DSGVO: Kommen nun massenhaft Abmahnungen aus Deutschland?

Foto: Euro-NotenIn Deutschland werden erste Abmahnungen wegen mutmasslichen Verletzungen der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bekannt. Abgemahnt werden fehlende Datenschutzerklärungen sowie die Verwendung von persistenten Cookies und Tracking ohne Einwilligung.

Solche Abmahnungen sind nicht überraschend und es gab sie auch schon vor der Geltung der DSGVO seit dem 25. Mai 2018. Auch war klar, dass mit Versuchsballonen von deutschen Abmahnanwälten zu rechnen ist. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis solche Abmahnungen versuchsweise in die Schweiz gelangen, ähnlich wie bereits im Urheberrecht.

Ob es massenhaft zu Abmahnungen im Zusammenhang mit der DSGVO kommen wird, ist weiterhin unklar:

Dafür wäre es notwendig, dass nicht nur Abmahnanwälte damit Geld verdienen können, sondern auch die eigentlichen Abmahner, wie es im Urheberrecht möglich ist. Gerichte werden klären müssen, in welcher Höhe mit Abmahnungen auch Schadenersatz für Datenschutzverletzungen gefordert werden kann. Massenabmahnungen gibt es nur, wenn Recht und Rechtsprechung finanzielle Anreize für Abmahner setzen.

Bei allfälligen Abmahnungen ist es wichtig, dass man richtig reagiert:

  • Abmahnungen sollte man weder nach dem Prinzip Hoffnung als Altpapier entsorgen noch vor lauter Panik eine strafbewehrte Unterlassungserklärung leichtfertig unterzeichnen. Rechtskräftige deutsche Urteile aufgrund von ignorierten Abmahnungen oder unterzeichneten Unterlassungserklärungen können in der Schweiz vollstreckt werden.
  • Der direkte Kontakt mit der Gegenseite ist normalerweise nicht empfehlenswert, denn die Erfahrung zeigt, dass sich Laien damit häufig selbst schaden. So hilft es nicht, wenn man sich bei der Gegenseite entschuldigt, denn damit ist eine Abmahnung fast nie zu erledigen. Es hilft auch nicht, wenn man den Gegenanwalt am Telefon beschimpft …
  • Wie man richtig reagiert, hängt vom Einzelfall ab: Ist die Abmahnung berechtigt? Handelt es sich um eine gefälschte Abmahnung? Muss oder soll man reagieren, und falls ja, in welcher Form?

Hörtipp: Anwaltskollege und «Datenschutz-Guru» Stephan Hansen-Oest hat eine Podcast-Episode über die «ersten DSGVO-Abmahnungen» veröffentlicht.

Bild: Pixabay / martaposemuckel, Public Domain-ähnlich.

14 Kommentare

  1. Ist in der Schweiz in absehbarer Zeit wirklich mit DSGVO-Abmahnungen deutscher Anwälte zu rechnen? Die deutschen Anwälte stützten sich ja dabei offenbar primär auf das deutsche UWG. Dieses ist in der Schweiz – anders als die «übergriffige» DSGVO, die das gute alte Territorialitätsprinzip ignoriert – ja nicht anwendbar. Oder gilt nach deutschem UWG auch das Marktortprinzip (ganz ausgeschlossen scheint das ja im Wettbewerbsrecht nicht, wenn man etwa an die CH-Praxis im Kartellrecht denkt)?

    1. @Gwendolan:

      Auch im deutschen UWG gilt das Marktortprinzip. In der Folge gab es bislang schon deutsche Abmahnungen, die sich (unter anderem) auf das UWG beriefen und in die Schweiz gelangten – genauso wie Abmahnungen mit Verweis auf das Datenschutzrecht. Umgekehrt – aus der Schweiz nach Deutschland – gibt es das ja auch, denn man versucht selbstverständlich, auch gegen mutmassliche Rechtsverletzungen durch ausländische Gegenparteien vorzugehen.

      Allerdings ist nicht die Frage relevant, ob deutsche Abmahnungen in die Schweiz gelangen, sondern ob es – wie im Urheberrecht – zu Massenabmahnungen kommt. Einzelne Abmahnungen, Klagen und so weiter sind nicht weiter spektakulär. Wir kennen sie auch in der Schweiz, denn wer nicht direkt klagen möchte (oder muss), wird normalerweise eine Abmahnung versenden.

    2. Das Problem sind NICHT NUR die deutschen Anwälte. Das Problem ist, dass eigentlich alle bekannten/beliebten Newsletter-Provider (wie MailChimp) EU-abhängig sind, und SELBST zu «Vollstreckern» werden. Es sind schon vor dem 25.5. unzählige KMU mit Blockaden belegt worden. Und interessanterweise können die Blockierten dann nicht zu einen Konkurrenzprovider wechseln – es scheint so, als ob Blacklists kursieren würden.
      Wissen Sie, Herr Steiger, mehr zu dieser Situation?

      1. @Lahor Jakrlin:

        Nein, davon ist mir nichts bekannt. Allerdings haben E-Mail-Dienstleister wie MailChimp ein grosses Interesse, dass ihre Kunden nur erwünschte E-Mail versenden. Schwarze Schafe unter den Kunden führen dazu, dass die Zustellung der E-Mails ingesamt leidet.

        Was genau ist mit den erwähnten «Blockaden» gemeint? Was die DSGVO betrifft, ist MailChimp aus meiner Sicht eigentlich sehr vorbildlich unterwegs. Die grösste Gefahr für MailChimp besteht darin, dass das «Privacy Shield» an der EU-Rechtsprechung scheitert.

  2. In Deutschland sind Abmahnungen ein Geschäft, weil das deutsche Recht es – leider und ungerechterweise – ermöglicht, daß Anwälte sich damit bereichern.

    Beispiel:
    Eine Internetzeitung wurde wegen eines von Steuergeldern bezahlten Fotos des ehemaligen Bundespräsidenten Wulff abgemahnt, weil eine Praktikantin bei Verwendung des Fotos, welches auf der Webseite des Landtags Niedersachsen und auf Wikipedia zur freien Verwendung aufgeschaltet war unter Namensnennung die Fotografin nicht nannte.

    Die Fotografin, die wohlgemerkt das Foto von Steuergeldern schoß für den Landtag.

    Auch zahlreiche Eltern minderjähriger Kinder werden, wenn sie auf FB und sonstwo Bilder hochladen, sofort finanziell belangt.

    Und es geht sofort um tausende Euro wie in meinem Fall.

    Sowas ist in der Schweiz zum Glück nicht so leicht möglich. Die Schweiz ist hier wesentlich rechtsstaatlicher.

    1. @Remo:

      Massenabmahnungen benötigen einen finanziellen Anreiz für die Abmahner. Es genügt nicht, wenn allein Rechtsanwälte damit ihr Auskommen bestreiten können. Beim Urheberrecht gibt es solche Anreize, das heisst die Abmahner können zum Teil erheblich Geld verdienen. Beim Datenschutz ist das bislang noch nicht der Fall …

      1. Diese Anwälte, die auch im Internet hinlänglich bekannt sind, gehen einfach auf die Google-Bildersuche und dann mahnen sich – kostenpflichtig – ab.

        Und teilen das Geld mit Mandant/in.

        In der Schweiz kann man nicht kostenpflichtig abmahnen, allenfalls, wenn jemand ein Bild nicht nach Aufforderung löscht, es weiterziehen.

        Oder Schadensersatz, Gewinnbeteiligung usw. – zu recht – geltend machen.

        Etwa, wenn eine Zeitung ein privates Foto einfach «klaut» und verwendet und damit viel Auflage, sprich Geld verdient.

  3. Ich finde es interessant, dass bis heute nicht mal die Kantone auf ihren zweistelligen Domains eine umfängliche Datenschutzerklärung haben, aber teilweise Google Analytics oder Matomo verwenden…

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