegenüber der (wachsenden) Konkurrenz, die nicht der Anwaltsregulierung untersteht.

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