Genügend freie Impftermine: Kein Strafverfahren gegen Arzt wegen Attesten für «Risikogruppen»

Foto: Linker Oberarm mit Pflaster nach Impfung

Im Frühjahr 2021 konnten sich nur sogenannte Risikogruppen gegen COVID-19 impfen lassen, wofür ein Attest benötigt wurde. A., ein bekannter Arzt und Politiker, hatte in den Medien erklärt, er unterschreibe alle Atteste dem Frieden zuliebe.

Machte sich der Arzt damit strafbar, insbesondere wegen Urkundenfälschung oder wegen falschem ärztlichem Zeugnis?

Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl nahm eine Strafanzeige mit Verweis auf die Aussagen in den Medien nicht an Hand. Die Nichtanhandnahme wird insbesondere verfügt, wenn feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO).

Die Begründung ist bemerkenswert, denn sie lautet unter anderem wie folgt:

«[Es wäre] widersinnig bzw. kontraproduktiv […], impfbereite Bürger wegzuschicken und auf später zu vertrösten, solange im Kanton Zürich noch 18’000 freie Impftermine (Stand 7. April 2021, https://www.20min.ch/story/hier-sind-bis-zu-4000-impfungen-pro-tag-moeglich-813101555213) zur Verfügung stehen.»

Die übrige Begründung lautet wie folgt:

«Vorliegend bestehen aufgrund der beiden Zeitungsartikel keine zureichenden tatsächlichen und konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich A. strafbar ge­macht haben könnte. A. liess einzig verlauten, dass er Atteste für Patienten ausgestellt habe bzw. ausstelle, welche nicht zu einer Risikogruppe gehören würden. Hinweise dafür, dass diese Atteste unwahre Angaben enthalten könnten, liegen keine vor. In guten Treuen sind die Angaben von A. vielmehr dahingehend zu ver­stehen, dass dieser beispielsweise wahrheitsgemäss attestiert haben könnte bzw. at­testieren würde, dass sich ein Patient wegen der Krankheit X bei ihm in Behandlung befinde. Dass (gemäss Zeitungsartikel) in den Impfzentren offenbar die Atteste nicht mehr überprüft werden – d.h. nicht kontrolliert wird, ob die attestierte Krankheit X über­haupt zu einer prioritären Covid-19-Impfung berechtigt -, ist Sache, der Impfzentren bzw. der Gesundheitsdirektion und kann A. nicht zum Vorwurf gemacht wer­den.»

Ärzte und Impflinge können aus der Nichtanhandnahmeverfügung schliessen, dass sie sich mit dem Versuch, vorzeitig eine Impfung zu ermöglichen oder zu erhalten, nicht strafbar machen, sofern es genügend freie Impftermine gibt. Mit ihrer Impfbereitschaft leisten sie im Gegenteil einen produktiven Beitrag, damit verfügbare Termine nicht ungenutzt bleiben.

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Bild: Pexels / L a r a, Pexels-Lizenz.

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