Crowdfunding: Prozessfinanzierung mit Tücken

Foto: 1'000 Franken-Noten (Schweizer Franken)

Wer glaubt Recht zu haben, muss im Streitfall über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen, um den Rechtsweg beschreiten zu können.

Klägerinnen und Kläger müssen sich erst einmal die eigenen Anwaltskosten und den üblicherweise zu bezahlenden Gerichtskostenvorschuss leisten können. Wer im Ergebnis nicht obsiegt, muss die Gerichtskosten tragen und der Gegenpartei einen Teil ihrer Anwaltskosten als Parteientschädigung bezahlen. Wer hingegen obsiegt, kann bei der Gegenpartei die Gerichtskosten und eine Parteientschädigung für einen Teil der eigenen Anwaltskosten einfordern.

Wer klagt, trägt in jedem Fall ein erhebliches finanzielles Risiko. Auch in aussichtsreichen Fällen besteht immer die Gefahr, in einem Gerichtsverfahren zumindest teilweise zu unterliegen. In der Schweiz kommt es vor Gericht deshalb häufig zu einem – meist vertraulichen – Vergleich, das heisst die Parteien vereinbaren eine einvernehmliche Klärung.

Crowdfunding: Prozessfinanzierung mit Spenden

Eine Möglichkeit, sich die erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaffen, ist ein Crowdfunding. Ein Beispiel dafür ist die #TeamJolanda-Kampagne im Verfahren von NetzCourage-Gründerin Jolanda Spiess-Hegglin gegen «Blick» und «Ringier».

Auch für ein Crowdfunding entschieden hat sich die deutsche «linke Hure» Klara Johanna Lakomy alias Salomé Balthus. Sie geht gegen die «Weltwoche» wegen Persönlichkeitsverletzung vor. Gefordert werden die Löschung eines umstrittenen Artikels, eine Entschuldigung und die Herausgabe von Gewinn.

Auf der französischen Crowdfunding-Plattform «leetchi» schreibt Balthus unter dem Titel «Linke Hure gegen rechte Zeitung – Salomé Balthus gegen Roger Köppel» unter anderem:

«Unzählige rieten mir zu juristischen Schritten. Also ging ich zu einem Anwalt. Er fordert einen Vergleich, den die WELTWOCHE bislang ablehnt.

Vermutlich wird die WELTWOCHE bei der Vergleichsverhandlung am 20. Februar in Zürich weiterhin mauern und darauf spekulieren, dass eine einzelne junge Frau nicht in der Lage ist, ein nationales Leitmedium zu verklagen – auch wegen der horrenden Prozesskosten.

Wenn der Vergleich am 20. Februar nicht zustande kommt, habe ich einen Monat Zeit, die Klage einzureichen – dies kann ich tun, wenn ich die Prozesskosten in Höhe von rund 15.000 CHF aufbringe. Bitte helft mir mit eurer Spende! Jeder Beitrag ist willkommen. […]»

Vorsicht: Verbotenes Crowdfunding mit «leetchi»?

Allerdings gibt es ein Problem, denn ein solches Crowdfunding ist bei «leechi» nicht zulässig, wie «Weltwoche»-Journalist Florian Schwab schreibt.

Die einschlägige Ziffer 27.1 «Untersagte Aktivitäten» in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von «leechi» lautet wie folgt:

«Des Weiteren ist es ausdrücklich untersagt, die Dienstleistungen der Website zu verwenden, […] um Bußgelder, Gebühren oder Schadensersatz im Rahme [sic!] einer Gerichtsentscheidung zu finanzieren.»

Die Ausnahme, welche die AGB für «Sammelkassen zur Beteiligung an Verteidigungskosten einer Person» vorsehen, dürfte vorliegend nicht einschlägig sein. Balthus sammelt Spenden für eine zivilrechtliche Klage und nicht für eine Strafverteidigung.

Die «Weltwoche» könnte versuchen, das Crowdfunding mit einer Meldung an «leetchi» zu sabotieren.

Wie könnte es im Verfahren gegen die «Weltwoche» weitergehen?

Ohne Vergleich beim Friedensrichter müsste Balthus klagen. Bislang wurden rund 6’500 Franken gesammelt.

Unklar ist, woher die erwähnte Frist von einem Monat kommt. Nach einer gescheiterten Schlichtungsverhandlung beim Friedensrichter beträgt die Frist für die Einreichung einer Klage grundsätzlich drei Monate (Art. 209 Abs. 3 ZPO).

Unklar ist auch, wieso Balthus als Deutsche nicht in Deutschland klagt. Für die «Weltwoche» wäre ein Verfahren in Deutschland mit wesentlich mehr Aufwand verbunden und es gibt deutsche Gerichte, die in Verfahren gegen Medien als klägerfreundlich gelten.

Sollte die Schlichtungsverhandlung scheitern, wäre für die «Weltwoche» eine naheliegende Strategie, den umstrittenen Artikel zu löschen, bevor Klage erhoben wird. Danach blieben Balthus nur noch die anspruchsvollen Rechtsbegehren auf Entschuldigung und Gewinnherausgabe.

Siehe auch: Christopher Lauer redet mit Salomé Balthus über Sexarbeit («Lauer informiert»-Podcast); Und bist du nicht willig, so bezahl ich dich halt (Das Lamm).

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.