Mindestalter von 16 Jahren: Ist WhatsApp an Schulen «illegal»?

Bild: WhatsApp-Icon auf Smartphone-Bildschirm (aus nächster Nähe betrachtet)

Glaubt man einem Bericht in der heutigen SonntagsZeitung, kämpfen Schweizer Schulen mit den «neuen EU-Regeln zum Datenschutz» und «Lehrer müssen Klassenchats auf WhatsApp löschen», weil der «Messenger-Dienst das Mindestalter erhöht hat».

WhatsApp an Schweizer Schulen kann in rechtlicher Hinsicht tatsächlich problematisch sein. Es besteht aber kein direkter Zusammenhang mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU und das Problem betrifft nicht nur WhatsApp.

Wo liegen die Probleme in rechtlicher Hinsicht?

Datenschutzbeauftragter: WhatsApp-Nutzung an Schulen ist gemäss schweizerischem Datenschutzrecht nicht rechtmässig

In Bezug auf WhatsApp besteht ein Problem erst einmal darin, dass unter anderem der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich, Bruno Baeriswyl, in seinem «Datenschutzlexikon Volksschule» schreibt, dass die Nutzung durch Lehrpersonen sowie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Schulen nicht rechtmässig sei (Screenshot):

  • Diese Einschätzung beruht auf kantonalem und schweizerischem Datenschutzrecht. Es besteht kein Zusammenhang mit der DSGVO, die zwischen Schulen sowie Schülerinnen und Schülern in der Schweiz sowieso nicht gilt, es sei denn, ein Online-Anbieter unterwirft sich freiwillig der DSGVO. Der kantonale Datenschutzbeauftragte geht davon aus, dass für die Verwendung von WhatsApp die Einwilligung aller betroffener Personen notwendig wäre, was in der Praxis aber nicht möglich ist.
  • Verschiedene Experten aus dem Bildungsbereich halten nichts von einem WhatsApp-Verbot an Schulen. Lehrer Philippe Wampfler erklärte schon vor Jahren, wieso er WhatsApp mit Schülerinnen und Schülern nutzt und für Schulpfleger Andreas Hugi lebt der kantonale Datenschutzbeauftragte «in seiner gemütlich eingerichteten Datenschutz-Bubble.» (Screenshot).
  • Es gibt auch staatliche Datenschützer, die einen pragmatischen Umfang mit WhatsApp an Schulen empfehlen, so beispielsweise in den Kantonen Jura und Neuenburg.

Zivilgesetzbuch: Kinder und Jugendliche benötigen allenfalls die Zustimmung ihrer Eltern

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in der Schweiz nicht mündig beziehungsweise volljährig sind (Art. 14 ZGB):

  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind damit nicht handlungsfähig (Art. 13 ZGB) und können grundsätzlich keine rechtlichen Verpflichtungen wie jene zur Nutzung von WhatsApp eingehen. Immerhin sieht das schweizerische Recht die Möglichkeit vor, dass Kinder und Jugendliche mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter wie insbesondere den Eltern rechtliche Verpflichtungen eingehen können (Art. 19 Abs. 1 ZGB). Ausserdem können sie ohne eine solche Zustimmung Vorteile erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens besorgen (Art. 19 Abs. 2 ZGB).
  • Sofern die Zustimmung der Eltern notwendig ist, kann diese nachträglich oder stillschweigend erfolgen (Art. 19a Abs. 1 ZGB). Da die Nutzung von WhatsApp unentgeltlich ist, könnte man argumentieren, dass gar keine Zustimmung durch die Eltern notwendig ist. Allerdings ändert dieser Punkt nichts daran, dass WhatsApp eigentlich gar keine Nutzerinnen und Nutzer unter 16 Jahren zulassen möchte.
  • Auch in dieser Hinsicht besteht kein Zusammenhang mit der DSGVO. Die Frage, ob eine Zustimmung der Eltern notwendig ist, betrifft deshalb nicht nur WhatsApp, sondern auch diskutierte Alternativen wie E-Mail oder Instant Messaging per unverschlüsselte SMS (Mobilfunkvertrag!), mit Signal oder mit Threema.
  • Für Eltern in der Schweiz ist es alltäglich, dass sie – meistens informell und stillschweigend – Einwilligungen für ihre Kinder erteilen. Schulen ersuchen immer wieder um ausdrückliche Einwilligungen, zum Beispiel um Schülerinnen und Schüler fotografieren zu dürfen («Recht am eigenen Bild») oder für die Teilnahme an Veranstaltungen. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler WhatsApp nutzt, darf eine Lehrperson aus meiner Sicht davon ausgehen, dass eine allenfalls notwendige Zustimmung der Eltern vorliegt.

Jugendliche, die genau wissen möchten, was sie in welchem Alter ohne Zustimmung ihrer Eltern dürfen, werden in einer entsprechenden «Orientierungshilfe» aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden fündig.

WhatsApp: Besserer Datenschutz für Schweizer Nutzer dank EU-Datenschutzrecht

Die WhatsApp-Nutzung in der Schweiz erfolgt über eine WhatsApp-Tochtergesellschaft in Irland (Screenshot):

  • Da Irland ein EU-Mitgliedstaat ist, gilt die DSGVO und zwar auch gegenüber Nutzerinnen und Nutzer in der Schweiz, die dadurch den besseren Datenschutz gemäss DSGVO im Vergleich zum heutigen Datenschutzrecht in der Schweiz geniessen (Screenshot).
  • Das schweizerische Datenschutzgesetz (DSG) befindet sich in Revision, weil es im Interesse der Schweiz liegt, dass ihr Datenschutzrecht von der EU-Kommission weiterhin als angemessen beurteilt wird. Online-Anbieter in der Schweiz wenden die DSGVO normalerweise nicht freiwillig an, das heisst ihre schweizerischen Nutzerinnen und Nutzer geniessen nur den zweitklassigen Datenschutz gemäss heutigem DSG.
  • Allerdings sieht die DSGVO für Einwilligungen direkt durch Kinder und Jugendliche tatsächlich ein allgemeines Mindestalter von 16 Jahren vor, es sei denn, eine Einwilligung erfolgt durch die «Träger der elterlichen Verantwortung» (Art. 8 Abs. 1 DSGVO). Da WhatsApp auf Nummer sicher gehen möchte, wird nur das Alter erwähnt (Screenshot). Ein Hinweis in der Datenschutzerklärung zeigt im Übrigen, dass WhatsApp die Möglichkeit einer Einwilligung durch einen «Erziehungsberechtigten» unabhängig von allenfalls anwendbarem Datenschutzrecht durchaus kennt.

Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren: Ist die WhatsApp-Nutzung «illegal»?

Ist die Nutzung von WhatsApp durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren «illegal», wie die SonntagsZeitung schreibt (Screenshot)?

  • Nein, allein schon, weil es keinen (schweizerischen) Straftatbestand gibt, der eine solche Nutzung von WhatsApp unter Strafe stellt. Wer bei der Altersangabe schummelt, macht sich in der Schweiz nicht strafbar.
  • Allerdings verletzen Nutzerinnen und Nutzer unter 16 Jahren die Nutzungsbedingungen von WhatsApp, was aber voraussichtlich keine Folgen für die betreffenden Nutzerinnen und Nutzer hat. Bislang lag das Mindestalter bei 13 Jahren, was – soweit ersichtlich – durch WhatsApp und andere Online-Dienste nie konsequent durchgesetzt wurde. Für die Anbieter von solchen Online-Diensten geht es vor allem darum, auf Nummer sicher zu gehen.

Ausserdem: Würden Eltern ihren Kindern das Reden verbieten? (Michael In Albon.)

Fazit: Kein Zusammenhang mit dem EU-Datenschutrecht, aber …

Die Nutzung von WhatsApp durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ist in der Schweiz nicht «illegal». Die Frage der Einwilligung beziehungsweise Zustimmung durch die Eltern geht nicht auf die DSGVO zurück und gilt nicht nur für WhatsApp.

Ein Zusammenhang mit der DSGVO besteht nur insofern, als dass es sich um ein weiteres Beispiel dafür handelt, wie längst bestehende Bestimmungen aufgrund der Medienaufmerksamkeit und teilweise Panik rund um das neue EU-Datenschutzrecht in der Schweiz (wieder) entdeckt werden.

Wenn Lehrpersonen und Schulen auf die Nutzung von WhatsApp verzichten müssen, dann mit Blick auf die Einschätzung unter anderem durch den Datenschutzbeauftragten des Kantons Zürich. Ob ein solches WhatsApp-Verbot sinnvoll ist und welche Alternativen in einer Gesamtbetrachtung sinnvoll sind, steht auf einem anderen Blatt. Ich halte ein WhatsApp-Verbot an Schulen für realitätsfremd und nicht für zielführend. Das sieht zum Beispiel auch der Datenschutzbeauftragte der Kantone Jura und Neuenburg so.

(Wer mag, erreicht mich via WhatsApp, aber zum Beispiel auch via Signal und Threema.)


Nachträge

Nachtrag 1: «Verzweiflung im Lehrerzimmer» gemäss «Blick»

Der Beitrag in der heutigen SonntagsZeitung wurde inzwischen mit dramatischen Worten von der Boulevardzeitung «Blick» aufgenommen («Verzweiflung im Lehrerzimmer», «Klassenchats wegen EU-Gesetz illegal», Screenshot).

Nachtrag 2: «Kopisten-Medienkarawane»

Auch andere Medien – unter anderem das Newsportal Nau und die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) – haben den Betrag in der heutigen SonntagsZeitung inzwischen abgeschrieben aufgenommen.

Die Medien erweisen ihrer Glaubwürdigkeit mit solchen Beiträgen einen Bärendienst. Man kann sich fragen, bis zu welchem Punkt noch eine Zeitungsente vorliegt und ab wann man von «Fake News» sprechen muss.

(Auf weitere Nachträge zur «Kopisten-Medienkarawane» verzichte ich.)

Nachtrag 3: Threema als Alternative?

Screenshot: Datenschutzerklärung (Privacy Policy) von Threema vom 4. Mai 2018

Als Alternative zu WhatsApp wird häufig Threema (kostenpflichtig, aus der Schweiz) empfohlen. Allerdings gilt das allgemeine Mindestalter von 16 Jahren gemäss DSGVO auch für Threema, denn Personendaten werden bei Threema – durchaus datenschutzfreundlich – im Einklang mit der DSGVO bearbeitet, wie man in der Datenschutzerklärung nachlesen kann:

«Verarbeitung und Schutz der Daten erfolgen im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen und der EU-Verordnung 2016/679 (DSGVO).»

Ausserdem muss man für die Nutzung von Threema in die Datenschutzerklärung einwilligen. Die Datenschutzerklärung wird demnach als Vertrag verstanden und nicht als blosse Information.

Threema setzt dennoch offensichtliche Prioritäten beim Datenschutz, was für WhatsApp nicht gilt:

Die – zumindest unter Datenschutzbeauftragten – umstrittene Funktion für den Abgleich von gehashten E-Mail-Adressen und Telefonadressen, um andere Nutzerinnen und Nutzer finden zu können, gibt es bei Threema zum Beispiel lediglich optional (Screenshot). Wer sich an dieser Komfortfunktion bei WhatsApp stört, kann bei Threema darauf verzichten und die App (weitgehend) anonym – das heisst allein mit einer Threema-ID – nutzen. Ich zähle auch zu den Nutzern von Threema (mit ID 5K4CMNM2).

Nachtrag 4: Kein WhatsApp-Verbot an Schulen in den Kantonen Jura und Neuenburg

«L’utilisation de WhatsApp est déconseillée, mais les enseignants peuvent communiquer avec les élèves par ce service si l’ensemble de la classe l’utilise déjà, ou que ceux qui ne l’ont pas encore ne sont pas poussés à le faire. Dans tous les cas, il serait bien que l’utilisation soit préalablement accompagnée d’informations à propos des dangers de tels services au niveau de la protection des données personnelles.»

(Préposé à la protection des données et à la transparence, PPDT, via Sébastien Fanti.)

Bild: Pixabay / arivera, Public Domain-ähnlich.

23 Kommentare

  1. > Allerdings gilt das allgemeine Mindestalter von 16 Jahren gemäss DSGVO auch für Threema …

    Dass für Threema auch das allgemeine Mindestalter von 16 Jahren gilt, ist nicht zutreffend. Bei Threema gibt es kein Mindestalter. Das kann einfach in den verschiedenen Online Shops (Google Play, WP Store und Apple App Store) verifiziert werden. Grund dafür ist, dass bei Threema eine zufällige ID zur Identifikation dient, nicht personenbezogene Daten (wie bei WhatsApp die Handynummer).

    1. @Jakob M.:

      Sie gehen demnach davon aus, dass Threema auch keine IP-Adressen, die ohne weiteres personenbezogene Daten darstellen können, bearbeitet?

      (Ja, Threema schreibt, man speichere keine IP-Adressen, was datenschutzfreundlich ist, aber auch Threema behauptet nicht, man komme ohne IP-Adressen aus …)

      Unabhängig davon muss man für die Nutzung von Threema einen Vertrag mit Threema abschliessen, denn man muss die Datenschutzerklärung ausdrücklich bestätigen, wie Sie in meinem Beitrag nachlesen können. Dabei geht Threema aber – anders als WhatsApp – nicht auf Nummer sicher, sondern schliesst auch die Möglichkeit nicht aus, dass die Eltern, so wie auch in der DSGVO vorgesehen, ihre Einwilligung erteilt haben können. (Wie das überprüft werden muss, ist ein anderes Thema, aber ich bin froh, dass man Online-Anbieter bislang noch nicht gezwungen hat, das Alter von jungen Menschen sowie die Einwilligung von Eltern tatsächlich zu überprüfen.)

      Ich finde Threema sympathisch und verstehe, dass Threema jede Gelegenheit nutzt, um sich als Alternative mit einem offensichtlichen Fokus auf den Datenschutz zu positionieren. Aber die grundlegenden Probleme, die Internet-ängstliche Menschen bei WhatsApp sehen, löst Threema nicht.

      1. Ich wollte eigentlich nur darauf hinweisen, dass die Altersbeschränkung verschiedener Apps keinen Interpretationsspielraum offen lässt und man sie ganz einfach in den verschiedenen Shops nachsehen kann. Bei Threema gibt es keine. Bei WhatsApp schon.

        Was nun aber IP-Adressen betrifft, herrscht hier offenbar ein wenig Verwirrung: Nicht nur Threema kommt nicht ohne IP-Adressen aus, sondern überhaupt kein Internet-Dienst. Das hat jedoch nichts mit den personenbezogen Daten zu tun, die gewisse Dienste für ihre Nutzung voraussetzen! WhatsApp setzt die Angabe von personenbezogenen Daten für die Nutzung voraus (Threema hingegen nicht). Aber keiner der genannten Dienste setzt die Angabe einer IP-Adresse voraus für die Nutzung voraus. Es können freilich Dienste wie TOR oder VPNs verwendet werden, um die eigene IP-Adresse zu verschleiern.

        Ich bin nicht «Internet-ängstlich», aber Privatsphäre-bedacht, und aus dieser Perspektive kann ich einen ganz deutlichen Unterschied zwischen den verschiedenen Ansätzen auf dem Messenger-Markt erkennen. Ob ich «gezwungen» werde, personenbezogene Daten anzugeben oder nicht, ist für mich schon mal ein entscheidender Unterschied. Und wenn ein Dienst nicht nutzbar ist, ohne dass ich mein gesamtes Adressbuch mit ihm teile, so leuchten bei mir alle Alarmlichter.

        Aber welches sind denn die grundlegenden Probleme, die Internet-ängstliche Menschen haben?

        1. @Jakob M.:

          Das allgemeine Mindestalter von 16 Jahren ergibt sich aus Art. 8 Abs. 1 DSGVO. Der Unterschied zwischen Threema und WhatsApp in dieser Hinsicht ist, dass WhatsApp die Möglichkeit, dass bei Kinder und Jugendlichen unter 16 Jahren gemäss DSGVO die Zustimmung durch die Eltern erfolgen kann, nicht nutzt. WhatsApp versucht damit vermutlich, auf Nummer sicher zu gehen, während Threema das (wohl bislang noch kleine) Risiko eingeht, dass der Vertrag mit einzelnen Nutzern unter 16 (DSGVO) / 18 Jahren (ZGB) nicht zustande kommt, weil die (allenfalls) notwendige Einwilligung / Zustimmung der Eltern nicht vorliegt. Ich bin froh, dass Threema keine solchen Hürden aufstellt, aber vielleicht ist das auch nur möglich, weil Threema ein Nischenanbieter ist.

          In Bezug auf IP-Adressen gibt es keine Verwirrung. Es ist selbstverständlich, dass kein Online-Dienst ohne IP-Adressen auskommt. Ja, Sie können versuchen, Ihre IP-Adresse zu verschleiern, aber das betrifft lediglich den Punkt, dass IP-Adressen Personendaten darstellen können, aber nicht in jedem Fall tatsächlich Personendaten sind. Sie können weder Threema noch WhatsApp nutzen, wenn Sie sich weigern, mittels Internet Protocol (IP) zu kommunizieren.

          Bislang ist mir kein Instant Messaging-Dienst bekannt, den man nur nutzen kann, wenn man sein ganzes Adressbuch teilt. WhatsApp beschränkt sich auf den Abgleich der Telefonnummern, damit man seine Kontakte – als heute beim Instant Messaging wohl standardmässige Komfortfunktion – ohne weiteres findet und nicht ein paar 100 oder mehr Kontakte von Hand eingeben muss.

          https://faq.whatsapp.com/de/20971813/?category=5245250

          Sie haben selbstverständlich recht, dass es einen ganz unterschiedlichen Fokus bezüglich Datenschutz und Datensicherheit der verschiedenen Instant Messaging-Dienste gibt. In dieser Hinsicht ist WhatsApp gar nicht mal so schlecht unterwegs, doch ist Signal sicherlich die bessere Wahl, gerade auch mit Blick auf das Open Source-Kriterium. Leider findet Instant Messaging mehrheitlich ohne Verschlüsselung statt, wie übrigens auch fast die ganze Internet-Telefonie (VoIP mit SIP).

          1. > Der Unterschied zwischen Threema und WhatsApp in dieser Hinsicht ist,
            > dass WhatsApp die Möglichkeit, dass bei Kinder und Jugendlichen unter
            > 16 Jahren gemäss DSGVO die Zustimmung durch die Eltern erfolgen kann,
            > nicht nutzt. WhatsApp versucht damit vermutlich, auf Nummer sicher zu
            > gehen, während Threema das (wohl bislang noch kleine) Risiko eingeht,
            > dass der Vertrag mit einzelnen Nutzern unter 16 (DSGVO) / 18 Jahren
            > nicht zustande kommt, weil die (allenfalls) notwendige Einwilligung /
            > Zustimmung der Eltern nicht vorliegt.

            Ich habe das nicht so verstanden. Der Grund, weshalb WhatsApp in den Shops ein Mindestalter von 16 Jahren aufweist, sind die personenbezogenen Daten. Es ist in der EU keiner Person unter 16 Jahren möglich, WhatsApp ohne elterliche Einwilligung zu nutzen, weil eben personenbezogene Daten verarbeitet werden. Bei Threema ist das nicht so. Die App kann anonym – und somit auch in der EU in jedem Alter – genutzt werden: https://threema.ch/de/faq/age

            > Bislang ist mir kein Instant Messaging-Dienst bekannt, den man nur
            > nutzen kann, wenn man sein ganzes Adressbuch teilt. WhatsApp
            > beschränkt sich auf den Abgleich der Telefonnummern, damit man
            > seine Kontakte – als heute beim Instant Messaging wohl standardmässige
            > Komfortfunktion – ohne weiteres findet und nicht ein paar 100 oder mehr
            > Kontakte von Hand eingeben muss.

            Das halte ich für eine gefährlich naive Auslegung. Wenn Sie WhatsApp nutzen, geben Sie ihr gesamtes Adressbuch frei, nicht bloss Telefonnummern. Warum ist die Freigabe obligatorisch? Warum werden diese Daten mit Facebook geteilt, wenn es doch nur um WhatsApp und die Synchronisation von Kontakten geht? Warum werden diese Daten nicht nur temporär, sondern permanent gespeichert? Und warum denken Sie im Allgemeinen, dass Facebook einen astronomischen Betrag für WhatsApp ausgegeben hat, das seinerseits keinen direkt ersichtlichen Profit abwirft?

              1. Es erstaunt mich nicht sonderlich, dass Sie auf diese Fragen auch keine Antwort haben.

                Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine neue Datenschutz-Verletzung durch Facebook bekannt wird, z.B. heute: https://motherboard.vice.com/de/article/kzkgxz/geschickte-facebook-pr-millionen-daten-an-samsung-amazon

                Wenn Sie es vor diesem Hintergrund unbedenklich finden, dass WhatsApp Ihre Daten an Facebook weitergibt, schön und gut. Aber Lehrpersonen sollten ihren Schülern meines Erachtens einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet und ihren Daten beibringen.

  2. Können Sie bitte noch eine Aussage zu weiteren «Alternativen» wie z.B. Telegram (aus Russland) oder gar hauptsächlich in Asien verbreiteten Messengern wie z.B. LINE machen? Spielt es bezüglich DSVGO überhaupt eine Rolle, wo der Anbieter seinen Sitz hat?

    1. @Kuriger Manfred:

      Allenfalls hilft Ihnen der Vergleich der Digitalen Gesellschaft weiter, wo Sie auch die (vergleichsweise gute) Bewertung von Threema finden:

      https://www.digitale-gesellschaft.ch/messenger/bewertung.html

      Bruce Schneier, ein bekannter Experte für IT-Sicherheit, empfiehlt insbesondere Signal, aber auch WhatsApp ist für ihn nicht völlig aus dem Rennen:

      «I tell people that if they want to communicate securely with someone, to use one of the secure messaging systems: Signal, Off-the-Record, or — if having one of those two on your system is itself suspicious — WhatsApp. Of course they’re not perfect, as last week’s announcement of a vulnerability (patched within hours) in Signal illustrates. And they’re not as flexible as e-mail, but that makes them easier to secure.»

      https://www.schneier.com/blog/archives/2018/06/e-mail_vulnerab.html

      Bei LINE geht ich davon aus, dass für die Kommunikation keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung stattfindet. Bei Telegram gibt es Zweifel an der Sicherheit:

      https://gizmodo.com/why-you-should-stop-using-telegram-right-now-1782557415 (schon etwas älter)

  3. In punkto Datenschutz wäre es wirklich gut, wenn eine Alternative von Whatsapp zum Zuge käme.

    Und es ist – unabhängig vom Datenschutz – auch schade, wenn der Markt oft von nur einem Spieler so derart beherrscht wird.

    Ob Googel bei Suchmaschinen, Facebook bei sozialen Medien, Whatsapp bei Messengern usw.

    Das mit der Kopisten-Medienkarawane ist typisch: Die lesen die Konkurrenz und sehen: Oh, das Thema bewegt. Da müssen wir auch schnell was bringen, könnte nen paar Besuchern / Klicks / Leser bringen.

    Aber mit journalistischer Qualität geschweige denn mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun.

    Insofern erfreulich, daß zumindest hier der Markt noch ein bißchen spielt und es zahlreiche kleinere Medien gibt, die auch ihre – kleine – Leserschaft haben.

    Man hat in Graubünden zuletzt gesehen, daß über das Baurkartell seitens des Monopolmediums Somedia nichts berichtet wurde, was Substanz hat. Die tendenziell linke Publikation «Die Republik» hatte es dann mit Details publik gemacht und die tendenziell rechte Weltwoche hatte die zweite Enthüllung gebracht. Die, daß der Enthüller kein Heiliger ist, halt. Das einzige Medium, von dem nichts kam, was für schweizweite Schlagzeilen sorgte war das Monopolmedium Südostschweiz von Lebrument (bzw. Quasi-Monopolmedium, durch das Internet bricht dieses ja mehr und auf, bröckelt)

      1. Es ist sogar immer zu beobachten.

        Ein weiteres von vielen Beispielen.

        Ich war als Zugereister und Ausländer der Erste im Kanton, der als Winzling (im Vergleich zur Somedia) nachgefragt hatte bei Obermutten, Graubünden Ferien, welche beide Auskunft zuerst verweigerten und später kam dann Schritt für Schritt alles raus.

        Graubünden Ferien hat massiv (unsere bzw. bündner) Steuergelder sinnlos in den Sand gesetzt.

        Südostschweiz-Zeitung hatte nichts recherchiert.
        Und bejubelt die von Graubünden Ferien.

        Graubünden-Ferien ist ja großer Werbekunde… Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

        Jedenfalls hatte ich auf der Vorgängerversion von DZ (damals hieß Domleschger Zeitung noch Domleschg24) drüber geschrieben, daß alles massivste Schaumschlägerei ist:

        http://domleschg24.ch/obermutten-jung-von-matt-und-die-umstrittene-facebook-aktion-verheerende-bilanz/

        http://domleschg24.ch/obermutten-geheimniskramerei-um-zahlen-warum/

        Und wieder waren es – neben mir – dann auch außerkantonale Medien wie 20Min usw., die schrieben, daß große Tourismusorte wie Davos, Lenzerheide usw. die FB-Aktion von Graubünden Ferien kalt läßt.

        (wäre das ein Erfolg gewesen, müßten sich ja alle Bergdörfer reißen darum, bei JungVonMatt Kunde werden zu dürfen und Steuergelder in sowas gießen zu dürfen; das Gegenteil ist aber der Fall)

        Inzwischen gibt es Obermutten bzw. Mutten als Gemeinde nicht mal mehr, die Schule ist weg und auch die angeblich so profitierende Dorfbeiz usw. wechselte den Pächter…

        Da muß ja gigantisch die Heide gerauscht haben bei der Tourismusaktion und die Post abgegangen sein, wenn dann das Gasthaus Post oder wie das hieß einen Pächter hat, der verzweifelt flieht. (nicht wegen zuviel Kunden, sondern weil er zu 80% seiner Arbeitszeit mit Aufhängen von Ausdrucken von FB-Fäns beschäftigt ist.

  4. Für mich liegt das Problem der Whatsapp-Klassenchats eher hier: Die Schulen können gar nicht zulassen, dass mit den Klassenchats die neue Mindestalter-Vorgabe von 16 Jahren von Whatsapp bewusst ignoriert und verletzt wird. Sie würden den Schülern damit vorleben, dass man sich nicht an Regeln halten muss. Das geht nicht.

    1. @Thomie:

      Was gerne vergessen geht: Kinder und Jugendliche kommunizieren völlig unabhängig von Lehrpersonen und Schulen miteinander. WhatsApp wird häufig auch im Kontakt mit Lehrpersonen genutzt, weil es bereits vorhanden ist:

      «Die Klassen haben – das ist für den Kontext wichtig – immer schon Chats, bevor sie mich dazu einladen. […]»

      https://schulesocialmedia.com/2018/06/04/whatsapp-an-schulen-bitte-sachlich-und-realistisch/

      Nüchtern betrachtet ist WhatsApp nicht die beste, aber eine vergleichsweise gute Lösung. Bei Instagram oder Snapchat beispielsweise gibt es gemäss meinem Kenntnisstand keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für die Kommunikation.

  5. Vor einiger Zeit haben sich ein paar Eltern und Lehrpersonen zusammengetan und mit Klapp eine Kommunikationslösung in die Welt gerufen, welche auf den Schutzbedarf unserer höchst schützenswerten Kinder eingeht. Unabhängig der Gesetzgebung holt Klapp während des Registrierung von Eltern deren Einverständnis ab. Das alleine wäre jedoch zu Einfach: Themen wie die Nicht-Diskriminierung von Eltern ohne Smartphone oder Whatsapp müssen adressiert werden, Kontrolle über den Empfängerkreise und den Empfang wichtiger Informationen, das Recht auf Vergegessen, den Umgang mit Photos, sowie die persönliche Diskussionen heikler Themen unter vier Augen, sind nur einige Facetten, die für einen umfassenden Schutz und aus Respekt gegenüber unserem Kindern ein Muss sind.

      1. Ja, Schulen oder Vereine können die gesamte Kommunikationslösung Klapp ausprobieren. Auf unserer Webseite https://www.klapp.pro kann ein Testkonto bestellt werden. Oder man lädt sich unser App herunter und meldet sich mit den auf https://www.klapp.pro/fuer-eltern-klapp-ausprobieren publizierten Kontodaten an.
        Weitere Information zur Sicherheit können unserer Datenschutzerklärung (https://www.klapp.pro/datenschutz) entnommen werden, u.a. welche Daten wir einzig zwecks Erreichbarkeit der Empfängerkreise benötigen. Wir geben keine Daten weiter und erzielen auch keinen Nutzen daraus! Weiter ist die gesamte Kommunikation SSL-verschlüsselt. Jeder API-Aufruf muss ein Authentifizierungstoken übergeben, das nur vom Server entschlüsselt werden kann, und bestätigt, dass der Benutzer die richtige Rolle und Berechtigung zum Zugriff auf diese bestimmte Information hat. Alle Passwörter sind gehashed und können nur serverseitig validiert werden.
        Wir arbeiten mit zertifizierten Providern zusammen, dessen Sicherheitsmassnahmen periodisch auf Effektivität hinsichtlich Compliance mit ISO27001 unabhängig überprüft werden. Damit wollen wir sicherstellen, dass Daten hinsichtlich Vertraulichkeit und Integrität geschützt sind und bei Bedarf auch entfernt werden können.

        1. @Elias Schibli:

          Ich habe mir Klapp inzwischen angesehen. Ich hoffe nicht, dass Schulen Ihr Angebot nutzen, weil sie es für sicher halten … Ihre App unterstützt offensichtlich keine sichere Kommunikation, wurde in der iOS-Version letztmals vor langen sieben Monaten aktualisiert, die Nutzeroberfläche wirkt unprofessionell und auf Ihrer Website wimmelt es von Tracking-Diensten.

          Die App ist sicherlich gut gemeint, aber das ist leider nicht genug, wenn man den Anspruch hat, sichere Kommunikation zu ermöglichen. Die Datenschutzerklärung sollten Sie dringend überarbeiten (oder auf die ganzen Tracking-Dienste auf Ihrer Website verzichten).

        2. «Weiter ist die gesamte Kommunikation SSL-verschlüsselt». Lieber Herr Schibli, das genügt heutzutage schon lange nicht mehr. Abgesehen davon, dass ich sehr hoffe, dass Sie nicht SSL verwenden (Stichwort:Poodle), ist eine brauchbare Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist schon seit Jahren Standard, zumindest bei Apps, die sich als «sicher» bezeichnen. Es geht nicht darum, dass Sie die Daten nicht weitergeben wollen, das glaube ich Ihnen sogar. Es geht darum, dass Sie (oder ein Mann in der Mitte) sie gar nicht erst lesen und weitergeben KÖNNEN. Sicherheit und Datenschutz in der Informatik ist eine Sache für Profis. Manch einer ist mit Scheinsicherheit schon ziemlich hart auf die Nase geflogen.

  6. Müsste man die Einschätzung von Herrn Baeiswyl (Übermittlung der Kontakte nur mit Einwilligung aller Betroffenen) nicht auf alle Personen in der Schweiz beziehen? Zumindest aus Sicht Kanton ZH auf das gesamte kantonale Personal?

      1. Vielen Dank für ihre Antwort. Die Frage zielte eigentlich darauf ab, ob nicht alle Zürcher Kantonsangestellten von der Einschätzung des Zürcher Datenschützers betroffen sein müssten. Oder anders, nicht nur Schulen.

        1. @Ch. Dietz:

          Die Einschätzung stammt aus dem «Datenschutzlexikon Volksschule». Auch sehe ich auf Anhieb die Problematik anderswo beim Kanton nicht … Im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern scheint man noch nicht auf Instant Messaging zu setzen, aber beim E-Government ist die Schweiz generell rückständig.

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