Vorwurf, ein Rechtsanwalt habe Wahnvorstellungen, ist keine Ehrverletzung

Foto: Schweizerisches Bundesgericht

Wer einem Rechtsanwalt unterstellt, er habe «Wahnvorstellungen», begeht in einem nicht öffentlichen Forderungsprozess keine Ehrverletzung. Zu dieser Erkenntnis führte ein entsprechender Strafantrag wegen Beschimpfung, der vor Bundesgericht endete.

Ein Anwaltskollege hatte gegen den Gegenanwalt und dessen Mandantin Strafantrag gestellt, weil ihm der Anwaltskollege in einer Rechtsschrift «Wahnvorstellungen» unterstellt haben soll. Ausserdem hatte er als Privatkläger die Leistung von Genugtuung gefordert.

Die Staatsanwaltschaft im Kanton Zürich nahm das Strafverfahren nicht an Hand und das Obergericht des Kantons Zürich wies eine dagegen erhobene Beschwerde ab. Auch das Bundesgericht machte kurzen Prozess mit dem betreffenden Anwaltskollegen.

Gemäss Urteil 6B_579/2018 vom 5. Juli 2018 scheiterte der Anwaltskollege bereits an der Berechtigung beziehungsweise Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen:

«Der Beschwerdeführer bringt zu seiner Legitimation vor, er habe am Verfahren teilgenommen. Dies genügt jedoch nicht. Er macht insbesondere nicht geltend, zivilrechtlich gegen die Beanzeigten vorgegangen zu sein oder überhaupt vorgehen zu wollen. Er zeigt auch nicht auf noch ist ersichtlich, dass der behauptete Eingriff in seine Ehre zu einer objektiv und subjektiv derart schweren seelischen Unbill geführt haben soll, dass sich eine Genugtuung rechtfertigen würde. […] Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen […]. Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht.

Und weiter (mit Hervorhebung):

»Die erforderliche Schwere ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus der beanzeigten Straftat. Die inkriminierte Äusserung erfolgte in einem nicht öffentlichen Prozess, sodass etwa ein Ansehensverlust des Beschwerdeführers in der Öffentlichkeit nicht zu befürchten ist. […] Ebenfalls nicht zu hören ist der Einwand, die Äusserung sei deshalb besonders kränkend, weil sie von einem Berufskollegen stamme, was die Vorinstanz nicht prüfe.»

Der Einzelrichter am Bundesgericht trat nicht auf die Beschwerde ein und der Anwaltskollege musste Gerichtskosten von 800 Franken bezahlen.

Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass man als Rechtsanwalt nicht in eigener Sache klagen sollte, wenn man von der Gegenseite angegriffen wird. Heftige Kritik der Gegenseite kann im Gegenteil ein Zeichen dafür sein, dass man das notwendige Engagement zeigt für seine Mandantschaft zeigt. Im Zweifelsfall ist Kritik der Gegenseite im Anwaltshonorar inbegriffen.

(Via Plädoyer.)

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