Mitto AG: Spur nach Russland und Vorabklärung durch den EDÖB

Flagge: Russland

Der Mitto AG im schweizerischen Zug wurde Anfang 2021 Dezember vorgeworfen, die Überwachung von Mobilfunk-Nutzern in aller Welt zu ermöglichen. Was ist seither geschehen?

Bloomberg berichtete, dass Twitter und andere Unternehmen nicht mehr mit der Mitto AG zusammenarbeiten:

«Twitter Inc. told […] it is cutting ties with a European technology company that helped it send sensitive passcodes to its users via text message. […] Several other companies have allegedly already cut ties with Mitto. In recent weeks, messaging companies Kaleyra and MessageBird have both ceased commercial relationships with Mitto, according to three people familiar with the matter.»

Tigokom: Mitto AG mit enger Verbindung nach Russland

Der Tages-Anzeiger entdeckte eine «brisante Verbindung nach Russland»:

«Die Mitto AG hat auch eine enge Geschäftsverbindung nach Russland. Sie ist hundertprozentige Besitzerin einer Moskauer Firma namens Tigokom. Als Firmenzweck werden im russischen Handelsregister ‹Aktivitäten im Bereich der drahtlosen Kommunikation› angegeben. Firmensitz der Tigokom ist ein einziges Zimmer in einem zentral gelegenen, kleinen Bürohaus in Moskau. […]»

Die russische Tigokom war 2017 gegründet worden:

«[…] 2017 ist just das Jahr, in dem […] die Überwachungsaktivitäten via Mitto-Netzwerk begonnen haben sollen. In diesem Jahr soll sich der verdächtigte operative Chef kaum in den Mitto-Büros gezeigt und E-Mails unter dem Pseudonym ‹Ingo Gross› verschickt haben. […]»

Und:

«Der Link nach Russland macht die Mitto-Affäre für den renommierten Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom noch brisanter, als sie ohnehin schon war. ‹Das weckt den Verdacht, dass russische Dienste mit Informationen von Mitto versorgt worden sein könnten›, sagt Schmidt-Eenboom […].»

Im Kanton Zug sind oder waren zahlreiche russische Unternehmen tätig, unter anderem die grossen Banken Sberbank und VTB sowie das Energieunternehmen Gazprom einschliesslich Gazprombank, Nord Stream und Nord Stream 2.

EDÖB: Vorabklärung zeigt Zusammenarbeit von Swisscom & Co. mit Mitto AG

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB), die schweizerische Datenschutz-Aufsichtsbehörde, hatte eine Vorabklärung eröffnet.

Gemäss einem Update kurz vor Weihnachten 2021 bestätigten Salt, Sunrise und Swisscom eine Zusammenarbeit mit der Mitto AG, behaupteten aber, mit technischen Massnahmen einen unrechtmässigen Zugriff auf Personendaten zu verhindern:

«Aufgrund dieser ersten Rückmeldungen bestehen für den EDÖB somit vorläufig keine Hinweise, wonach es zu Missbräuchen zu Lasten der Schweizer Bevölkerung gekommen wäre.»

Der EDÖB kündigte damals an, «in den nächsten Wochen […] noch weitere und ausführlichere Informationen zum Sachverhalt [zu] erhalten.» Nach deren Auswertung werde über das weitere Vorgehen entschieden und die Öffentlichkeit informiert, was bislang nicht geschehen ist.

Offene Fragen: Bundesanwaltschaft? «Fake News»? Ilja Gorelik?

Ob die schweizerische Bundesanwaltschaft gegen die Mitto AG und ihr Umfeld ermittelt, ist nicht bekannt. Für die Strafverfolgung wegen Nachrichten­dienst gegen fremde Staaten (Art. 301 StGB) müsste der Bundesrat die Ermächtigung erteilen (Art. 302 StGB).

Mitgründer Ilja Gorelik, der nach Angaben der Mitto AG nicht mehr für das Unternehmen tätig sein soll, ist im Handelsregister des Kantons Zug immer noch als Mitglied des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift eingetragen.

In einem anonymen Kommentar wurde die Berichterstattung über die Mitto AG als «Fake News» bezeichnet. Sachdienliche Hinweise konnte oder wollte der Kommentator leider nicht liefern.

Bild: Pexels / Anan Tis, Pexels-Lizenz.

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