DSGVO: Über 1’000 amerikanische Medien blockieren Leserinnen und Leser aus Europa

Screenshot: Verweigerter Zugriff auf die Website der Los Angeles Times mit Verweis auf die DSGVO (GDPR)

Seit Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 blockieren zahlreiche amerikanische Medien den Zugriff für Leserinnen und Leser aus Europa. Sie können oder möchten die DSGVO für ihre Tracking-verseuchten Websites nicht umsetzen.

Joseph O’Connor hat nachgezählt und führt eine Liste von inzwischen über 1’000 Medien-Websites, die in Europa mit Verweis auf die DSGVO nicht ohne weiteres verfügbar sind. Ein bekanntes Beispiel ist die Los Angeles Times.

Für viele Medien-Websites in den USA ist das europäische Publikum wirtschaftlich nicht wichtig. Aus diesem Grund ist es einfacher, den Zugriff zu blockieren anstatt zu riskieren, von einer europäischen Datenschutzaufsichtsbehörde ins Visier genommen zu werden.

«Häufig wird der Zugriff auch für schweizerische IP-Adressen blockiert.»

Häufig wird der Zugriff auch für schweizerische IP-Adressen blockiert, obwohl die DSGVO für amerikanische Medien gegenüber Personen in der Schweiz gar nicht anwendbar ist. Die erwähnte Los Angeles Times zählt nicht dazu, aber zum Beispiel der Seattle Post-Intelligencer, der nicht nur IP-Adressen aus der Europäischen Union (EU) und aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) blockiert.

Screenshot: Verweigerter Zugriff auf die Website des Seattle Post-Intelligencers mit Verweis auf «Legal Reasons»

USA: Medien mit Umsetzung der DSGVO

Amerikanische Medien, für die ein europäisches Publikum wichtig ist, haben versucht, die DSGVO umzusetzen. So hat die New York Times per 24. Mai 2018 ihre Datenschutzerklärung aktualisiert. Allerdings hält die New York Times die DSGVO nicht vollständig ein, wie insbesondere die fehlenden Angaben zum notwendigen EU-Datenschutz-Vertreter gemäss Art. 27 DSGVO in der Datenschutzerklärung zeigen.

Instapaper ist nach zwei Monaten Unterbruch in Europa wieder zugänglich und geht davon aus, die DSGVO umgesetzt zu haben. Die offensichtliche Problematik mit dem Datenschutz-Vertreter besteht allerdings auch bei Instapaper.

Schweiz: Medien zwischen Ignoranz und Umsetzung

In der Schweiz scheinen viele Medien – soweit ersichtlich – davon auszugehen, die DSGVO nicht umsetzen zu müssen. Es gibt aber auch Ausnahmen wie die Medienwoche, die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und die Republik.

Medien in der Schweiz fallen unter die DSGVO, wenn sie Dienstleistungen oder Waren gegenüber Personen in der EU (und im EWR) anbieten – auch kostenlos – oder wenn sie das Verhalten von Personen in der EU beobachten, zum Beispiel mittels Tracking auf einer Website. Rechtlicher Hintergrund ist das Marktortprinzip gemäss Art. 3 Abs. 2 DSGVO.

Screenshot: Angebot für Tages-Anzeiger-Abonnement für Personen in EU und EWR

In diesem Zusammenhang ist beispielsweise beim Tages-Anzeiger und anderen Tamedia-Publikationen überraschend, dass man anscheinend davon ausgeht, die DSGVO für die Website nicht umsetzen zu müssen. So richten sich die Angebote für digitale Abonnemente unter anderem auch an Personen in Deutschland, in Liechtenstein und in Österreich.

(Via NiemanLab.)

Offenlegung: Der Fokus auf die EU-Datenschutz-Vertretung gemäss Art. 27 DSGVO hängt auch mit dem entsprechenden «Datenschutzpartner»-Angebot der Papiertiger GmbH, an der Rechtsanwalt Martin Steiger unter anderem als Mitgründer beteiligt ist, zusammen.

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