Deepfakes: Nein, Online-Plattformen liefern keine Angaben zur Täterschaft

Bild: Nutzer, der vor einem Computer sitzt, und gegen Fake-Bilder auf einer Social-Media-Plattform kämpft (KI-generiert)

Die kostenlose Boulevardzeitung «20 Minuten» erklärt mit Verweis auf einen Anwaltskollegen, wie man sich gegen gefälschte Nacktbilder wehren kann.

Empfohlen wird auch ein Schritt, der leider nicht funktioniert: Man solle beteiligte Online-Plattformen auffordern, die Identität der mutmasslichen Täterschaft offenzulegen.

Wer Opfer von Deepfakes wird, kann in der Schweiz straf- und zivilrechtlich dagegen vorgehen. Mit einer Klage oder – schneller – mit einem Gesuch um vorsorgliche Massnahmen kann die Löschung der gefälschten Bilder und Videos verlangt werden. Je nach Sachverhalt ist vorgängig auch eine Abmahnung denkbar, das heisst, man fordert die Gegenseite direkt und selbst zur Löschung und Unterlassung auf.

Ein solches Vorgehen muss sich allerdings gegen eine Person richten, die bekannt und adressierbar ist.

Für den gängigen Fall, dass die mutmassliche Täterschaft nicht bekannt ist, wird der erwähnte Anwalt wie folgt zitiert:

«In diesem Fall rät Alesch Staehelin, die Plattformbetreiberin zu kontaktieren, zur Offenlegung der Identität des Verantwortlichen aufzufordern und ebenfalls die Beseitigung der Datei zu verlangen.»

Die Identität auf diesem Weg zu erfahren, halte ich gemäss meiner eigenen Erfahrung und mit Blick auf die Rechtslage für aussichtslos. Die beteiligten Online-Plattformen geben keine Angaben zur Identität von Nutzerinnen und Nutzern heraus. Sie berufen sich insbesondere – und richtigerweise – auf das Datenschutzrecht.

Angaben über eine unbekannte Täterschaft sind – wenn überhaupt – nur in Strafverfahren erhältlich. Dafür muss das Opfer Strafantrag stellen oder Strafanzeige erstatten, zum Beispiel wegen Identitätsmissbrauch.

Allerdings sitzen die Online-Plattformen meist im Ausland, was in fast allen Fällen den Weg über die eingeschränkte und langwierige internationale Rechtshilfe in Strafsachen bedingt. Dieser Weg ist hürdenreich und zeitaufwendig.

Unabhängig vom Erfolg auf diesem Weg möchten Opfer normalerweise nicht Monate oder gar Jahre warten, um direkt gegen die mutmassliche Täterschaft vorgehen zu können. Wenn die Täterschaft im Ausland sitzt, hilft ausserdem die Kenntnis der Identität nur weiter, wenn man die Täterschaft auch greifen kann.

Nützlicherweise ist es in der Schweiz möglich, mit Verweis auf die widerrechtlich verletzte Persönlichkeit durch Deepfakes und andere gefälschte Bilder direkt gegen die beteiligten Online-Plattformen vorzugehen (Art. 28 Abs. 1 ZGB):

«Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.»

Die Online-Plattformen wirken an der widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung mit und können deshalb direkt eingeklagt werden.

In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, die Meldeverfahren der Online-Plattformen zu nutzen, so wie es auch der erwähnte Rechtsanwalt empfiehlt.

In vielen Fällen reagieren Online-Plattformen leider nicht, nicht zeitnah genug oder ablehnend auf Meldungen über rechtswidrige Inhalte. Die Online-Plattformen haben gelernt, dass sich solche Angelegenheiten häufig aussitzen lassen. Sie sparen sich deshalb das Geld, alle Meldungen einzeln und sorgfältig zu prüfen.

Wenn Opfer eine Antwort erhalten, dann vielfach einen nicht hilfreichen Textbaustein der folgenden Art:

«Google hostet Inhalte von Drittanbietern und ist nicht der Ersteller oder Vermittler dieser Inhalte. Wir empfehlen Ihnen, strittige Fragen direkt mit der Person zu klären, die den Inhalt gepostet hat. Sollten Sie keine Einigung mit der Person erzielen können, die den Inhalt gepostet hat, und sich entschließen, gerichtlich gegen die Person vorzugehen, und sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass das Material rechtswidrig ist oder entfernt werden muss, senden Sie uns bitte den Gerichtsbeschluss zu, in dem die Entfernung verfügt wird. […]»

Die Online-Plattform, in diesem Fall Google, weiss selbstverständlich, dass ein Vorgehen gegen eine Person, die nicht bekannt ist, nicht funktioniert.

In der Folge bleibt die Möglichkeit einer Klage wegen widerrechtlicher Persönlichkeitsverletzung, bei natürlichen Personen zum Teil auch mit Verweis auf Rechtsansprüche gemäss dem schweizerischen Datenschutzrecht (Art. 32 DSG).

Die Klage kann in der Schweiz und nach schweizerischem Recht erfolgen. Je nach Sachverhalt müssen die Opfer aber in der Lage sein, erheblichen Aufwand zu betreiben, um die gewünschte Löschung oder Unterlassung durchzusetzen.

2 Kommentare

  1. Ciao Martin, danke für Deine Hinweise, die sich in der Substanz mit dem decken, was ich bereits gegenüber der Zeitung gesagt hatte. (inkl. der Hinweise auf Strafanzeige gegen Unbekannt sowie Zivilklage wegen Persönlichkeitsverletzung gegen Verantwortliche und Plattform). Lieber Gruss, Alesch

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