Haben Sie gewusst, dass es ein «Recht auf Abschalten» gibt?

Foto: Roter «Push OFF»-Knopf und grüner «Push ON»-Knopf

Mit Motion 19.4156 fordert Nationalrat Mathias Reynard (SP) ein gesetzliches «Recht auf Abschalten». Was hat es damit auf sich und wieso beantragt der Bundesrat die Ablehnung der Motion?

Reynard fordert, dass Arbeitgeber in der Schweiz gesetzlich verpflichtet werden sollen, die «Verwendung der digitalen Medien durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausserhalb der wöchentlichen Arbeitszeit zu beschränken».

Reynard verweist unter anderem auf eine Studie, die 2015 in Frankreich durchgeführt worden sei. Die Studie habe gezeigt, dass «71 Prozent der Führungskräfte ihre E-Mails ausserhalb der Arbeitszeit lesen und dass 76 Prozent von ihnen der Ansicht sind, die digitalen Medien hätten einen negativen Effekt auf ihr Privatleben.»

«Eine Regelung, in der für alle Angestellten, ungeachtet ihrer Funktion, ein Recht auf Abschalten verankert wird, ist […] unumgänglich.»

Nationalrat Mathias Reynard

Auch, so Reynard weiter, hätten verschiedene Konzerne «die E-Mails gewisser Angestellter zwischen 18.15 Uhr und 7.00 Uhr blockiert» oder ähnliche Massnahmen getroffen.

2017 hatte Nationalrätin Lisa Mazzone (Grüne) die vergleichbare Motion 17.3201 eingereicht. Damals hatte der Bundesrat auf die bestehende Regelung im Arbeitsgesetz (ArG) verwiesen.

Reynard sieht dennoch eine «Lücke im Schweizer Recht», weil das ArG nicht «alle Angestellten, ungeachtet ihrer Funktion» umfasst. Ein gesetzliches «Recht auf Abschalten» sei deshalb «unumgänglich».

Der Bundesrat beantragt die Motion zur Ablehnung, denn es gebe bereits ein «Recht auf Abschalten» im schweizerischen Recht:

«Das Recht auf Abschalten leitet sich aus den Bestimmungen zur Arbeitszeit und zur Freizeit ab. Während der Arbeitszeit haben sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten und müssen gegebenenfalls erreichbar sein. Ausserhalb der Arbeitszeit sind sie dagegen rechtlich nicht dazu verpflichtet, per E-Mail oder Telefon auf berufliche Anfragen zu reagieren.»

Und:

«Das Recht auf Abschalten der Kommunikationsgeräte ergibt sich folglich bereits aus dem geltenden Recht zur Arbeitszeit und muss nicht mit besonderen Gesetzesbestimmungen geregelt werden. Es ist auch in den Unternehmen gemäss ihrer Organisation und den spezifischen Anforderungen des Berufs und der Funktion der betroffenen Arbeitnehmenden umzusetzen.»

Ausserdem widersprach der Bundesrat der Aussage, in Belgien und Frankreich gäbe es ein «Recht auf Abschalten»:

«Auch die Gesetzgebung in Frankreich und in Belgien umfasst kein Recht auf Abschalten der Kommunikationsgeräte; dagegen besteht eine Pflicht, über diesen Punkt auf Stufe des Unternehmens zu verhandeln […]. Auch das französische Kassationsgericht hat kein solches Recht eingeführt. Gemäss dem Gericht gilt die Zeit, in der man erreichbar sein muss, aber als Arbeitszeit und muss als Bereitschaftsdienst […] entlöhnt werden; dieser entspricht im Schweizer Recht dem Pikettdienst oder dem Bereitschaftsdienst bei Arbeit auf Abruf.»

Bild: Pixabay / Bru-nO, Public Domain-ähnlich.

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