Art. 26 BEKJ: Was geschieht, wenn die Plattformen für den elektronischen Rechtsverkehr nicht verfügbar sind?

Bild: Gebrochenes Netzwerkkabel (KI-generiert)

Was geschieht, wenn die künftigen schweizerischen Plattformen für die elektronische Kommunikation mit Behörden und Gerichten nicht verfügbar sind?

Diesen Fall versucht Art. 26 BEKJ zu lösen. BEKJ steht für das neue Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz.

Die bisherigen Vorschläge für die Regelung unter dem Titel «Nichterreichbarkeit einer Plattform» sind nicht befriedigend. Auch der aktuelle Entwurf beinhaltet viele Unklarheiten und riskiert einen Rückschritt gegenüber der heutigen Kommunikation per Briefpost.

«Wir haben eine harte Nuss, die wir noch nicht ganz geknackt haben.»

SP-Nationalrätin Min Li Marti formulierte das Problem für die Rechtskommission des Nationalrats unter anderem wie folgt (mit Hervorhebung):

«Artikel 26 ist der zweite Artikel, der sehr lange diskutiert worden ist. Hier haben wir eine harte Nuss, die wir noch nicht ganz geknackt haben. […] Aus diesem Grund haben wir hier eine Formulierung der Bestimmung beschlossen, von der die Kommission der Meinung ist, dass sie noch nicht ganz der Weisheit letzter Schluss ist. Daher möchten wir unsere Schwesterkommission bitten, sich dieser Frage hier noch einmal anzunehmen.»

Die erwähnte Schwesterkommission ist die Rechtskommission des Ständerats, die sich in Kürze mit dem Entwurf für das BEKJ befassen wird (Geschäftsnummer 23.022).

Art. 26 BEKJ: Alternativer Vorschlag für die «Nicht­erreich­­barkeit einer Plattform»

Klar ist, dass Art. 26 BEKJ überarbeitet werden muss. Gemeinsam mit anderen Juristinnen und Juristen habe ich einen alternativen Vorschlag ausgearbeitet, wie die Bestimmung für den Fall der «Nichterreichbarkeit einer Plattform» ausgewogen und zielführend formuliert werden könnte.

Wieso Art. 26 BEKJ überarbeitet werden muss und wo die Vorteile unseres Vorschlags liegen, zeigen wir in unserer Zusammenfassung auf. Die Zusammenfassung gibt es auch auf Französisch.

Ausführlich äussert sich Anwaltskollege Daniel Kettiger, der am Vorschlag massgeblich mitgearbeitet hat, in einem aktuellen Beitrag im «Jusletter»:

«Welche Regelung der Fristwahrung soll künftig gelten, wenn beim elektronischen Rechtsverkehr die Technik versagt? Dieser Beitrag befasst sich mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen, sich in der parlamentarischen Beratung befindenden Regelung in Art. 26 BEKJ und macht einen alternativen Regelungsvorschlag.»

«Eine Lösung der Einreichung von Eingaben im Fall der Unerreichbarkeit der Plattform muss ebenfalls eine Form des elektronischen Rechtsverkehrs sein.»

Daniel Kettiger schreibt unter anderem:

«Es muss eine praktikable Regelung für den Fall der Unerreichbarkeit der Plattform gefunden werden. Dabei versteht es sich von selber, dass angesichts der zunehmenden Digitalisierung von Gesellschaft und Recht eine Ersatzlösung für die Nutzung der Plattform nicht in der Einreichung in Papierform bestehen kann, denn in absehbarer Zeit werden Justizbehörden wie Anwaltskanzleien allenfalls nicht mehr über Drucker verfügen, welche es erlauben, innert nützlicher Frist die notwendigen Papierdokumente herzustellen.[…] Eine Lösung der Einreichung von Eingaben im Fall der Unerreichbarkeit der Plattform muss ebenfalls eine Form des elektronischen Rechtsverkehrs sein.»

«Die Lösung besteht darin, dass […] zwei alternative Wege der elektronischen Einreichung von Eingaben bestehen müssen.»

Und:

«Die Lösung besteht darin, dass neben (jeder) Plattform zwei alternative Wege der elektronischen Einreichung von Eingaben bestehen müssen. Mindestens zwei solche alternative Wege sind derzeit bereits vorhanden […]. Bei Nichterreichbarkeit der Plattform muss zuerst versucht werden, die Eingabe über diese alternativen Wege des elektronischen Rechtsverkehrs einzureichen (z.B. zuerst via IncaMail, dann via PrivaSphere oder umgekehrt). Dies ist jedenfalls immer dann möglich, wenn die Nichterreichbarkeit der Plattform in einer Störung der primären Plattform begründet ist. Werden die alternativen Übermittlungswege beispielsweise durch zentrale Webformulare pro Plattform umgesetzt, stehen diese auch Rechtsanwälten und Privaten zur Verfügung, die nicht bereits über ein Konto bei diesen beiden anerkannten Plattformen verfügen.»

«Dieses Konzept beruht auf bestehender, bewährter Infrastruktur des elektronischen Rechtsverkehrs […].»

Und auch:

« Dieses Konzept beruht auf bestehender, bewährter Infrastruktur des elektronischen Rechtsverkehrs, berücksichtigt das Prinzip der Business Continuity, vermeidet Medienbrüche, ist klar und einfach und dürfte nur in wenigen Ausnahmefällen zu Rechtsstreitigkeiten über die Fristwahrung führen. Da zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer über einen alternativen (behelfsmässigen) Zugang von ihrem Informatik-System ins Internet verfügen (beispielsweise über einen persönlichen Hotspot ihres Mobiltelefons), dürfte der Fall, dass die Dateien nicht innert Frist über die Plattform oder mittels einer ersatzweisen Modalität der elektronische Kommunikation eingereicht werden können, sehr selten eintreffen.»

Der Vorschlag für die Überarbeitung geht auf das IusBubble-Webinar «Wer wird schlau aus Art. 26 E-BEKJ?» 🔒 zurück:

In der Folge wurden in einem IusBubble-Workshop 🔒 die Grundlagen für den Vorschlag erarbeitet. Im weiteren Austausch wurden der Vorschlag konkretisiert sowie die Zusammenfassungen und der «Jusletter»-Artikel erarbeitet.

Beteiligt waren folgende Juristinnen und Juristen: Daniel Brugger, Eleonor Gyr, Daniel Kettiger, Claudia Schreiber, Martin Steiger und Martin Wilhelm.

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