Der italienische Hobby-Fotograf Alessio Andreani liess von einem schweizerischen Website-Betreiber für die Verwendung eines nicht weiter auffälligen Ferienbildes, das Heissluftballone zeigt, den Betrag von EUR 22’015.92 fordern. Der Abgemahnte wehrte sich mit unserer Unterstützung vor Gericht.
Im Ergebnis schrumpften die Forderungen auf EUR 1’113.05 zuzüglich Zinsen, das heisst um rund 95 Prozent!
Mit Anwaltskosten – die Abmahnung war vom bekannten Abmahnanwalt Robert Fechner («Fechner Legal») verschickt worden – hatten die Forderungen sogar EUR 23’693.23 betragen.
Mit einer negativen Feststellungsklage ging der abgemahnte Schweizer in Deutschland erfolgreich gegen die hohen Geldforderungen vor.
In der Folge reduzierte das Landgericht Köln mit Urteil 14 O 167/20 vom 20. Mai 2021 nicht nur die Forderungen von Andreani auf die erwähnten EUR 1’113.05, sondern verpflichtete Andreani, die Anwaltskosten des Abgemahnten sowie die Gerichtskosten zu bezahlen. Dazu kommen für Andreani die eigenen Anwaltskosten.
Sofern Andreani die verschiedenen Kosten tatsächlich selbst bezahlen muss, endete die Angelegenheit für ihn allein schon aufgrund der Anwaltskosten von EUR 1’314.50 zuzüglich Zinsen, die er dem Abgemahnten bezahlen muss, im finanziellen Minus.
Alessio Andreani stolperte unter anderem über seine eigene, online veröffentlichte Preisliste:
«Der Beklagte hat eine – vom Kläger mit Nichtwissen bestrittene – tatsächliche Lizenzpraxis nach dieser Preisliste weder vorgetragen, noch bewiesen. Der bloße Verweis auf die Veröffentlichung einer Preisliste genügt dafür nicht. Insoweit hätte der Beklagte Rechnungen oder andere Nachweise der tatsächlich erfolgten Abrechnung nach dieser Preisliste vortragen und ggf. beweisen müssen.»
Gemäss dieser Preisliste glaubt Andreani, jedes seiner Bilder sei für die Verwendung auf der Homepage einer Website für jeweils 6 Monate den Betrag von EUR 1’700.00 wert.
Bei einem Wirtschaftsstudenten, der nach eigenen Angaben «no formal training in photography» hat, kollidiert dieser behauptete Marktwert offensichtlich mit der Realität, gerade auch bei einem gängigen Ballon-Bild aus den Ferien in der Türkei.
(Via Anwaltskollege Markus Kompa.)
Bild: Pixabay / Nicolae_Balt, Pixabay-Lizenz.
Für mich stellt sich die Frage, ob und auf welcher Rechtsgrundlage eine Abmahnung aus Deutschland an einen Websitebetreiber in der Schweiz überhaupt rechtswirksam ist.
@L. D.:
Das ist meines Erachtens die falsche Frage: Auch nach Schweizer Recht darf man eine mutmassliche Rechtsverletzung abmahnen und eine einvernehmliche Klärung vorschlagen. Die wesentlichen Unterschiede zu Deutschland bestehen beim (häufigen) Anspruch auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und bei der (manchmal) geschuldeten Parteientschädigung. Wenn es hart auf hart kommt, wird ein deutscher Abmahner in Deutschland vor Gericht gehen und dort nach deutschem Recht argumentieren.