Die Betreibung ist der erste Schritt, wenn man in der Schweiz eine Geldforderung eintreiben möchte:
Der Gläubiger gelangt mit dem Betreibungsbegehren, allenfalls auch online ausgefüllt, an das zuständige Betreibungsamt. Die Betreibung wird im Betreibungsregister eingetragen und dem Schuldner wird vom Betreibungsamt der Zahlungsbefehl zugestellt.
Die Zustellung dauert unterschiedlich lange. Die fast zwei Jahre, die in einem Fall das Betreibungsamt Bern-Mittelland benötigte, erscheint aber selbst für Berner, die als langsam bekannt sind, rekordverdächtig!
Der Zahlungsbefehl wurde am 14. Juni 2016 ausgestellt. Der erste Zustellversuch erfolgte erst am 14. März 2018, das heisst rund 21 Monate später. Danach folgte ein weiterer Zustellversuch am 12. April 2018 und am 16. April 2018 wurde die Schuldnerin schliesslich vom Betreibungsamt vorgeladen.
Hintergrund war der «Fotoklau» durch einen Verlag in Bern. Der Verlag hatte eine Fotografie urheberrechtsverletzend verwendet und wir konnten die Verlegerin schliesslich überzeugen, dass Sie dafür Schadenersatz zu Händen unserer Mandantin leisten musste. Allerdings geriet der Verlag mit seinen Zahlungen in Verzug, was Anlass zur Betreibung gab.
Immerhin: Im Ergebnis konnten wir die Geldforderung unserer Mandantin durchsetzen.
Mich würde die Höhe der Streitsumme interessieren.
Mir hat das Betreibungsamt Bern-Mittelland mal einen Zahlungsbefehl zugestellt, der vom Gläubiger 4 Monate zuvor zurückgezogen wurde. Wohlverstanden, das Betreibungsamt hat ihn vorbeigebracht, nicht etwa die Post!
Ich habe auch schlechte Erfahrungen mit dem Betreibungsamt Bern gemacht.
Pfändungsbeamte klingen mit offenen Pfändungsunterlagen unter dem Arm «versehentlich» beim Nachbarn, auf Zahlungsbefehlen werden Zustellversuche nicht protokolliert jedoch verrechnet, bei Unzustellbarkeit wird der Grund nicht dokumentiert (angekreuzt), die Schalterbeamten können die Betreibungs- und Zustellkosten nicht aufschlüsseln, bei der Zustellung von Zahlungsbefehlen und bei Pfändungungen wurde mehrmals kein Ausweis verlangt und Betreibungsbeamte gehen mit ganzen Stapeln (5-8cm, alles lose!) offener Betreibungsurkunden unter dem Arm spazieren, die eigentlich zur Abholung auf dem Amt avisiert wurden (dann müssen die dort rumtelefonieren und Duplikate erstellen). Ein Konkursverlustschein mit Vermerk «Der Konkursit ist verstorben», obschon der noch quicklebendig war, war bisher das krasseste.
Doch den Oberhammer erlebe ich erst jetzt gerade, ein Zahlungsbefehl wurde vom zustellenden Beamten als persönlich zugestellt bescheinigt, ich habe diesen jedoch nie erhalten und erst nach Ablauf der Frist für den Rechtsvorschlag davon erfahren. Das ist Urkundenfälschung im Amt (Falschbeurkundung, Art. 317 StGB).
Das Betreibungsamt Bern ist ein einziger, riesiger Saftladen, eine fähige Führungsperson müsste dort mal aufräumen. Bei 18 Millionen (2019) Gewinn pro Jahr sollte das eigentlich selbstverständlich sein.
@Patrick Hugentobler:
Falschbeurkundung wäre, wie Sie richtig erwähnen, eine Straftat. Vermute ich richtig, dass Sie Strafanzeige erhoben haben?
Strafanzeige werde ich sehr wahrscheinlich erheben, aber erst, nachdem die Beschwerde (Wiederherstellung der Frist für den Rechtsvorschlag) gegen die in der Zwischenzeit eingegangene Verfügung (Rechtsvorschlag ist verspätet erfolgt) durch ist.
Was das Strafrechtliche betrifft ist die Sache jedoch komplizierter als anfangs gedacht. Das Betreibungsamt verweist auf die Post. Gemäss Paketpost (Tracking-Nummer) wurde der ZB zugestellt, Punkt. Erschwerend kommt noch die «COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht» (Art. 7) hinzu. Zudem ist es schwer bis unmöglich, von der Post überhaupt zu erfahren, wer diesen Zahlungsbefehl wann wo und wie zugestellt hat.
Und ich weiss noch nicht mal, ob der Paketpöstler dann gem. Art. 317 StGB (Urkundenfälschung im Amt) oder Art. 251 StGB (Urkundenfälschung) gehandelt hat. Soweit ich das verstehe, ist der Unterschied die Fahrlässigkeit, die nur im Amt strafbar ist. Und Vorsatz dürfte schwer oder gar nicht nachweisbar sein. Aus meiner Sicht als «Kunde» würde ich zwar erwarten, dass ein Pöstler, der einen Zahlungsbefehl und damit eine Verfügung eines Amtes als zugestellt unterschreiben darf automatisch «im Amt» handelt. Aber was weiss ich, ich bin ein juristischer Laie. Ich werde das aber abklären, sobald die Beschwerde durch ist. Oder Sie sagen es mir, das wäre natürlich perfekt.
Beweispflichtig für die ordentliche Zustellung ist das Betreibungsamt !