Postulat Gysin (21.4531): Transparenz über schweizerische Hassrede auf Social Media

Foto: «HATERS» in Scrabble-BuchstabenNationalrätin Greta Gysin (Grüne) fordert vom Bundesrat «Transparenz über Hate-Speech-Vorfälle auf Social Media». Der Bundesrat unterstützt das Anliegen und schiebt es gleichzeitig auf die lange Bank.

In ihrem Postulat 21.4531 fordert Gysin vom Bundesrat, «von relevanten Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter und Youtube Zahlen zu verlangen über die Anzahl Vorfällen, welche die Nutzungsbedingungen verletzen und potenziell strafrechtlich relevant sind.»

Mit Verweis auf die den «Community Standards Enforcement Report» von Facebook und Instagram nennt Gysin unter anderem «Extremismus», «Hate Speech», «Fake News», «Pornografie» und «sexuelle Belästigung» als einschlägige Kategorien.

Gysin begründet ihr Postulat unter anderem wie folgt:

«Bei dieser Art Vorfälle handelt es sich […] um für unsere Gesellschaft relevante Phänomene, […] welche für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Funktionieren unserer Demokratie ein Problem darstellen. Gleichzeitig ist längst klar, dass diese Art Vorfälle auf allen grossen Social-Media-Plattformen zum Alltag gehören. Die meisten dieser Vorfälle werden dabei von den Plattformen so früh erkannt, dass sie innerhalb weniger Stunden gelöscht werden – ohne dass die Vorfälle zu rechtlichen Konsequenzen […] führen.»

Und:

«Das Ausmass des Problems bleibt deshalb für eine Gesellschaft unbekannt – ob[wohl] es von grossem Interesse ist, das Ausmass des Problems zu kennen. Viele Social-Media-Plattformen weisen die Anzahl Vorfälle insgesamt aus, teilweise auch bezogen auf Länder und/oder die EU. Es ist aber an der Zeit, mit spezifischem Bezug zur Schweiz zu wissen, wie verbreitet diese Praktiken in unserem Land sind. Die Social-Media-Plattformen verfügen dabei in fast allen Vorfällen über die Möglichkeit, diese einem Land zuzuordnen. Es besteht deshalb kein Zweifel, dass es möglich und in grossem Interesse der Schweiz ist, die genaue Anzahl Vorfälle und die Zuordnung zu den Kategorien von den Social-Media-Plattformen herauszufordern.»

Bundesrat: Abwarten bis mindestens Mitte 2023

Der Bundesrat befürwortet das Postulat, auch mit Verweis auf den Bericht von BAKOM und Bundeskanzlei vom 17. November 2021 über «Intermediäre und Kommunikationsplattformen – Auswirkungen auf die öffentliche Kommunikation und Ansätze einer Governance» sowie auf ein Aussprachepapier, das dem Bundesrat bis Ende 2022 vorgelegt werden soll:

«Der Bericht ortet u.a. Hassrede als einen der Problembereiche. Angesichts der im Bericht dargestellten Schlussfolgerungen ist der Bundesrat der Ansicht, dass die gesellschaftliche Einbindung und Governance der digitalen Intermediäre einer breiten öffentlichen Debatte bedarf. So hat der Bundesrat im Anschluss an die Veröffentlichung des Berichtes beim UVEK (BAKOM) ein Aussprachepapier in Auftrag gegeben, das untersucht, ob und wie Kommunikationsplattformen reguliert werden könnten. Dieses Papier wird auch das Anliegen des Postulats behandeln und dem Bundesrat Ende 2022 vorgelegt werden. Dem Ergebnis dieser Arbeiten ist nicht vorzugreifen.»

Im Ergebnis ist die befürwortende Haltung des Bundesrates eigentlich eine abwartende Haltung. Der Bundesrat begründet sein Abwarten – bis mindestens Mitte 2023! – gleich mit einem weiteren Bericht:

«Die sicherheitspolitische Kommission des Ständerates hat den Bundesrat zudem mit dem Postulat 21.3450 ‹Hassreden. Bestehen gesetzliche Lücken?› beauftragt, bis Mitte 2023 einen Bericht zum Regulierungsbedarf vorzulegen. Der beim UVEK in Auftrag gegebene Bericht wird einerseits den gesetzgeberischen Handlungsbedarf in diesem Bereich abklären. Andererseits soll er Ausmass und Formen von Hassrede auf den Plattformen der Intermediäre erfassen. In diesem Zusammenhang werden auch die im Postulatstext genannten Intermediäre zur Dokumentation des Ausmasses und der Formen der Verstösse gegen ihre Nutzungsbedingungen in der Schweiz gebeten.»

Der Bundesrat schiebt damit eine Regulierung von Internet-Plattformen in der Schweiz einmal mehr auf die lange Bank. Seit dem 1. Juli 2020 ist der Aufruf zu Hass zwar ausdrücklich strafbar (Art. 261bis StGB), was aber nicht mit Pflichten für Facebook / Meta, Google und andere Plattform-Betreiberinnen verbunden ist.

Siehe auch: Was unternimmt der Bundesrat gegen rechtsextreme Verschwörungstheorien im Internet?

Bild: Pexels / Shamia Casiano, Pexels-Lizenz.

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