Urteil: Kundenzufriedenheitsbefragung ist unzulässige Werbung

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Deutschland hat entschieden, dass es sich grundsätzlich um unzulässige Werbung handelt, wenn Kunden nach einem Einkauf um eine Bewertung gebeten oder nach ihrer Zufriedenheit gefragt werden.

Eine Kundenzufriedenheitsbefragung gilt – so das Urteil – auch dann als Werbung, wenn sie zusammen mit der Rechnung für ein gekauftes Produkt versendet wird (mit Hervorhebung):

«Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung – erfasst. […] Kundenzufriedenheitsabfragen dienen zumindest auch dazu, so befragte Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch derartige Befragungen wird dem Kunden der Eindruck vermittelt, der fragende Unternehmer bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn. Der Unternehmer bringt sich zudem bei dem Kunden in Erinnerung, was der Kundenbindung dient und eine Weiterempfehlung ermöglicht. Damit soll auch weiteren Geschäftsabschlüssen der Weg geebnet und hierfür geworben werden. […]»

Die Ausnahme gemäss § 7 Abs. 3 UWG, die Werbung per E-Mail für ähnliche Dienstleistungen und Produkte an Kunden ohne ausdrückliche Einwilligung erlaubt, war vorliegend nicht anwendbar:

«[…] Dies setzt jedoch voraus, dass bereits bei der Erhebung der E-Mail-Adresse des Kunden (und bei jeder weiteren Verwendung) ein klarer und deutlicher Hinweis darauf erfolgt ist, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG). Ein solcher Hinweis seitens der Beklagten ist den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht zu entnehmen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht geltend gemacht.»

Hintergrund: Klage gegen Amazon in Deutschland

Das Urteil VI ZR 225/17 vom 10. Juli 2018, dessen Begründung kürzlich veröffentlicht wurde, geht auf eine Klage gegen einen Verkäufer auf dem Amazon Marketplace zurück. Amazon hatte die Bestellung abgewickelt und die Rechnung per E-Mail mit unter anderem folgendem Inhalt versendet:

«Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.»

Das Urteil gilt sinngemäss für jede andere Art von Werbung per E-Mail an Kunden, die nicht im Rahmen der Ausnahme von § 7 Abs. 3 UWG oder mit ausdrücklicher Einwilligung erfolgt. Dazu zählt beispielsweise der Versand von Gutscheinen an Kunden.

Kundenzufriedenheitsbefragung: Voraussetzungen für die Zulässigkeit

Im Ergebnis gibt es zwei Möglichkeiten, wie eine Kundenzufriedenheitsbefragung oder sonstige Werbung per E-Mail an Kunden zulässig sein kann:

Einerseits können Kunden um ihre ausdrückliche Einwilligung ersucht werden, zum Beispiel beim Abschluss der Bestellung oder bei der Registrierung als Nutzer. Mit einer solchen Einwilligung geht man auf Nummer sicher.

Andererseits greift die Ausnahme gemäss § 7 Abs. 3 UWG, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Erhalt der E-Mail-Adresse von einem Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung;
  2. Klarer und deutlicher Hinweis an den jeweiligen Kunden bei der Erhebung beziehungsweise beim Erhalt der E-Mail-Adresse, dass der Verwendung der E-Mail-Adresse für Werbung jederzeit widersprochen werden kann und zwar ohne zusätzliche Übermittlungskosten;
  3. Verwendung der E-Mail-Adresse für Werbung für ähnliche Dienstleistungen und Waren;
  4. Kein Widerspruch durch den jeweiligen Kunden gegen die Verwendung der E-Mail-Adresse.

Die Ausnahme scheitert in vielen Fällen am erforderlichen klaren und deutlichen Hinweis. Auch ist normalerweise ein Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung fraglich. Die Beweislast trägt der E-Mail-Versender.

Welche Auswirkungen hat das Urteil für die Schweiz?

Das Urteil entfaltet in der Schweiz keine direkt Wirkung. Das Urteil betrifft aber alle Schweizer Unternehmen, die Kunden in Deutschland haben und diesen auch Werbung senden. Wer gegenüber solchen Kunden das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verletzt, kann auch als Unternehmen in der Schweiz abgemahnt oder eingeklagt werden.

(Via Kanzlei Dr. Bahr.)

Bild: Wikimedia Commons / ComQuat, CC BY-SA 3.0 (nicht portiert)-Lizenz.

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