Digitale Gesellschaft fordert «Löschen statt Sperren» gegen Kinderpornografie im Internet

Karte: Internationales INHOPE-Netzwerk

Im Kampf gegen Kinderpornografie im Internet sind für das revidierte Fernmeldegesetz (FMG) obligatorische Netzsperren vorgesehen. Die Digitale Gesellschaft in der Schweiz lehnt solche Netzsperren als schädlich, unwirksam und zynisch ab.

Die Digitale Gesellschaft fordert stattdessen, dass der zuständige Nationalrat auf «Löschen statt Sperren» setzt und sich zu einer sicheren Internet-Infrastruktur bekennt. Ausserdem soll sich die Schweiz dem internationalen INHOPE-Netzwerk anschliessen, das bereits in vielen Ländern für eine effiziente Löschung und Strafverfolgung bei Kinderpornografie sorgt.

In ihrer heutigen Medienmitteilung begründete die Digitale Gesellschaft ihre Haltung wie folgt:

«INHOPE ist ein internationales Netzwerk von Meldestellen für Kinderpornografie. INHOPE ist seit Jahren in vielen Ländern tätig. Aufgrund von Meldungen, auch von Opfern, sorgt INHOPE erfolgreich für eine schnelle Löschung von Kinderpornografie und liefert Strafverfolgungsbehörden weltweit die Informationen für die Strafverfolgung.

Die Fernmeldekommission des Nationalrats unterstützt die Beteiligung bei INHOPE, hält aber weiterhin an Netzsperren fest. Die Digitale Gesellschaft lehnt Netzsperren als schädlich, unwirksam und zynisch ab.

  • Netzsperren sind zynisch: Die Augen vor kinderpornografischen Straftaten werden verschlossen, Opfer werden nicht geschützt und Täter werden nicht verfolgt. Täter können Netzsperren ohne weiteres umgehen und entgehen der Strafverfolgung. Dabei sieht das Strafrecht in der Schweiz ausdrücklich vor, dass jeder Konsum von Kinderpornografie bestraft wird.
  • Netzsperren sind schädlich: Die Internet-Infrastruktur muss für Netzsperren manipuliert werden. In der Folge wird die Sicherheit im Internet gefährdet, was alle Menschen und Unternehmen, aber auch die Behörden in der Schweiz betrifft. Die Schweiz sollte sich für ein freies, offenes und sicheres Internet einsetzen. Mit Netzsperren werden die Internet-Kriminalität gefördert und das Vertrauen in die kritische Infrastruktur gefährdet. Es ist nicht möglich, die Sicherheit im Internet zu erhalten und zu verbessern, wenn diese gleichzeitig durch Netzsperren untergraben wird.
  • Netzsperren sind unwirksam: Die kritische Internet-Infrastruktur wird zunehmend durch Verschlüsselung geschützt. Damit wird zum Beispiel sichergestellt, dass ein Nutzer tatsächlich jene Website angezeigt erhält, die aufgerufen wurde. Solche Schutzfunktionen werden inzwischen standardmässig in Browser eingebaut und schützen die Nutzer vor Internet-Kriminalität. Sie bedeuten aber auch eine automatische Umgehung von allfälligen Netzsperren, denn die dafür notwendige Manipulation wird durch den Browser verhindert.

Die Digitale Gesellschaft fordert vom Nationalrat, bei der Revision des Fernmeldegesetzes (FMG) auf «Löschen statt Sperren» zu setzen und sich zu einer sicheren Internet-Infrastruktur zu bekennen.

Mit einem Verzicht auf Netzsperren würde der Nationalrat auch das Versprechen erfüllen, das nach der Annahme des neuen Geldspielgesetzes gemacht wurde:

Am Abstimmungssonntag im Juni 2018 waren sich noch alle einig, dass die Netzsperren im Geldspielgesetz eine Ausnahme bleiben sollte. Es ist deshalb eine Zwängerei, wenn nun versucht wird, Netzsperren im revidierten Fernmeldegesetz unterzubringen.»

INHOPE hat ausdrücklich erklärt, an einem Ableger in der Schweiz interessiert zu sein. Auch Interpol hofft, dass sich die Schweiz dem INHOPE-Netzwerk anschliesst.

Auf ihrer Website erläutert die Digitale Gesellschaft unter anderem die technischen Einzelheiten im Zusammenhang mit Netzsperren.

Offenlegung: Rechtsanwalt Martin Steiger ist Mitglied der Digitalen Gesellschaft und engagiert sich unter anderem ehrenamtlich als Sprecher der Nichtregierungsorganisation, die sich für Freiheitsrechte in einer vernetzten Welt einsetzt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.