SBB: Geben SwissPass-Kunden ihre Daten preis, wenn sie auf die Toilette gehen?

Logo: FM1 TODAY

Der SwissPass ist nach eigenen Angaben der «Schlüssel für Mobilität und Freizeit». Wer in der Schweiz den öffentlichen Verkehr mit einem Abonnement nutzen möchte, ist in vielen Fällen gezwungen, einen persönlichen SwissPass zu verwenden.

Neuerdings ist der SwissPass auch der Schlüssel für Toiletten unter anderem am Bahnhof St.Gallen.

FM1 TODAY schreibt dazu:

«[…] Die SBB prüfen derzeit im Rahmen eines Pilotprojekts moderne Zahlungsmittel für die Nutzung der Bahnhofstoiletten. Bargeld- und kontaktlose Zutrittsterminals sollen den Zugang zu den sanitären Anlagen erleichtern – der Preis bleibt jedoch gleich, ein WC-Gang kostet 1,50 Franken.

Wer ein Generalabonnement besitzt, kann sein Geschäft während der Testphase gratis verrichten. ‹Wir wollen den GA-Kunden so einen Mehrwert bieten›, heisst es bei den SBB. Das Projekt läuft bis zum Frühling 2020, getestet wird momentan in Genf Coranvin und St.Gallen.»

Rechtsanwalt Martin Steiger äusserte sich gegenüber FM1 TODAY kritisch über den Versuch der SBB:

«GA-Kunden müssen also nur den Swisspass einscannen und erhalten so kostenlosen Zugang zu den WCs. Martin Steiger […] findet das aus Sicht des Datenschutzes problematisch: ‹Als ich das erfuhr, dachte ich spontan: Jetzt wissen die SBB auch noch, wo und vielleicht auch noch wie häufig ich auf die Toilette gehe.›»

Die SBB hatten den Versuch im Sommer 2019 mit einer Medienmitteilung angekündigt und haben ausserdem die Seite «Neue Zahlungsmittel und schöneres Ambiente in WC-Anlagen der SBB» veröffentlicht.

Informationen zum Datenschutz auf ihren Toiletten haben die SBB – soweit ersichtlich – nicht veröffentlicht.

Gegenüber FM1 TODAY erklärten die SBB, es würden keine Daten gespeichert. Wie der SwissPass-Zugang zu den Toiletten geprüft wird, geht aus dem Beitrag bei FM1 TODAY nicht hervor.

Der SwissPass wird immer wieder im Zusammenhang mit dem Datenschutz kritisiert. So empfahl der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) beispielsweise 2016, die Löschung von SwissPass-Daten:

«Aufgrund seiner Feststellungen und Abklärungen kam der EDÖB zum Schluss, dass die bei den Fahrscheinkontrollen durchgeführten Datenbearbeitungen weder verhältnismässig seien noch auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhten. Folglich hat er […] eine Empfehlung erlassen, in welcher er die unverzügliche Löschung der Kontrolldaten und die Einstellung der Kontrolldatenbank verlangt. […]»

Die SBB erklärten damals, der Betrieb der Kontrolldatenbank werde eingestellt. Allerdings solle die kurzfristige Datenerfassung zu Kontroll- und Verrechnungszwecken weiterhin möglich sein.


Nachtrag vom 29. Februar 2020

Die Medienstelle der SBB bestätigte im Nachgang zur oben erwähnten Medienberichterstattung unter anderem, dass die «Leistung» – vorliegend die «Abfrage eines GAs beim Zugang zur Toilettenanlage» tatsächlich «auf dem Server abgefragt» wird. Und weiter:

«Ein vorhandenes Abo und dessen Gültigkeitsdauer können also erst mittels eines Kontrollgeräts eruiert werden.»

Es findet demnach eine Bearbeitung von Personendaten statt. Ansonsten könnte nicht festgestellt beziehungsweise kontrolliert werden, ob ein Abonnement 1) vorhanden und 2) gültig ist. Man kann die Mitteilung aber so verstehen, dass die Abfragen nicht gespeichert – zum Beispiel personenbezogen protokolliert – werden, was dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen würde.

Zur Beschreibung in der SwissPass-FAQ, wonach «Abo und Gültigkeitsdauer auf dem Chip der Karte aktiviert werden», bestätigte die Medienstelle, dass der Satz irreführend sein könne. Man werde eine Anpassung der Formulierung prüfen.

Die richtige Antwort findet sich übrigens bereits anderswo in der SwissPass-FAQ:

«[…] Auf diesen Chips ist Ihre persönliche SwissPass-Nummer gespeichert, die zur Prüfung Ihres Namens und Ihres Abos dient. […] Auf den Chips werden keine Kundendaten gespeichert. Sie enthalten nur eine technische Kennnummer (Medien-ID). Bei einer Kontrolle liest das Gerät die Medien-ID und verbindet diese mit den abonnierten Leistungen. […]»

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.