Wer im Internet Bilder der Agentur Keystone-SDA verwendet, ohne dazu berechtigt zu sein, muss mit einer Abmahnung der PicRights Austria GmbH rechnen.
PicRights bezeichnet eine solche Abmahnung als «Anfrage zum Nachweis einer gültigen Bildlizenz für Keystone-SDA». In entsprechenden Briefen und E-Mails schreibt PicRights, man habe festgestellt, dass Bildmaterial unerlaubt genutzt werde. Man handle im Namen von Keystone-SDA, um eine «angemessene Entschädigung zu erlangen».
PicRights Austria verweist in den Abmahnungen jeweils auf die eigene resolve.picrights.com-Website, wo das Bildmaterial, dessen Nutzung angeblich eine Urheberrechtsverletzung darstellt, präsentiert wird. Bilder in PDF-Dateien werden ebenfalls erfasst. Die Website ist in zahlreichen Sprachen verfügbar und wird von der schweizerischen PicRights Europe GmbH betrieben.
PicRights: Massenabmahnungen mit pauschalen Forderungen
An erster Stelle auf der einzelnen PicRights-Webseite, wo die behauptete Urheberrechtsverletzung dokumentiert wird, findet sich die Möglichkeit, eine «Zahlung» zu leisten. Die Forderung beträgt normalerweise 300 Franken pro Bild.
Als Zahlungsdienst wird PayPal verwendet, wodurch auch mittels Kreditkarte bezahlt werden kann. Die Zahlungen gehen an die PicRights Europe GmbH in der Schweiz.
Die Abmahnungen von PicRights sind allgemein gehalten und werden nicht substantiiert. Angaben zum Einzelfall fehlen. So behauptet PicRights beispielsweise ohne weitere Begründung, Keystone-SDA sei «der Urheberrechtsinhaber bzw. der autorisierte Lizenzgeber für das fragliche Bildmaterial.»
Dazu passt die immer gleiche «Bestätigung der Rechteinhaberschaft (Rights Holdership)», die von Rainer Kupper, dem Chief Marketing Officer von Keystone-SDA, unterzeichnet ist. Allerdings ist Kupper gemäss Eintrag der KEYSTONE-SDA-ATS AG im Handelsregister gar nicht berechtigt, einzeln zu zeichnen. Das Gleiche gilt für die knapp gehaltene Vollmacht zu Gunsten von PicRights.
Die Bestätigung und die Vollmacht finden sich versteckt im Abschnitt «Haben Sie Fragen?» auf der pro Fall verlinkten einzelnen PicRights-Webseite. Am gleichen Ort finden sich eine «Vergleichs- und Verzichtserklärung» sowie eine Zahlungsaufforderung. Die versteckte Veröffentlichung zeigt, dass Keystone-SDA nicht an diesen Formalitäten interessiert ist.
Entschädigung: Zahlen, ohne Forderungen zu prüfen?
Keystone-SDA setzt sichtbar darauf, dass der vergleichbare geringe geforderte Betrag von normalerweise 300 Franken pro Bild dazu führt, dass viele Abgemahnte ohne weiteres eine Zahlung leisten.
Abgemahnte sollen – so das mutmassliche Ziel von PicRights – die Forderungen von Keystone-SDA nicht prüfen, sondern als scheinbar kleineres Übel direkt online bezahlen. 300 Franken können sich viele Abgemahnte in der Schweiz problemlos leisten.
Wer sich mit den Abmahnungen von Keystone-SDA befasst, stellt fest, dass sie fast immer angreifbar sind und dadurch abgewehrt werden können. Einerseits fehlt es an grundlegenden Angaben zu den gestellten Forderungen. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit für Fehler bei solchen Massabmahnungen, die automatisch erstellt und verschickt werden, hoch.
Wer Keystone-SDA und PicRights nicht Geld bezahlen möchte, das allenfalls gar nicht geschuldet ist, sollte prüfen (lassen), ob die Abwehr einer solchen Abmahnung möglich ist.
In rechtlicher Hinsicht stellt nicht jede Nutzung von Bildern, an denen Keystone-SDA die Rechte behauptet, eine Urheberrechtsverletzung dar, wenn keine Lizenz vorliegt.
Das Urheberrecht kennt beispielsweise zahlreiche Schranken, die eine Nutzung auch ohne Lizenz erlauben, und für die meisten Bilder ist eine Forderung von 300 Franken nicht angemessen.
Frühere Abmahnungen von Keystone-SDA erfolgten durch die Anwaltskollegen von Meili Pfortmüller. Weitere Kundinnen von PicRights sind die Agentur AFP Agence France-Presse sowie PhotoCuisine, Science Photo Library und StockFood.
Hintergrund: Fusionierte Bild- und Nachrichten-Agentur mit österreichischer Beteiligung
Keystone-SDA ist die «nationale Nachrichtenagentur der Schweiz» mit Sitz in Bern, wie man in der deutschsprachigen Wikipedia nachlesen kann.
2018 übernahm die damalige Schweizerische Depeschenagentur (sda beziehungsweise SDA) die Bildagentur Keystone und nennt sich seither Keystone-SDA. Grösste Aktionärin von Keystone-SDA ist die österreichische Nachrichtenagentur APA, was allenfalls erklärt, wieso die Abmahnungen über die PicRights Austria GmbH erfolgen. Weitere Eigentümer sind die Medienkonzerne Neue Zürcher Zeitung (NZZ), Ringier und Tamedia (neuerdings TX Group).
Keystone-SDA wird vom Bund subventioniert, in diesem Jahr unter anderen mit bis zu 10 Millionen Franken aufgrund der COVID-19-Pandemie. Der neue Direktor des Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), Bernard Maissen, blickt auf 25 Jahre Tätigkeit bei der SDA zurück.
Sehr geehrter Herr Steiger
Wir haben die oben erwähnte Aufforderung erhalten Fr. 450.- für ein Bild vom 1. August zu bezahlen. Es war für uns nicht ersichtlich, dass Lizenzgebühren anfallen, da es ein Bild ist, welches gemäss Google von einigen verwendet wurde, wird.
Ist eine Bearbeitung ihrerseits mit Kosten verbunden? Wenn ja, bitten wir Sie um kurze Info.
MfG, Fritz Züger
@Fritz Züger:
Ja.
Habe exakt den gleichen Fall wie Herr Züger.
Wäre froh um eine Unterstützung.
Freundliche Grüsse
EA
Wir haben ebenfalls den exakt gleichen Fall ! Wie ist es bei Ihnen abgelaufe ?
Sehr geehrter Herr Steiger,
Zuerst einmal besten Dank , für diese ‹Podiums-Plattform›!
In meinem Fall geht es um zwei Fotos (ich bin Einzelunternehmer), die selber sehr einfach und frei von einer Einzelperson ohne Zutun anderer zu realisieren sind. Die Fotos waren – davon gehe ich aus – nicht mit COPYRIGHT oder ähnlichem Infos zur Urheberschaft gekennzeichnet. Ich kenne mich mit Fotos ein bisschen aus. Für mich sind die Fotos je CHF 10 Franken wert. Es könnte sich dabei um Fotos handeln, die von Schülern/Schülerinnen im Rahmen einer Schularbeit ‹angefertigt› haben. Was halten Sie von dieser Rechnungsaufstellung/Foderung (vereinfacht dargestellt):
je Bild!
– Nutzung: CHF 400.00
– Fehlender Bildnachweis CHF 200.00
– Unrechtmässige Nutzung CHF 400.00
– SUMME (je BIld): CHF 1’000.00
CHF 1’000.00 für digitale Bilder, die unbegrenzt im Umlauf gesetzt werden können, die kein schöpferisches Werk darstellen und über keinerlei Exklusivität verfügen? Ist das nicht ‹Wucher› und unverhältnismässig? Soviel kosten nicht einmal Originale namhafter Künstler/-innen. Oder etwa nicht? Strassenpassanten würde – denke ich – für diese KEYSTONE-Fotos keinen Franken bezahlen.
Handelt KEYSTONE monopolistisch?
Schützt KEYSTONE und/oder deren Kunden/Kundinnen fahrlässig oder absichtlich ihre Bilder zu wenig?
Arbeitet KEYSTONE systematisch mit in- und ausländischen Anwaltskanzleien und andere juristischen Privaten/Institutionen in Sachen ‹Bildrecht-Einforderung› zusammen, dass man davon ausgehen kann, dass dieser ‹Geschäftsbereich› zum ordentlichen Geschäftsgebaren gehört?
Sehen Sie intakte Chancen die (Preis-)Empfehlungsstruktur en des SAB, der wohl noch aus dem viel kostenintensiveren Analog-Foto-Zeitalter stammt,- ins digitale Zeitalter (sehr viel mehr Fotos, viel tiefere Kosten) überzuführen, und zwar so, dass er klar nach unten angepasst wird.
Allenfalls ein Fall für die WEKO (Wettbewerbskommission). Hier scheint ja überhaupt kein Wettbewerb zu spielen? Was ist das denn? Die geforderten Bildpreise sind starr und weltfremd (müssten wenn schon ganz/einigermassen spezifisch ermittelt werden im Forderungsfall).
Vielen Dank für Ihre Überlegungen dazu – für mich und alle Interessierten Personen und Klein(st)unternehmer/-innen.
Mit freundlichen Grüssen
, -SAB-kanneeinforderung zusammen
ng und auch keine Drittpersonen edarin mit folgenden Informationen zu den Bildern: einfaches Fotohandwerk digital , Objektfotografie, 1 Foto zeigt das
Identischer Fall bei mir. Ich bin mir sicher, dass ich kein Bild mit Copyright verwendet habe. Darauf achte ich sehr! Auch ist es kein qualitativ hochstehendes Bild.
Wäre das ein Fall für den Kassensturz?
@Helen Burri:
In der Schweiz ist es erst einmal zulässig, gewisse Behauptungen aufzustellen und gewisse Forderungen zu stellen. Wenn die Behauptungen falsch und die Forderungen unberechtigt sind, kann man sich umgekehrt genauso dagegen zur Wehr setzen oder sich gar für das Risiko entscheiden, die Forderungen zu ignorieren.
Die Schweiz, Heimat der Abmahnbude von Alfred P. Höfinger, hat sich moralisch seit dem zweiten Weltkrieg nicht weiterentwickelt, wenn so ein gewerbsmäßiger Betrug wie von Picrights weiterhin möglich ist.
Pauschales abmahnem, zu unrecht aufgestellte Behauptungen…das ist ekelhaft.
@Janis Oof:
Wer ist / war Alfred P. Höfinger?
We had a subpage copied to our ftp folders linking on the copyrighted material and later got the letter from this company claiming for 250€ and sending a printscreen of this subpage with images. So our page was hacked and this content uploaded and later claimed this shows to me all marks of scam and illegal activities probabyl linking to this company. Is this one of their practics to request money by hacking pages and putting their content on them? Any such experience anyone? We started investigation through police.
Sehr geehrter Herr Steiger!
Auch wir – kleine Schweizer Hilfsorganisation – erhielten für ein Foto, das wir in einem Jahresbericht vor 11 Jahren verwendeten, von PicRights eine Abmahnung, Die Forderung beträgt Fr. 360.-. Das Foto luden wir damals von Slideshare herunter, das war 2011 ohne Kosten möglich. Es gab keine Hinweise auf irgendeine Lizenz. Wir sind nun verunsichert: Gibt es eine Möglichkeit festzustellen, ob das Foto überhaupt lizenzpflichtig ist? Diese Firma scheint uns etwas obskur – und ihr Geschäftsmodell fragwürdig? Die Bezahlung soll auch zügig erfolgen. Aus einem Artikel von SRF (13.04.2021: «Abmahnung der Bildagentur: Bobfahrerin soll 600 Franken bezahlen») erfuhren wir, dass eine rückwirkende Forderung vor der Zeit der Gesetzesänderung für ein Bild – sofern es nicht geschützt war – nicht möglich ist. Aber eben: Wie wissen wir, ob es tatsächlich geschützt ist? Nur aufgrund der Angaben von PicRights? Zudem verweist PicRights auf eine veraltete Version der Website, das Foto erscheint allerdings auch im aufgeschalteten Jahresbericht (allerdings jetzt gelöscht) der neuen Website-Version. Oder sollen wir doch einfach bezahlen? Herzlichen Dank für einen Tipp!
@Jacaueline:
Leider ist eine pauschale Empfehlung nicht sinnvoll möglich. Bei einer Forderung von 360 Franken lohnt sich eine Überprüfung der Abmahnung finanziell gesehen leider nicht. Aber genauso lohnt sich eine Durchsetzung der Forderung für PicRights finanziell gesehen nicht …
Herzlichen Dank für Ihre rasche Antwort! Ja, PicRights weiss wohl genau, dass sich eine Überprüfung bei einem Betrag von 360 Franken nicht lohnt und die Allermeisten deshalb stillschweigend bezahlen, um weiteren Ärger abzuwenden. Für unsere kleine Hilfsorganisation ist diese Forderung aber nicht unbedeutend. Wir werden uns jetzt mit PicRights in Verbindung setzen und hoffen aufgrund des Charakters der Organistion auf Kulanz, zumal die Höhe des Geldbetrages willkürlich erscheint. Vielleicht können wir uns auf einen kleineren Betrag einigen – ein Versuch ist es wert.
Sehr geehrter Herr Steiger
Ich habe Sie bereits wegen einer Abmahnung durch PicRights angefragt – ich danke Ihnen nochmals für Ihre Antwort. In der Zwischenzeit habe ich mich weiter informiert, zumal ich eine Website betreue mit u.a. eigenen Artikeln, die durch das eine oder andere Foto illustriert werden. Unter anderem ein Foto eines Gemäldes von Dante Alighieri, das Gemälde entstand im 16. Jahrhundert. Es soll einen Artikel zu Dante Alighieri illustrieren. Nun habe ich feststellen müssen, dass Getty Images wohl für das Foto dieses Gemäldes je nach Verwendungszweck Fr. 150 bis 500 verlangt. Ich empfinde das als völlig absurd. Kann sich jetzt jeder eine Kamera besorgen, die Mona Lisa fotografieren und dafür Geld verlangen? Wenn das tatsächlich so ist, dann hat dieses neue Urheberechtsgesetz Tür und Tor geöffnet für geldgierige Fotografen – und findige, ebenso geldgierige Möchte-gern-Fotografen.
@Jaqueline:
Eine solche Preisgestaltung erscheint tatsächlich absurd. Werden solche Bilder zu solchen Preisen tatsächlich lizenziert?
Die Mona Lisa hängt im Louvre in Paris. Das Fotografieren im Louvre ist verboten oder mindestens erheblich eingeschränkt. Ich gehe davon aus, dass Bilder aus dem Louvre – sofern und soweit sie möglich sind – grundsätzlich nicht kommerziell verwertet werden dürfen.
Eigene Fotografien darf man kommerziell verwerten. Die Frage ist jeweils, ob es einen Markt gibt. Bei Preisen wie jenen von Getty Images, die Sie erwähnen, ist davon auszugehen, dass der Markt sehr klein ist oder gar nicht existiert.
Herzlichen Dank für Ihre erneute Antwort, sehr geehrter Herr Steiger!
Das Beispiel mit der Mona Lisa war nur ein sehr überspitzt gewähltes, mir ging es um die Frage: Darf ein Gemälde, das vor hunderten von Jahren entstanden ist (vielleicht auch noch von einem unbekannten Maler) «zum Abschuss freigegeben» und vermarktet werden, nur weil ein Fotograf auf den Auslöserknopf gedrückt hat? Vielleicht sollte ich ausfindig machen, wo jenes Gemälde von Dante Alighieri hängt, vielleicht ist auch dort das Fotografieren gar nicht erlaubt und wüsste ich davon, könnte ich mich ja der Hehlerei strafbar machen, würde ich eine Lizenz dafür kaufen… (wiederum zynisch gemeint). Es wird immer absurder. Hier noch der Link zu Getty Images zum Bild von Dante Alighieri (Getty Images vermarktet weitere ähnliche «Foto-Bilder» von Dante): https://www.gettyimages.ch/detail/nachrichtenfoto/dante-alighieri-italian-poet-who-wrote-the-divina-nachrichtenfoto/53313232?adppopup=true
@Jacqueline:
Ja.