Kristallnacht-Tweet: Urteil LB160039 im Volltext

Foto: Obergericht des Kantons Zürich

Am 28. Januar 2017 schrieb die neue Neue Zürcher Zeitung (NZZ) von «einer Niederlage mehr für den ‹Kristallnacht-Twitterer›». Die Niederlage bezog sich auf Urteil LB160039 des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. Dezember 2016 im Zusammenhang mit einem rassistischen Tweet.

Gerichtsreporterin Brigitte Hürlimann beschrieb den Hintergrund damals wie folgt:

«Seit A. seinen «Kristallnacht-Tweet» in die Welt gesetzt hat, sind die Gerichte mit der Aufarbeitung des rassistischen Ausrutschers beschäftigt. Der Twitterer ist ein fleissiger Kläger. […] Der Verfasser der Zeilen ‹Vielleicht brauchen wir wieder eine Kristallnacht, diesmal für Moscheen, damit die Regierung endlich aufwacht› […] führt einen nicht enden wollenden, kostspieligen Feldzug gegen Medienleute.»

Und:

«A. ist rechtskräftig wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden und wird vom Bundesgericht als relative Person der Zeitgeschichte eingestuft, was bedeutet, dass er namentlich genannt werden darf. Mit seinen Klagen gegen Leute, die über ihn und den Kristallnacht-Tweet berichten, scheitert er ständig, was ihm Prozesskosten von Zehntausenden von Franken beschert.»

Sachverhalt und Urteilsbegründung

Im vorliegenden Verfahren ging es um Folgendes:

«A. […] macht er geltend […], sein Tweet werde nicht korrekt zitiert oder ‹falsch› interpretiert, in einen falschen Zusammenhang gestellt. Diese Klage richtet sich gegen das Schweizer Fernsehen […]. Er verlangt die Löschung einzelner Passagen und eine Genugtuungszahlung für die erlittene Unbill.

Das Bezirksgericht Uster wies die Klage im April letzten Jahres ab, das Obergericht bestätigt nun diesen erstinstanzlichen Entscheid und weist die Berufung A.s ab.»

Die Urteilsbegründung fasste Brigitte Hürlimann wie folgt zusammen:

«In seiner Urteilsbegründung geht das Obergericht nochmals ausführlich auf die Tragweite des Begriffs ‹Kristallnacht» ein› zitiert zudem aus den Bundesgerichtsurteilen zur Causa ‹Kristallnacht-Twitterer› und stellt fest, dass sich jener ja weiterhin per Twitter und Blog in aller Öffentlichkeit äussere […].»

Und:

«Innerhalb der von A. beanstandeten Passagen auf der Website des Fernsehens […] gebe es zwar journalistische Ungenauigkeiten; diese seien aber nicht geeignet, den Twitterer in einem falschen Licht erscheinen zu lassen. Eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung wird deshalb auch in diesem Fall verneint.»

Justizöffentlichkeit: Urteil im Volltext

Interessanterweise war das Urteil bei den Online-Entscheiden der Zivil- und Strafrechtspflege im Kanton Zürich nicht zu finden. Ich ging fälschlicherweise davon aus, dass Obergericht veröffentliche früher oder später alle begründeten Urteile.

Wir «befreiten» deshalb das Urteil, das heisst, wir bestellten beim Obergericht des Kantons Zürich mit Kosten von 50 Franken den anonymisierten Volltext:

Wir veröffentlichen das Urteil, damit sich andere nicht ebenfalls kostenpflichtig um Justizöffentlichkeit bemühen müssen.

Brigitte Hürlimann schreibt inzwischen übrigens für die «Republik». Ihre Beiträge sind auf ihrem Profil auf der «Republik»-Website verlinkt.

Hinweis: In diesem Beitrag bezeichne ich den «Kristallnacht-Twitterer» im Einklang mit dem anonymisierten Urteil als A.

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