Netzneutralität und offenes Internet werden Gesetz in der Schweiz

Foto: Lichtsignal mit mehreren Ampeln nebeneinander, die verschiedene Farben zeigen

In der Schweiz wird die Netzneutralität – endlich! – gesetzlich verankert. Am 7. März 2019 stimmte der Ständerat dem neuen Artikel 12e mit dem Titel «Offenes Internet» im revidierten Fernmeldegesetz (FMG) zu.

Die Zustimmung erfolgte, nachdem der Nationalrat auf «totale Netzneutralität» – so der zuständige Kommissionssprecher Claude Janiak bei der Differenzbereinigung im Ständerat – verzichtet und wie vom Ständerat gewünscht «Ausnahmen für die sogenannten Spezialdienste vorgesehen» hatte.

Das revidierte FMG geht aufgrund anderer Differenzen nochmals in den Nationalrat. Da bei der Netzneutralität keine Differenz mehr besteht, sind in dieser Hinsicht keine Änderungen zu erwarten.

Der neue Artikel 12e mit dem Titel «Offenes Internet» lautet wie folgt (Fahne):

  • 1 «Die Anbieterinnen von Zugang zum Internet übertragen Informationen, ohne dabei zwischen Sendern, Empfängern, Inhalten, Diensten, Diensteklassen, Protokollen, Anwendungen, Programmen oder Endgeräten technisch oder wirtschaftlich zu unterscheiden.
  • 2 Sie dürfen Informationen unterschiedlich übertragen, wenn dies erforderlich ist, um:
    1. a. eine gesetzliche Vorschrift oder einen Gerichtsentscheid zu befolgen;
    2. b. die Integrität oder Sicherheit des Netzes, der über dieses Netz erbrachten Dienste oder der angeschlossenen Endgeräte zu gewährleisten;
    3. c. einer ausdrücklichen Aufforderung der Kundin oder des Kunden nachzukommen; oder
    4. d. vorübergehende und aussergewöhnliche Netzwerküberlastungen zu bekämpfen. Dabei sind gleiche Arten von Datenverkehr gleich zu behandeln.
  • 2bis Sie dürfen neben dem Zugang zum Internet über denselben Anschluss andere Dienste anbieten, die für bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste optimiert sein müssen, um die Qualitätsanforderungen der Kundinnen und Kunden zu erfüllen. Die anderen Dienste dürfen nicht als Ersatz für Internetzugangsdienste nutzbar sein oder angeboten werden, und sie dürfen nicht die Qualität der Internetzugangsdienste verschlechtern.
  • 3 Behandeln sie Informationen bei der Übertragung technisch oder wirtschaftlich unterschiedlich, so müssen sie die Kundinnen und Kunden sowie öffentlich darüber informieren. […]»

Die Digitale Gesellschaft kommentiert das Ergebnis wie folgt:

«[…] Nun hat das Parlament einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zugestimmt. Auch wenn das Gesetz im Detail noch hätte strenger sein können, so erhält die Schweiz dennoch eine klar festgeschriebene Netzneutralität. […] Damit erhält die Schweiz eine Regelung für die Netzneutralität, die über die Bestimmungen in der EU hinausgehen. So wird auch Zero-Rating (wirtschaftliche Diskriminierung) klar unzulässig sein. […]»

Das Ergebnis geht massgeblich auf die Mitwirkung der Digitalen Gesellschaft zurück. Sie hatte sich unter anderem in die Arbeitsgruppe «Netzneutralität» beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) eingebracht und Überzeugungsarbeit bei Politikern geleistet.

Ursprünglich hatte Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) mit seiner Motion 12.4212 vom 14. Dezember 2012 (!) die «gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität» in der Schweiz gefordert.

Wichtige Grundlagenarbeit hatte Anwaltskollege Simon Schlauri mit seiner Habilitationsschrift «Network Neutrality – Netzneutralität als neues Regulierungsprinzip des Telekommunikationsrechts» von 2010 geleistet.

Siehe auch: Bericht «Netzneutralität inkl. Spezialdienste» vom 11. Februar 2019 (BAKOM).

Bild: Pixabay / WikimediaImages, Public Domain-ähnlich.

4 Kommentare

  1. Ich habe mich schon gefreut, die Geschwindigkeitsdrosselung zwecks unterschiedlicher Angebote hätte somit ein Ende – bis ich den 3 Abschnitt gelesen habe. Tja..

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