Anwaltsporträt: Robert Treadwell und das Attentat von Kloten

Foto: Boeing 720 der Fluggesellschaft El Al, die in das Attentat von Kloten (1969) verwickelt warRechtsanwälte im Porträt, meine Sammlung von Anwaltskollegen, die lesenswert in den Medien porträtiert werden, zählt einen neuen Eintrag:

Robert Treadwell, der inzwischen 90-jährige Anwaltskollege, der 1969 die Attentäter vom Flughafen Zürich-Kloten verteidigte, wurde in der neuen Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) von Marcel Gyr porträtiert.

Einige Zitate aus dem Porträt:

«Vor exakt fünfzig Jahren wurde die Schweiz unfreiwillig auf die Weltbühne katapultiert: Als erstes westliches Land führte sie ein Strafverfahren gegen palästinensische Terroristen durch. Der Zürcher Rechtsanwalt Robert Treadwell war Anwalt der Attentäter von Kloten. Erstmals gibt er Einblick in den turbulenten Sommer 1969.»

Und:

«Am 18. Februar 1969 hatten drei Araber und eine Araberin, wie sie in der damaligen Berichterstattung bezeichnet wurden, auf dem Flughafen Zürich eine Maschine der israelischen Fluggesellschaft [El Al] beschossen. […] Für das Mandat […] war Treadwell angefragt worden. Dank seinen Sprachkenntnissen und seiner militärischen Führungserfahrung als Generalstabsoffizier traute man dem Nachfahren amerikanischer Einwanderer zu, im zu erwartenden ‹Hexenkessel› zu bestehen. Das Mandat sollte dem erfahrenen Strafrechtler viel Unbill einbringen. […] Die Stimmung in der Bevölkerung sei aufgeladen gewesen, erinnert sich Treadwell, der Nahostkonflikt sei unvermittelt über die Schweiz hereingebrochen. ‹Die Sympathien lagen mehrheitlich bei den Israeli, für viele war es absolut unverständlich, ‹solche Mörder› zu verteidigen.›»

Und:

«[…] In der sowieso schon aufgeheizten Stimmung goss der damalige Justizdirektor des Kantons Zürich, Arthur Bachmann, weiteres Öl ins Feuer. In einem Radiointerview diffamierte er die Verteidigung. […] Das liess sich Treadwell nicht gefallen. Ein letztes Mal besuchte er im Gefängnis Amena Dahbor, die einzige der drei Angeklagten, mit der er sich ohne Dolmetscher auf Englisch unterhalten konnte. Als sie sich einverstanden erklärte, legte er das Mandat im September 1969 nieder, noch vor dem Prozess am Geschworenengericht.

Die Gerichtsverhandlung verfolgte Treadwell nur noch aus den Medien. Wegen vorsätzlicher Tötung wurden seine drei ehemaligen Mandanten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Dass sie nicht lange im Gefängnis bleiben würden, lag für Treadwell in der Luft. Es habe ihn jedenfalls nicht überrascht, als Amena Dahbor und ihre zwei Kampfgenossen im September 1970 mit der Entführung einer Swissair-Maschine nach Zerqa freigepresst wurden. […]

Noch Jahre später erhielt Treadwell jeweils um die Weihnachtszeit Grusskarten von seinen früheren Klienten aus Palästina. Und die umfangreichen Akten, die bewahrt er bis heute in einem Wandschrank auf, in seinem Büro in der alten Schmiede auf der Forch, wo er noch immer täglich anzutreffen ist.»

Das Porträt zählt zur verdienstvollen Serie von Marcel Gyr zur Aufarbeitung der «Schweizer Terrorjahre».

Siehe auch:

Bild: Wikimedia Commons / Christian Volpati, GNU-FDL 1.2.

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