Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen: Was ist in der Schweiz geplant?

Foto: ZeitungenDas geplante Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen in der Schweiz war das Thema am diesjährigen Medienfrühstück des Zürcher Anwaltsverbandes (ZAV) am 4. November 2022. Ich hatte das Vergnügen, mit einem Input-Referat in das Thema einführen zu dürfen.

In der Schweiz ist gemäss meinem Kenntnisstand geplant, mit einem neuen Art. 37a URG und einigen weiteren Anpassungen im Urheberrechtsgesetz (URG) folgendes Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen zu schaffen:

  • Medienunternehmen («Hersteller journalistischer Veröffentlichungen») hätten einen Anspruch, für die Nutzung ihrer Inhalte durch grosse Online-Dienste einen «gerechten Ausgleich» zu erhalten
  • «Grosse Online-Dienste» wären Online-Dienste, die mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung erreichen, das heisst Online-Dienste ab rund 860’000 Nutzerinnen und Nutzern
  • Der «gerechte Ausgleich» soll durch eine Vergütung für das gewerbsmässige Zugänglichmachen von journalistischen Inhalten mit Snippets erfolgen, wozu insbesondere das Verlinken durch Nutzerinnen und Nutzer zählen würde
  • Die Vergütung soll mittels kollektiver Verwertung gemäss Tarifen der Verwertungsgesellschaften abgerechnet werden
  • Journalistinnen und Journalisten sollen angemessen am «gerechten Ausgleich» beteiligt werden
  • Die Tarife sollen sich nicht nach der Reichweite, sondern nach dem Aufwand richten, wobei eine journalistische Mindestqualität gewährleistet werden soll

Als grosse Online-Dienste betroffen wären voraussichtlich Google (Suchmaschine), Meta (Facebook, allenfalls WhatsApp) und Microsoft (LinkedIn). Auch betroffen sein könnten Reddit und Twitter.

Die Vernehmlassung für das geplante Leistungsschutzrecht soll im Dezember 2022 starten.

Es handelt sich mindestens um den zweiten oder dritten Anlauf, ein solches Leistungsschutzrecht in der Schweiz einzuführen. Vorbild ist der Leistungsschutz in Deutschland und dem übrigen Europa, dessen Umsetzung aber mit Schwierigkeiten verbunden ist.

Kritik kommt unter anderem aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Medienbranche ist sich nicht einig, wie der gescheiterte «Mediendialog» beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) zeigt.

Ob die grossen Online-Dienste mitspielen würden, ist unklar. Ob Google, Meta und Microsoft weiterhin Snippets von Inhalten der schweizerischen Medienunternehmen anzeigen, wenn sie dafür bezahlen müssen, dürfte von der Ausgestaltung der Tarife abhängen. Im Gespräch sind Pauschalzahlungen, die tief genug sind, um von den Online-Diensten akzeptiert zu werden. Wenn die Online-Dienste mitspielen, erhalten die Medienunternehmen in jedem Fall neue Einnahmen.

Am ZAV-Medienfrühstück vertraten Stefan Wabel, Geschäftsführer beim Verlegerverband Schweizer Medien (VSM), und Andreas Von Gunten, unter anderem Mitglied der Digitalen Gesellschaft und engagiert bei der Allianz für ein faires Urheberrecht in der Schweiz, die gegnerischen Lager:

Siehe auch:

Bild: Pixabay / congerdesign, Public Domain-ähnlich.


Nachtrag: Die Vernehmlassung wurde inzwischen auf März 2023 verschoben.

Ein Kommentar

  1. «Ob die grossen Online-Dienste mitspielen würden, ist unklar.» – Das sehe ich 180° anders. Hoffentlich werden Google und Co keinen Rappen dafür bezahlen, dass sie eine eigene Dienstleistung erbringen. Nämlich die Verlinkung von Suchendem und Anbietendem.

    Wenn Medienhäuser davon träumen, sie könnten eine weitere Kuh in der Schweiz melken, dann machen sie hoffentlich die Rechnung ohne Google, Bing und Co.

    Wenn Medienhäuser glauben, sie könnten auch ohne Suchmaschinen den gleichen täglichen Zulauf und Klickraten beibehalten, dann würde ich als Google das mal ein Semester lang live testen und die Anzeige der CH-Medienhäuser in den hintersten Regionen ansiedeln. Das Resultat würde die letzten Träumer überzeugen (was andere Medienhäuser im Ausland ja bereits schmerzlich erfahren haben.)

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