Datenschutzrecht: Kein Strafverfahren bei verspäteter Auskunft

Bild: Altes Schreiben (KI-generiert)

Eine betroffene Person hatte auf ihr Auskunftsbegehren von einem Verantwortlichen in der Schweiz keine Auskunft erhalten und erstattete Strafantrag. Die zuständige Staatsanwaltschaft eröffnete kein Strafverfahren.

In der Schweiz müssen Auskunftsbegehren von betroffenen Personen (Art. 25 DSG ff.) innerhalb von 30 Tagen beantwortet werden (Art. 18 Abs. 1 DSV). Die Frist kann vor Ablauf dieser 30 Tage verlängert werden (Art. 18 Abs. 2 DSV).

Eine betroffene Person in der Schweiz erstattete am 1. November 2023 Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, nachdem ein Unternehmen in Arbon TG auf ihr Auskunftsbegehren vom 28. September 2023 nicht reagiert hatte. Die Frist von 30 Tagen war zu diesem Zeitpunkt, wenn überhaupt, erst gerade abgelaufen.

In strafrechtlicher Hinsicht kommt die Verletzung der Auskunftspflicht(en) gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. a DSG in Frage:

«Mit Busse bis zu 250 000 Franken werden private Personen auf Antrag bestraft […], die ihre Pflichten nach den Artikeln […] 25–27 verletzen, indem sie vorsätzlich eine falsche oder unvollständige Auskunft erteilen […].»

Polizeiliche Ermittlungen: Wurde im ersten Anlauf bereits Auskunft erteilt?

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen behauptete das betroffene Unternehmen am 1. Februar 2024, das Auskunftsbegehren vom 28. September 2023 erhalten und schriftlich Auskunft erteilt zu haben.

Man könne aber nicht ausschliessen, dass das damalige Schreiben nicht angekommen sei. Man habe aus diesem Grund das Auskunftsbegehren erneut beantwortet.

Ob das Unternehmen im ersten Anlauf die Auskunft wie behauptet erteilt hatte, blieb bei den polizeilichen Ermittlungen unklar:

«P. von der Firma ‹M. AG› gab dazu an, dass das Auskunftsbegehren schriftlich beantwortet worden sei. Ob damals tatsächlich ein Antwortschreiben erfolgte und ob dieses auch erfolgreich zugestellt werden konnte, kann vorliegend nicht nachvollzogen werden. Möglich ist aber, dass die Firma ‹M. AG› bereits damals ihrer Auskunftspflicht nachgekommen ist.»

Wieso die Polizei allein auf die Behauptung abstellte, ist unklar. Das Unternehmen konnte anscheinend weder eine Kopie der angeblich erteilten Auskunft noch die entsprechende Sendungsverfolgung vorlegen.

Die Auskunftserteilung per Briefpost sollte mit A-Post Plus oder per Einschreiben erfolgen. Bei der Verwendung von E-Mail sollte um eine Empfangsbestätigung gebeten werden.

Staatsanwaltschaft: Nichtanhandnahme mangels Strafbarkeit

Am 27. März 2024 verfügte die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme. Die Nichtanhandnahme bedeutet, dass kein Strafverfahren eröffnet wird.

Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme insbesondere wie folgt (mit Hervorhebung):

«Mit Schreiben vom 1. Februar 2024 ist die Firma ‹M. AG› ihrer Auskunftspflicht […] erneut nachgekommen und hat die […] geforderten Angaben schriftlich mitgeteilt. In Art. 25 Abs. 7 DSG ist geregelt, dass die Auskunft in der Regel innert 30 Tagen erteilt wird. Dabei handelt es sich aber nicht um eine absolute Frist und die Auskunft kann auch später erteilt werden.»

Und:

«In der Strafbestimmung von Art. 60 DSG ist geregelt, dass Personen bestraft werden, die eine falsche oder unvollständige Auskunft erteilen oder es unterlassen, der betroffenen Person die nötigen Angaben zu liefern oder sie zu informieren. Eine Frist, innert welcher Zeit diese Information erfolgen muss, enthält die Strafbestimmung nicht. Spätestens mit Schreiben vom 1. Februar 2024 ist die Firma ‹M. AG› folglich ihrer gesetzlichen Pflicht nachgekommen, weshalb der Tatbestand der Übertretung des Bundesgesetzes über den Datenschutz nicht erfüllt ist.»

Die Staatsanwalt begründete die Nichtanhandnahme darüber hinaus mit der Geringfügigkeit der Schuld- und Tatfolgen gemäss Art. 52 StGB:

«Im Übrigen sind im vorliegenden Fall auch die Schuld- und Tatfolgen geringfügig, da [die betroffene Person] spätestens mit Schreiben vom 1. Februar 2024 die […] geforderten Informationen erhalten hat. […].»

Die Nichtanhandnahme ist richtig, denn es ist gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. a DSG tatsächlich nicht strafbar, eine Auskunft verspätet oder auch gar nicht zu erteilen.

Bei ihren Erläuterungen zur Frist von 30 Tagen geriet die Staatsanwaltschaft allerdings auf Abwege. Die Staatsanwaltschaft erklärte mit Verweis auf die «in der Regel»-Formulierung von Art. 25 Abs. 7 DSG, die Frist von 30 Tagen sei keine absolute Frist. Die Staatsanwaltschaft übersah offensichtlich Art. 18 Abs. 1 DSV mit der «muss»-Formulierung:

«Die Auskunft muss innerhalb von 30 Tagen seit dem Eingang des Begehrens erteilt werden.»

Dieser Umstand ändert aber nichts an der fehlenden Strafbarkeit. Eine Auskunft, die verspätet oder gar nicht erteilt wird, ist keine (strafbare) falsche oder unvollständige Auskunft.

Alles in allem hätte sich die Staatsanwaltschaft auf die Begründung beschränken können, dass die verspätete Auskunftserteilung nicht strafbar ist.

(Vielen Dank an die betroffene Person für ihren Hinweis!)

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