Abmahnfalle Wikipedia: Abmahnungen von Wladyslaw Sojka

Bild: Wikipedia-Gründer Jimmy Wales mit Wikipedia-Logo und Kleingeld (Cartoon)Wladyslaw Sojka ist langjähriger Wikipedianer und veröffentlicht Bilder bei Wikipedia beziehungsweise Wikimedia Commons. Leider spendet Sojka seine Bilder nicht nur der freien Enzyklopädie, sondern verwendet die Wikipedia auch als Abmahnfalle.

Wer die «freien» Lizenzen, die Sojka verwendet, nicht einhält, muss mit einer kostenpflichtigen Abmahnung rechnen – auch für Bilder ohne Urheberrechtsschutz

Bislang stammten diese Wikipedia-Abmahnungen in der Schweiz von Anwaltskollegin Martina de Roche in Basel. Nun scheint Sojka, der bei Wikipedia auch als «Taxiarchos228» auftritt, den Anwalt gewechselt zu haben.

Abmahnung vom Rechtsanwalt: Forderung nach Schadenersatz plus Unterlassungserklärung

In jedem Fall verschickte Anwaltskollege Yves Waldmann von der Basler Anwaltskanzlei Delvoigt Leitner Waldmann kürzlich im Auftrag und Namen von Sojka eine Abmahnung für ein Bild, welches das Goetheanum im solothurnischen Dornach aus der Luft zeigt.

Foto: Goetheanum (Luftbild)

In der Abmahnung verweist Anwaltskollege Waldmann pauschal auf die «Lizenzbestimmungen von ‹Wikimedia Commons›» und behauptet eine rechtswidrige Bildverwendung.

Im Ergebnis werden insgesamt 590 Franken Schadenersatz gefordert, nämlich 275 Franken für eine Bildverwendung während fünf Monaten, 300 Franken für Anwaltskosten und 15 Franken für Auslagen beziehungsweise Spesen. Wieso aussergerichtliche Anwaltskosten und Spesen überhaupt geschuldet sein sollten, erklärt Anwaltskollege Waldmann nicht.

Weiter wird die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung – ähnlich wie in Deutschland – gefordert. Wer die Erklärung unterzeichnet, verpflichtet sich zur Bezahlung der oben erwähnten 590 Franken. Bei einer künftigen «Verletzung des Urheberrechts» ist weiter eine Zahlung von mindestens 450 Franken an Schadenersatz geschuldet.

Für die Schadensberechnung verweist Anwaltskollege Waldmann auf die «Tarifrichtlinien von ProLitteris» und beruft sich auf ein Bundesgerichtsurteil vom 19. Dezember 2005 (BGE 132 III 379). Demnach soll der behauptete Schaden mit der Methode der Lizenzanalogie für die «unberechtigte Online-Verwendung und Verwendung auf einem Flyer» berechnet werden.

In seiner Abmahnung unterschlägt Anwaltskollege Waldmann, dass bei Bildern, die unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht wurden, mangels Wert gar kein Schadenersatz geschuldet ist. Im Übrigen ist beim abgemahnten Bild – wie bei anderen Bildern von Sojka – fraglich, ob das Bild in der Schweiz überhaupt urheberrechtlich geschützt ist.

Für den Fall, dass die geforderte Zahlung ausbleibt sowie die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht unterzeichnet wird, behauptet Anwaltskollege Waldmann, mit der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche von Sojka beauftragt zu sein. Ausserdem stellt Anwaltskollege Waldmann die Möglichkeit einer Strafanzeige in den Raum.

Abgemahnt von Wladyslaw Sojka: Wie reagieren?

Die Abmahnung von Anwaltskollege Yves Waldmann im Auftrag und Namen von Wladyslaw Sojka wirft rechtliche Fragen auf. Es lohnt sich deshalb – wie bei jeder Abmahnung – die Rechtslage sowie das weitere Vorgehen im Einzelfall zu prüfen.

Das Vorgehen von Sojka erinnert an andere Creative Commons-Abmahnungen, unter anderem an die Abmahnungen von Dennis Skley.

Solche Abmahnungen sind häufig erfolgreich, weil sich die Abgemahnten unter Druck setzen lassen und eine Zahlung leisten anstatt die Ruhe zu bewahren. Alternativ könnte man beispielsweise eine passende Unterlassungserklärung – ohne Zahlungsverpflichtungen! – selbst formulieren und auf die weitere Bildverwendung verzichten.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich durch eine Fachperson wie insbesondere durch einen qualifizierten Rechtsanwalt beraten und unterstützen lassen.

Mit Massnahmen von Wikipedia gegen Abmahnungen von Wladyslaw Sojka und anderen Wikipedianern ist leider nicht zu rechnen, wie Anwaltwskollege Markus Kompa vor einiger Zeit aufgezeigt hat:

«Trotz durchgehender Niederlagen vor Gericht machen die geschäftstüchtigen Wikipedia-Fotografen einfach weiter. […] Eigentlich hätte man bei einem idealistischen Projekt erwarten können, dass die altruistische Wikipedia-Community solch parasitäre Geschäftemacher längst vor die Tür komplimentiert hätte, denn dieser Missbrauch von vermeintlichem Urheberrecht bringt sowohl Creative Commons als auch die Wikipedia in Verruf. Doch die viel beschworenen Selbstreinigungskräfte der Wikipedia ließen auch die Fotolizenzabzocker bislang ungeschoren. […]»

Bilder: Wikipedia-Gründer Jimmy Wales mit Wikipedia-Logo und Kleingeld (Cartoon) – Pixabay / OpenClipart-Vectors, Public Domain; «Luftbild vom Goetheanum» – Wikimedia Commons / «Taxiarchos228» (Wladyslaw Sojka), CC BY 3.0 (nicht portiert)-Lizenz.

6 Kommentare

  1. Besten Dank für den Interessanten Artikel. Wie beurteilen Sie das Verhalten von Anwälten, die solche Abmahnschreiben versenden, im Hinblick auf die Standesregeln, bzw. das BGFA?

    1. @XY:

      Abmahnungen für mutmassliche Urheberrechtsverletzungen sind grundsätzlich zulässig. Ob eine anwaltliche Abmahnung im Einzelfall das Anwaltsrecht oder die Standesregeln verletzt, müssen im Zweifelsfall die zuständigen Gremien – zum Beispiel die kantonale Aufsichtskommission – entscheiden.

    2. Es ist richtig und wichtig dass Anwälte unvoreingenommen und möglichst objektiv die Interessen eines Klienten wahrnehmen. Wie würden Sie sich fühlen, wenn ihnen Anwälte ganz generell die Unterstützung verweigern und damit die Inanspruchnahme ihrer grundlegenden Rechte, nur weil sie eine andere Meinung hinsichtlich einer Sache pflegen?

  2. Rechtlich ein sehr tiefes Feld mit vielen Feinheiten und entsprechend vielen Möglichkeiten zu streiten.
    Davon sollen Rechtsanwälte auf beiden Seiten ganz gut leben können. ;)

    Aus Sicht eines Fotografen:
    «Bilderklau» verursacht sehr hohe Schäden, Profis entgeht so Jahr dür Jahr ein «Monatsgehalt» und mehr.

    Wer ohne Nutzungsrechte «einkauft» und veröffentlicht, der will erkennbar illegal Geld sparen.
    Das Risiko erwischt zu werden steigt, ist aber noch nicht sehr hoch. Unterm Strich machen die meist professionellen «Diebe» wohl ein sattes Plus, selbst wenn sie im Einzelfall erwischt und darüber hinaus über den Tisch gezogen werden.

    Das allgemeine Mitleid für solche Täter hält sich für den normal denkenden Rechtschaffenen wohl eher in Grenzen.

  3. «Trotz durchgehender Niederlagen vor Gericht» ist sachlich völlig unrichtig. Aber lasst mal die «Robin-Hood-Anwälte», die den Bilderklau heilig sprechen wollen, das ruhig glauben.

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