Ghostwriting: Was sind die Rechtsfolgen?

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Ghostwriting ist gemäss Medienberichten an Schweizer Universitäten weit verbreitet. Immer mehr Doktoranden und Studenten lassen sich ihre Arbeiten anscheinend ganz oder teilweise gegen Bezahlung von Ghostwritern schreiben.

Radio 1 fragte Rechtsanwalt Martin Steiger nach den Rechtsfolgen, mit denen Doktoranden oder Studenten, die beim Ghostwriting erwischt werden, rechnen müssen:


Bei Ghostwriting drohen den Doktoranden und Studenten in erster Linie disziplinarische Folgen an den Universitäten, zumal sie die Eigenleistung jeweils ausdrücklich bestätigen müssen. Hingegen sind die Hürden für eine Bestrafung in einem etwaigen Strafverfahren – beispielsweise wegen Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) – vergleichsweise hoch.

Grundsätzlich keine rechtlichen Folgen müssen Ghostwriter befürchten, zumal sie sich vertraglich absichern. So ist in vielen Ghostwriting-Verträgen enthalten, dass die Kundinnen und Kunden den erstellten Text nicht im eigenen Namen oder nur als Vorlage verwenden dürfen. Die Ghostwriting-Anbieterin ACAD WRITE beispielsweise schreibt:

«Unsere wissenschaftlichen Arbeiten als eigene Prüfungsarbeiten einzureichen, widerspräche den diesbezüglichen Vorschriften der Hochschulen. Wir liefern Ihnen einen qualitativ hochwertigen Entwurf Ihrer Arbeit, anhand dessen Sie die Arbeit deutlich schneller und in optimaler Qualität schreiben können. Wie weit Sie von diesem Entwurf abweichen, obliegt ausschließlich Ihrer Verantwortung und entzieht sich unserer Einflussnahme.»

Ob diese Argumentation strafrechtlich tragfähig ist, wird sich allenfalls aufgrund einer Strafanzeige der Universität St.Gallen (HSG), die bereits im Frühjahr 2015 eingereicht wurde, zeigen. Eine Strafanzeige der Universität Bern vom September 2015 wurde von der Staatsanwaltschaft Zürich allerdings nicht anhand genommen.

Unabhängig von Rechtsfolgen gehen Ghostwriting-Kundinnen und -Kunden das Risiko ein, erpressbar zu werden, sofern der Ghostwriter oder sonst jemand sein Wissen über den Wissenschaftsbetrug ausnutzt. Auch besteht immer die Möglichkeit, dass das Ghostwriting Jahre später an die Öffentlichkeit oder zumindest an den aktuellen Arbeitgeber gelangt. Möglich ist auch, dass ein Universitätsabschluss nachträglich aberkannt wird.


Nachtrag: ACAD WRITE (Academic Advice AG) in Liquidation

Bei ACAD WRITE fällt auf, dass die Anbieterin nach eigenen Angaben mehrere hundert Personen beschäftigt, aber nicht mehr als juristische Person organisiert ist, sondern sich seit dem 21. Dezember 2015 in Auflösung mit Liquidation befindet. Thomas Német, der für ACAD WRITE in den Medien auftrat, nimmt die Liquidation der Aktiengesellschaft, die zuletzt Academic Advice AG hiess, selbst vor.

Der Domainname acad-write.com ist auf eine Gesellschaft namens «ACAD WRITE – THE GHOSTWRITER NETWORK» in London eingetragen, die am 11. September 2013 mit einem Kapital von 1’000.00 GBP gegründet worden war.

Im schweizerischen Handelsregister ist momentan keine Gesellschaft mit dem Firmenbestandteil «ACAD WRITE» mehr eingetragen.

8 Kommentare

  1. Sie ist schon als juristische Person organisiert: Wer im Zefix «Acad Write» eingibt und unter gelöschten Firmen sucht, erhält als Resultat die seit dieser Woche in Liquidation befindliche Academic Advice AG…

  2. Im Computerraum der Uni Zürich (Rämistrasse , Rechtswissenschaften, Untergeschoss, oben, links am Fenster) sitzt täglich auch ein ca. 60-jähriger Ghostwriter.

  3. Ghostwriter sind ziemlich gut abgesichert und machen sich mit ihren Diesntleistungen nicht strafbar. Ihre Kunden machen sich auch theoretisch nicht strafbar, wenn sie den Text vom Ghostwriter nur als Muster nutzen und keine Textstellen in ihre eigene Arbeit integrieren. Einige Unis sind clever und machen auf den Apekt in ihrer eidesstattlichen Erklärung aufmerksam. Studenten müssen versichern, dass sie keine Hilfe vom Ghostwriter in Anspruch genommen haben.

  4. Selbst das Ghostwriter-Verbot in Österreich hat nicht viel an der Lage geändert. Bei diesem Verbot ist bereits das Angebot vom akademischen Ghostwriting strafbar. Die Beweislage ist so komplex, dass keine einfache Lösungen gefunden werden können, schon gar nicht mit irgendwelchen Verboten.
    Weitere Konsequenzen sind hier aufgelistet:
    https://business-and-science.de/aktuelles/ist-ghostwriting-legal/

    Man sollte die Lage so ändern, dass Ghostwriting-Agenturen überflüssig werden.

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