
In der Schweiz drohte ein faktisches Verbot für generative KI durch die Motion 24.4596 von Ständerätin Petra Gössi.
Nach Kritik von Praktikern und Wissenschaftlern hat die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) entschieden, die Motion nur in abgeänderter Form anzunehmen.
In der abgeänderten Form enthält die Motion keine konkreten Vorgaben zur Umsetzung.
Der Verzicht auf die konkreten Vorgaben soll «mehr Spielraum für die Erarbeitung nachhaltiger Lösungen» schaffen.
Ständerätin Gössi (FDP, Kanton Schwyz) hatte insbesondere die «Zustimmung der Urheberrechtsinhaber» für den Fall gefordert, dass «originäre Kreativleistungen in irgendeiner Weise für Angebote generativer KI» verwendet werden.
Kein Mitglied der Nationalratskommission stimmt der ursprünglichen Motion von Ständerätin Gössi zu.
Die Entscheidung in der Nationalratskommission fiel mit 18 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung. Die sechs Kommissionsmitglieder in der Minderheit hatten sogar die Ablehnung der Motion beantragt.
Mit ihrem Entscheid betreibt die nationalrätliche Kommission wichtige Schadensbegrenzung. Mit ihrer ursprünglichen Motion sorgte Ständerätin Gössi für erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheit.
Die Schweiz kann kein erfolgreicher KI-Standort sein, wenn sie gleichzeitig generative KI faktisch zu verbieten droht.
Ohne konkrete Vorgaben müsste die geänderte Motion Gössi wie folgt lauten:
«Der Bundesrat wird beauftragt, die nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass journalistische Inhalte und sonstige vom Urheberrecht erfassten Werke und Leistungen bei der Nutzung durch KI-Anbieter umfassend Schutz erfahren.»
In einem nächsten Schritt wird der Nationalrat über die Motion entscheiden. Wenn der Nationalrat der Motion in der abgeänderten Form zustimmt, geht die Motion zurück in den Ständerat.
Der Ständerat, der sich als «Chambre de réflexion» versteht, hatte im ersten Anlauf die gefährliche und verunglückte Motion von Ständerätin Gössi ohne wesentliche Diskussion angenommen.
Befürworter der Motion waren sich nach der aufkommenden Kritik nicht zu schade, Kritiker der Motion persönlich anzugreifen oder zu behaupten, mit der klar geforderten Einwilligung bzw. Zustimmung («Opt-in») sei eigentlich ein Widerspruch («Opt-out») gemeint.
Motion Gössi (24.4596): Droht ein faktisches Verbot für generative KI in der Schweiz?
Medienmitteilung vom 5. September 2025: Annahme der Motion Gössi nur in abgeänderter Form
Am 5. September 2025 veröffentlichte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) die folgende Medienmitteilung:
«Schutz des geistigen Eigentums vor KI-Missbrauch: WBK-N nimmt Motion Gössi in abgeänderter Form an
Die Kommission hat sich an ihrer Sitzung mit der Motion Gössi (24.4596) befasst. In diesem Zusammenhang hat sie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, Forschung, Medien und Kultur sowie Fachleute für Immaterialgüterrecht angehört.
Die Kommission anerkennt, dass beim Schutz des geistigen Eigentums vor Missbrauch durch künstliche Intelligenz (KI) Handlungsbedarf besteht, weshalb sie das Motionsanliegen unterstützt. Sie hält es für wichtig, dass die Schweiz die für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ihres Wirtschaftsstandorts und ihrer Innovationskraft notwendigen Bedingungen aufrechterhält, ist aber der Ansicht, dass die Motion in ihrer ursprünglichen Fassung den Handlungsspielraum zu sehr einschränkt. Sie möchte, dass auch andere Lösungsansätze geprüft werden, um sich an künftige Entwicklungen anpassen zu können und sicherzustellen, dass der Schweizer Ansatz mit den Regulierungsbemühungen anderer Staaten und der EU in Einklang steht. Sie hat daher mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, ihrem Rat die Annahme der Motion in einer abgeänderten Fassung zu empfehlen. Diese enthält keine konkreten Vorgaben zur Umsetzung der Massnahmen und schafft so mehr Spielraum für die Erarbeitung nachhaltiger Lösungen. Die Minderheit beantragt die Ablehnung der Motion.»
Welche Personen von der Kommission angehört wurden, ist nicht offiziell bekannt.
Bild: OpenAI / ChatGPT.