Urteil: Kein Strafverfahren wegen «Davoser Schlitten» aus Osteuropa

Foto: Davoser Schlitten

Davos ist ein bekannter Wintersportort. Davoser Schlitten sind die häufigsten Schlitten in der Schweiz, stammen aber nicht notwendigerweise aus der Schweiz.

Davos Klosters Tourismus störte sich entsprechend daran, dass im Einzelhandel auch Holzschlitten mit dem «Davos»-Logo verkauft wurden, die nicht aus der Schweiz, sondern aus Osteuropa stammten. In der Folge erstattete die Tourismusorganisation Strafanzeige gegen den grossen Einzelhändler Coop wegen dem strafbaren Gebrauch einer unzutreffenden Herkunftsangabe (Art. 64 Abs. 1 lit. a MSchG).

Da weder die Staatsanwaltschaft noch Gericht im Kanton Basel-Stadt einen Grund für ein Strafverfahren sahen, gelangte Davos Klosters Tourismus mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Die Beschwerde wurde mit Urteil 6B_873/2017 vom 12. März 2018 abgewiesen.

In seiner Urteilsbegründung schloss das Bundesgericht zwar nicht aus, dass der objektive Straftatbestand erfüllt sein könnte …

«Der Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben ist unzulässig […]. Eine unmittelbare Schädigung der Beschwerdeführerin ist vorliegend allerdings nicht ersichtlich. […] Zu beurteilen ist nicht in erster Linie, ob es sich bei der Bezeichnung ‹Davoser Schlitten› um eine Gattungsbezeichnung handelt […], sondern ob die Beschriftung ‹Davos› mit entsprechendem Logo auf dem Schlitten auf die Herkunft des Schlittens hindeutet. Selbst wenn der Begriff ‹Davoser Schlitten› als Gattungsbezeichnung zu verstehen wäre, kann nicht ohne Weiteres gesagt werden, die Beschriftung ‹Davos› auf dem Schlitten wecke keine entsprechende Herkunftserwartung und werde als Hinweis auf die Gattung und nicht die Herkunft des Schlittens wahrgenommen.»

… liess die Beschwerde aber am fehlenden subjektiven Straftatbestand beziehungsweise am fehlenden Vorsatz scheitern:

«In subjektiver Hinsicht setzt Art. 64 Abs. 1 lit. a MSchG Vorsatz voraus, wobei Eventualvorsatz genügt (Art. 12 Abs. 1 StGB). Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB). Fahrlässigkeit liegt demgegenüber vor, wenn der Betroffene die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt (Art. 12 Abs. 3 StGB).

Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sogenannte innere Tatsachen und ist damit Tatfrage […]. Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG […]). Richtet sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme eines Strafverfahrens, prüft das Bundesgericht in tatsächlicher Hinsicht, ob die Vorinstanz willkürlich von einem sachverhaltsmässig klaren Fall ausging […].»

Und:

«Die Vorinstanz durfte […] ohne Willkür annehmen, der betreffende Schlitten sei […] bereits seit Jahrzehnten im Sortiment und die Personen, welche allenfalls den objektiven Straftatbestand von Art. 64 Abs. 1 lit. a MSchG erfüllt haben könnten, hätten sich nicht mit der Frage befasst, ob in der Beschriftung auf dem Schlitten ein unzulässiger Gebrauch einer Herkunftsangabe liegen könnte. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass und weshalb die entsprechenden Feststellungen willkürlich sein könnten. Sie behauptet namentlich nicht, sie habe […] vor der Strafanzeige auf die erwähnte Problematik hingewiesen oder die verantwortlichen Personen […] hätten sich aus anderen Gründen mit dieser Frage auseinandersetzen müssen und daher konkrete Überlegungen zur möglicherweise unzulässigen Herkunftsangabe auf dem Schlitten angestellt. […] [Es] ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten verneint und insofern von einer klaren Sach- und Rechtslage ausgeht. Die Beschwerdeführerin hätte daher auf dem Zivilrechtsweg vorgehen müssen.»

Das Urteil zeigt die Bedeutung von zivilrechtlichen Abmahnungen im Immaterialgüterrecht. Mit einer Abmahnung erreicht man häufig, dass sich die abgemahnte Gegenseite im Vorsatz befindet.

Mit einer Hinterlegung der Wortmarke «Davoser Schlitten» hatte bereits 2009 der damalige Direktor von Davos Kloster Tourismus keinen Erfolg (Gesuchnummer 58276/2009).

(Via Andreas Von Gunten und Schweiz am Wochenende.)

Bild: Wikimedia Commons / MarkusHogenlocher, «Davoser Schlitten», CC B-SA 3.0 (nicht portiert)-Lizenz.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.