Bundesverwaltungsgericht: Geheimjustiz für den Geheimdienst

Foto: Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht in St.GallenDas Bundesverwaltungsgericht ist Genehmigungs- und Beschwerdeinstanz im Zusammenhang mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG).

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), der schweizerische Geheimdienst, muss sich beispielsweise genehmigen lassen, wenn er Cyberwar führen, Räumlichkeiten durchsuchen oder Staatstrojaner einsetzen möchte. Auch die Internet-Massenüberwachung im Rahmen der Kabelaufklärung ist genehmigungspflichtig.

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in solchen Angelegenheiten als Geheimgericht. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich. Die Entscheide werden nicht veröffentlicht, auch nicht anonymisiert und nachträglich.

Wer aber sind die Richter und Gerichtsschreiber, die solche Entscheidungen treffen?

Auf Nachfrage hin teilte das Bundesverwaltungsgericht nur mit, dass die Genehmigungsverfahren von der «Kammer NDG der Abteilung I» unter Kammerpräsident Jérôme Candrian behandelt werden.

Sicherheitsgründe: Keine Auskunft über weitere Richter sowie Gerichtsschreiber

Im Übrigen verweigerte das Bundesverwaltungsgericht aus Sicherheitsgründen die Auskunft:

«[…] Aus Gründen der Sicherheit unserer Mitarbeitenden können wir Ihnen keine Auskünfte über die weiteren mitwirkenden Richterinnen und Richter sowie Gerichtsschreibenden erteilen, ausser, dass es sich um Personen handelt, welche auch in anderen Abteilungen (nicht nur in der Abteilung I) des Gerichts tätig sind.»

Auch zur Frage, wie viele Verfahren im Zusammenhang mit dem NDG erledigt wurden sowie zum heutigen Zeitpunkt offen sind, verweigerte das Bundesverwaltunggericht «aufgrund der Sensitivität der Materie» die Auskunft:

«Die gerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen […] und der Genehmigung von Kabelaufträgen […] findet aufgrund der Sensitivität der Materie keinen Eingang in den öffentlichen Geschäftsbericht des BVGer. Vielmehr erfolgt ein jährlicher Tätigkeitsbericht ausschliesslich an die Geschäftsprüfungsdelegation […]. Wir können Ihnen daher keine Auskunft über die hängigen sowie erledigten Verfahren erteilen.»

Kabelaufklärung: Keine Auskunft sowie Verweis auf Geheimdienst

Im Zusammenhang mit der Kabelaufklärung sei, so das Gericht, «noch kein Beschwerdeverfahren anhängig gemacht» geworden. Im Übrigen verweist das Gericht auf den geheimdienstlichen Lagebericht:

«Betreffend die Anzahl genehmigter Beschaffungsmassnahmen und Kabelaufträgen im Jahre 2018 können wir Sie aber auf den öffentlich zugänglichen Lagebericht 2018 des NDB […] hinweisen.»

Im Lagebericht 2018 findet sich allerdings bloss der Hinweis, bis Ende 2017 seien noch keine Aufträge für die Kabelaufklärung gestellt worden. Im Lagebericht 2019 wird für 2018 ein Kabelaufklärungsauftrag erwähnt. Allerdings könnte ein solcher Auftrag grundsätzlich alle Internet-Verbindungen zwischen der Schweiz und dem Ausland sowie tausende von Kategorien von Suchbegriffen umfassen.

Im Lagebericht 2018 heisst es weiter, dass 2017 insgesamt 40 genehmigungspflichtige Massanhmen durchgeführt worden seien. Um welche Art von Massnahmen es sich handelte, ist geheim. Dito für 2018, wofür der Lagebericht 2019 bereits 193 genehmigungspflichtige Massnahmen nennt.)

Foto: Wikimedia Commons / Bundesverwaltungsgericht, «Sitz des Schweizerischen Bundesverwaltungsgericht in St.Gallen», CC BY-SA 3.0 (nicht portiert)-Lizenz.

Ein Kommentar

  1. Wir brauchen keine gläsernen Bürger, sondern einen gläsernen Staat ohne Korruption. Die Justiz ist mit einem Geheimgericht wie es die USA mit dem geheimen FISA Gericht seit 9/11 haben auf Abwegen. Die Snowden Enthüllungen sollten uns die Augen öffnen und nicht als Vorbild für einen Unrechtsstaats dienen. Die Schweiz entfernt sich immer mehr von einem Rechtsstaat der die Grundrechte der Bürger schützt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.