Auslegeordnung über KI-Regulierung in der Schweiz verzögert sich bis 2025

Bild: Blaue Leiterplatte mit einem sichtbaren Kopf bzw. Gesicht

Die mögliche Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der Schweiz verzögert sich. Die Auslegeordnung, die der Bundesrat in Auftrag gegeben hatte, soll erst Anfang 2025 und nicht bis Ende 2024 veröffentlicht werden.

Die Verzögerung erwähnte der zuständige Bundesrat Albert Rösti in einer Rede am 19. November 2024 (mit Hervorhebungen):

«Unsere Arbeiten, die Anfang nächsten Jahres veröffentlicht werden, dienen dem Bundesrat als Grundlage für einen Stossrichtungsentscheid zur zukünftigen Regulierung von KI in der Schweiz. Sie sind also ein wichtiger Zwischenschritt, aber dann geht die Arbeit erst richtig los. Es wird sicher zusätzliche Abklärungen brauchen, aber auch viele Gespräche und Diskussionen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. […]»

In seiner Rede sagte Bundesrat Rösti zum gleichen Thema unter anderem auch:

«Die Schweiz gilt seit Jahren als eines der innovativsten Länder weltweit. Sie zeichnet sich durch eine ausgeprägte internationale Orientierung aus. Es ist mir daher ein Anliegen, dass eine Regulierung von KI den Innovationsstandort Schweiz stärkt. Gleichzeitig muss eine Regulierung von KI auch dazu beitragen, die Grundrechte der Menschen zu schützen. Sie muss auch sicherstellen, dass der Schutz der Grundrechte mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten kann.»

Und:

«Viele Menschen in der Schweiz setzen KI-Anwendungen bereits in ihrem täglichen Leben ein. Dazu gehören Anwendungen wie Gesundheits-Apps, Sprachassistenten oder ChatGPT, die ihnen den Alltag erleichtern.

Wenn sie zu den Risiken von KI befragt werden, zeigt sich aber ein anderes Bild. Dann geben ebenso viele Personen an, sie hätten Angst von einer Beeinflussung der öffentlichen Debatte, einer Abnahme der sozialen Kontakte oder einem Verlust des Arbeitsplatzes durch KI.

Um diesen Ängsten zu begegnen und das Vertrauen der Bevölkerung in KI zu stärken, muss eine Regulierung von KI für Transparenz und Nachvollziehbarkeit sorgen. Sie muss auch die Erklärbarkeit von Prozessen und Entscheidungen gewährleisten, die KI einsetzen.»

Und schliesslich:

«Sie sehen also, die Regulierung von KI ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Damit wir die richtigen Entscheidungen treffen, haben wir verschiedene Analysen als Grundlage für ein weiteres Vorgehen angestellt. Dazu gehört auch eine Übersicht über Regulierungsaktivitäten in anderen Ländern.

Und obwohl die Berichte noch nicht veröffentlich sind, kann ich Ihnen schon eines verraten: Die Schweiz ist mit ihren Überlegungen in guter Gesellschaft. Die meisten der 18 Länder, die analysiert wurden, befinden sich wie wir in einer Reflexions- und Prüfphase. Eine vollumfängliche Regulierung von KI können bisher die wenigsten Länder weltweit vorweisen. Zu spät für eine Regulierung kommen wir also sicher nicht.»

Der Elefant im Raum ist selbstverständlich der AI Act bzw. die KI-Verordnung der Europäischen Union, den viele Unternehmen in der Schweiz einhalten müssen.

Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft präsentieren ihre Forderungen

Im Hinblick auf die kommende Auslegeordnung präsentieren insbesondere Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft ihre Forderungen für eine KI-Regulierung in der Schweiz.

Die Digitale Gesellschaft beispielsweise präsentierte ein ausführliches Positionspapier und setzt bei der Regulierung einen Fokus auf automatisierte Entscheidungen und die entsprechenden Risiken. Die Nutzer von KI sollen im Rahmen von Sorgfalts- und Transparenzpflichten viel Freiheit geniessen, aber bei einer Verletzung der geltenden Regulierung mit griffigen Sanktionen und einer wirksamen Aufsicht rechnen müssen.

Swico, der Verband der digitalen Wirtschaft, fordert einen «pragmatischen und chancenorientierten Umgang mit KI». Gemäss dem Verband soll es keinen schweizerischen AI Act geben, sondern es sollen «primär bestehende Gesetze angewendet oder punktuell, prinzipienbasiert angepasst werden […].».

In die gleiche Richtung zielt der Verein Unternehmens-Datenschutz (VUD), in dem grosse Unternehmen ihre Haltung zur Daten-Regulierung in der Schweiz koordinieren:

«[Der] Bundesrat sollte nicht den ‹grossen Wurf› anstreben, sondern sich darauf fokussieren, zielgerichtet Lücken unserer Rechtsordnung zu füllen, die das Aufkommen von KI sichtbar gemacht hat.  […] Im Inland sollte sich der Bundesrat […] auf die lösbaren Probleme und die Schaffung von Innovationsräumen konzentrieren.»

Economiesuisse, der Dachverband der schweizerischen Wirtschaft, fordert über ein Whitepaper von PWC eine «chancenorientierte Regulierung» und hofft, die Schweiz könne einen «eigenständigen, aber international kompatiblen Weg gehen».

Bundesrat Rösti hatte sich im September 2024 ferner mit dem Beirat «Digitale Schweiz» über die Regulierung von Künstlicher Intelligenz ausgetauscht:

«Zwanzig Personen haben am Mittwoch mit Medienminister Albert Rösti über die Frage diskutiert, wie die Schweiz die Chancen der künstlichen Intelligenz nutzen kann, ohne von den Risiken überrollt zu werden.

Die Diskussion fand statt im Rahmen des sogenannten ‹Beiratstreffens Digitale Schweiz›, einem Austauschgremium bestehend aus Behörden und Vertretenden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Man war sich gemäss Mitteilung ‹einig›, dass die Chancen von künstlicher Intelligenz genutzt und gleichzeitig die Risiken für die Gesellschaft minimiert werden sollen. 

Dieser Konsens ist weitherum akzeptiert. Die Schwierigkeiten und Meinungsdivergenzen werden sich auftun, wenn es darum geht, konkrete Regulierungsvorschläge auszuarbeiten, deren Folgen abzuschätzen und das Ganze in geltendes Recht zu giessen.»

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