Frage Molina (24.7521): Ist die Schweiz ein sicherer Rückzugsort für gesuchte Neonazis?

Nationalrat Fabian Molina (SP) wollte mit Frage 24.7521 vom Bundesrat wissen, ob die Schweiz ein sicherer Rückzugsort für gesuchte Neonazis sei, insbesondere für Neonazis aus Deutschland. Der Bundesrat sah sich nicht in der Lage, die Frage in der Sache zu beantworten.

Den Grund für seine Frage beschrieb Molina wie folgt:

«Das deutsche Innenministerium vermeldete zum Stichtag Ende März 2024 insgesamt 798 offene Haftbefehle gegen Neonazis, von denen sich sieben Personen gesichert in der Schweiz befinden.»

Ein Artikel in der deutschen Zeitung «taz» bestätigt diese Angaben (mit Hervorhebungen):

«[…] Ende März diesen Jahres […] gab es 798 offene Haftbefehle gegen 606 Personen. […] 115 der gesuchten Personen halten sich mutmaßlich im Ausland auf, davon mit 22 die meisten vermutlich in Polen. In Österreich sind es neun, in der Schweiz und Frankreich jeweils sieben, in der Türkei sechs und in Paraguay, Rumänien sowie Italien jeweils fünf Personen.»

Primärquelle ist die Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine kleine Anfrage im Bundestag (Volltext als PDF-Datei).

In der Folge stellte Molina folgende Einzelfragen:

  • «Sind dem Bundesrat diese Zahlen bekannt?
  • Wie gross ist die Bedrohung, die durch diese Personen in der Schweiz ausgehen?
  • Laufen in dieser Sache Rechtshilfeverfahren?
  • Bestehen Schweizer Haftbefehle?
  • Besteht eine Auslieferungsverpflichtung?
  • Führt die Schweiz eine ähnliche Daten-Erhebung durch?»

Der Bundesrat flüchtete sich in seiner Antwort im Wesentlichen in Gemeinplätze:

«Dem Bundesrat ist die Antwort der deutschen Bundesregierung vom 31. Juli 2024 auf die Kleine Anfrage verschiedener Bundestagsabgeordneter und der Gruppe Die Linke bekannt.

Die Schweiz erteilt über laufende Rechtshilfe- und Auslieferungsverfahren keine Auskunft.

Gemäss dem Bundesgesetz über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121) beschafft und bearbeitet der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) Informationen, um Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit unter anderem durch gewalttätigen Extremismus zu erkennen und zu verhindern (Art. 6 Abs. 1 Bst. a und Art. 19 Abs. 2 Bst. e NDG). Nach aktueller Einschätzung beurteilt der NDB das Gewaltpotenzial des gewalttätigen Rechtsextremismus im Allgemeinen als erhöht. Die Bedrohung durch gewalttätige, rechtsextremistische Einzeltäter stuft der NDB derzeit als steigend ein.

Die Schweiz ist aufgrund des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (EAUe) staatsvertraglich verpflichtet, mutmassliche, ausländische Straftäter auszuliefern, wenn ihnen auch nach schweizerischem Recht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe droht. Dasselbe sieht das schweizerische Rechtshilfegesetz (IRSG) vor. Die Voraussetzungen einer Auslieferung überprüft das zuständige Bundesamt für Justiz im Einzelfall. Seine Entscheide unterliegen der gerichtlichen Überprüfung.»

Der Bundesrat erklärt insbesondere nicht, wieso «die Schweiz» keine Auskunft «über laufende Rechtshilfe- und Auslieferungsverfahren» erteilt. Mit Blick auf die unbeantwortete Frage nach einer Daten-Erhebung kann man spekulieren, ob der Bundesrat keine Auskunft erteilen möchte oder mangels Erhebung keine Daten vorhanden sind.

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