Büsi-Quäler: Was droht den mutmasslichen Tätern, was dem Internet-Mob?

Bild: Katze, die den Betrachter anklickt (AI-generiert)

In der Schweiz sorgte zuerst ein Video für Schlagzeilen, das zeigt, wie eine Katze gequält wird, allenfalls bis zum Tod. In der Folge riefen und rufen Nutzer auf Social-Media-Plattformen zu Selbstjustiz gegen die mutmassliche Täterschaft auf.

Medienschaffende wollten von mir wissen, was den mutmasslichen Tätern bei einer Verurteilung als Bestrafung droht.

Die Antwort liefern die Strafbestimmungen im Tierschutzgesetz (TSchG). Gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. b TSchG betreffend Tierquälerei gilt:

«Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich […] Tiere auf qualvolle Art oder aus Mutwillen tötet […].»

Genauso kann bestraft werden, wer ein Tier quält, ohne dass dieses stirbt. Die Zuständigkeit für die Strafverfolgung liegt bei den Kantonen (Art. 31 TSchG).

Die tatsächliche Strafe wird bei einer Verurteilung im Rahmen der Strafzumessung gemäss Art. 47 ff. StGB bestimmt. Der Strafrahmen («bis zu») wird normalerweise bei Weitem nicht ausgeschöpft, was in der Medienberichterstattung häufig vergessen geht.

Selbstjustiz: Was droht dem Internet-Mob?

Medienschaffende wollten von mir auch wissen, was jenen droht, die online zu Selbstjustiz aufrufen.

Dafür kommen verschiedene Straftatbestände aus dem Strafgesetzbuch (StGB) in Frage, insbesondere Art. 180 und Art. 259 StGB.

Art. 180 Abs. 1 StGB stellt Drohung, eigentlich «schwere Drohung», unter Strafe:

«Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Art. 259 Abs. 1 StGB stellt die «öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit» unter Strafe:

«Wer öffentlich zu einem Vergehen mit Gewalttätigkeit gegen Menschen oder Sachen oder zu einem Verbrechen auffordert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Je nach Verbrechen oder Vergehen (Art. 10 StGB), zu dem aufgefordert wird, kann Art. 259 StGB in Konkurrenz zu Art. 24 StGB betreffend Anstiftung stehen:

«Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.»

Wer beispielsweise öffentlich im Internet fordert, dass die mutmasslichen Täter getötet werden sollen und damit eine einzelne Person zu einer entsprechenden Tat bestimmt, könnte unter Umständen wegen (versuchter) Anstiftung zu einem Tötungsdelikt gemäss Art. 111 ff. StGB bestraft werden.

Bestrafung: Bedingt, aber mit Verbindungsbusse als «Denk­zettel»

Grundsätzlich würde eine Bestrafung gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB bedingt erfolgen, das heisst, der Vollzug einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe würde aufgeschoben. Die Geldstrafe (Art. 34 ff. StGB) müsste in diesem Fall nicht bezahlt und es würde kein Freiheitsentzug (Art. 40 f. StGB) in einer Justizvollzugsanstalt («Gefängnis») erfolgen.

Der Aufschub könnte widerrufen werden, wenn sich die verurteilte Person während einer Probezeit von normalerweise zwei oder drei Jahren nicht bewährt (Art. 44 ff. StGB).

Allerdings wäre bei einer bedingten Strafe gemäss Art. 42 Abs. 4 i.V.m. Art. 106 StGB mit einer zu bezahlenden Busse als «Denkzettel» zu rechnen. Man spricht auch von einer Verbindungsbusse.

Ausserdem müssen Personen, die rechtskräftig verurteilt werden, die Kosten für ihre Strafverteidigung und für das Verfahren bezahlen. Diese Kosten können höher liegen als die zu bezahlende Busse. Dazu kommt ein Eintrag im Strafregister.

Jugendstrafrecht: Was droht minderjährigen Straf­tätern?

Anders sähe es aus, wenn die mutmasslichen Täter noch nicht volljährig sein sollten, wie teilweise in den Medien zu lesen ist. In diesem Fall käme das Jugendstrafgesetz (JStG) zur Anwendung.

Art. 1 Abs. 1 lit. a JStG hält fest:

«Dieses Gesetz regelt die Sanktionen, welche gegenüber Personen zur Anwendung kommen, die vor Vollendung des 18. Altersjahres eine nach dem Strafgesetzbuch (StGB) oder einem andern Bundesgesetz mit Strafe bedrohte Tat begangen haben […].»

Im Jugendstrafrecht stehen nicht die Bestrafung, sondern die Erziehung und der Schutz von Jugendlichen im Vordergrund (Art. 2 Abs. 1 JStG).

Bussen (Art. 24 JStG) und Freiheitsentzug (Art. 25 ff. JStG) sind bei Jugendlichen ab 15 Jahren zwar möglich, aber häufig erfolgt die Bestrafung in Form einer persönlichen Leistung (Art. 23 JStG). Ein Katzenquäler könnte beispielsweise zu einer Leistung zugunsten einer geeigneten Tierschutzorganisation verpflichtet werden.

Strafmilderung: Online-Hetzjagd mit Auswirkungen auf die Bestrafung

Unabhängig vom anwendbaren schweizerischen Strafrecht müsste die Online-Hetzjagd gegen die mutmasslichen Täter beim Strafmass berücksichtigt werden.

Das Ergebnis wäre voraussichtlich eine Strafmilderung – so wie im Tierquälerei-Fall «Hefenhofen» (Urteil, soweit ersichtlich, noch nicht rechtskräftig):

«[…] Als strafmildernd […] bewertete das Gericht die Vorverurteilung durch die Medien […]. Verunglimpfungen in den Medien führten nicht nur zu einer erheblichen Strafminderung, vielmehr wurde dem Beschuldigten auch eine Genugtuung von 6000 Franken zugesprochen. […]»

Unklar ist, ob die Katze im Video in der Schweiz zu Tode gequält wurde. Wenn nicht, müsste eine allfällige Strafverfolgung grundsätzlich im Land der Straftat erfolgen (Art. 3 Abs. 1 StGB):

«Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.»

Fragen der vorliegenden Art werden in der Schweiz von Staatsanwaltschaften und Gerichten entschieden. Dafür sind insbesondere die genauen Umstände im jeweiligen Einzelfall entscheidend. Das Ergebnis kann deshalb erheblich von den Erwartungen der Öffentlichkeit abweichen.

Siehe auch: Verfahren gegen mutmasslichen Büsi-Quäler eröffnet (ZüriToday)

Bild: Microsoft Bing Image Creator.

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