Emmentaler: Gericht erlaubt Massnahmen für genügend grosse Löcher im Käse

Bild: Emmentaler-Käse mit Löchern (KI-generiert)

Die Löcher im schweizerischen Emmentaler-Käse werden kleiner und weniger, weil die heute verwendete Milch zu sauber für grosse Löcher ist.

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht erlaubt, dass Lochansatzpulver verwendet werden darf, um für genügend grosse Löcher im Käse zu sorgen. Mit diesem Pulver wird die Milch künstlich verunreinigt.

Das Urteil B-6947/2023 vom 2. April 2025 betrifft den schweizerischen Emmentaler-Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (GUB).

Das Bundesverwaltungsgericht beschreibt das Problem in seiner Medienmitteilung wie folgt (mit Hervorhebung):

«Seit zwanzig Jahren sind die Löcherzahlen im bekannten Käse leicht rückläufig. Den Grund hat 2015 Agroscope, die Forschungsstelle des Bundes, entdeckt: Wegen der Einführung moderner Melkmaschinen gelangen heute weniger Heupartikel durch die Luft in die Milch. Sie sind erforderlich, damit die bei der Gärung entstehende Luft die charakteristischen Löcher im Käse bildet. Das BLW wandte ein, die Qualität sei immer noch sehr hoch.»

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hatte den Antrag von Emmentaler Switzerland, Heumilchpulver als Lochansatzpulver zu verwenden, abgelehnt.

Wieso war Emmentaler Switzerland erfolgreich am Bundesverwaltungsgericht?

Emmentaler Switzerland erhob Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht und war damit erfolgreich, wie das Gericht in seiner Medienmitteilung schreibt:

«Die Emmentaler Switzerland Consortium Emmentaler AOP, Sortenorganisation der Emmentaler Käse-Produzierenden, obsiegt gegen das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Gericht hat auf Beschwerde des Consortiums die Verwendung von Lochansatzpulver bei der Käseherstellung im Pflichtenheft der Geschützten Ursprungsbezeichnung genehmigt.»

Und (mit Hervorhebung):

«Das Gericht mahnt, die hohe Ursprünglichkeit und Qualität landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Geschützter Ursprungsbezeichnung (GUB oder auch ‹AOP›) müssen bewahrt werden, die Lockerung der Vorschriften im Pflichtenheft darum die Ausnahme bleiben. Im vorliegenden Fall befand es die Beweise des Consortiums jedoch für ausreichend und die Auswirkungen auf die Ursprünglichkeit auf der einen und die Vermarktung der Erzeugnisse auf der anderen Seite für angemessen. Da es auch zu viele Löcher im Käse geben könne, bestehe keine Gefahr, dass die Käseherstellung dadurch standardisiert werde. Das Urteil kann am Bundesgericht angefochten werden.»

Wichtig war auch, dass für den Emmentaler-Käse ohnehin schon Hilfsstoffe erlaubt waren, wie der «Schweizer Bauer» mit Verweis auf das Bundesverwaltungsgericht schreibt (mit Hervorhebung):

«Beim Emmentaler sei als einzigem Schweizer GUB-Käse die Beigabe von Propionsäurebakterienkulturen erforderlich und zulässig. Diese vergrösserten die Löcher. Vorgesehen seien im Pflichtenheft zudem Milchsäurebakterien, Speisesalz und Trinkwasser. Da bisher kein Schweizer GUB-Käse mehr Hilfsstoffe erlaube als der Emmentaler, stelle ein weiterer Hilfsstoff, der die Zahl der Löcher auf das historische Mass erhöhe, keinen unverhältnismässigen Eingriff in die erwartete Reinheit und Authentizität von Emmentaler dar.»

Beim Emmentaler-Käse in anderen Ländern durfte die Milch bereits künstlich verunreinigt werden, wie das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) erklärt (mit Hervorhebungen):

«[…] Seit das Melken hygienischer ist, hat der Käse immer weniger Löcher und die Löcher werden immer kleiner. Deshalb fügen manche Käser der Milch Heublumenpulver bei. Sie verunreinigen die Milch quasi künstlich, um wieder Löcher im Käse zu haben. Die Schweizer Emmentaler-Produzenten durften das bisher nicht machen, im Unterschied zu Herstellern von französischen und deutschen Emmentalern sowie den Produzenten anderer Käsesorten. Der Grund dafür war, dass der Hilfsstoff Heublumenpulver im Pflichtenheft der geschützten Ursprungsbezeichnung nicht aufgeführt war. […]»

Wie argumentierten das Bundesamt für Landwirtschaft und Emmentaler Switzerland?

Die Parteien – das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Emmentaler Switzerland – lagen weit auseinander, wie ihre Argumente zeigen:

«Das Bundesamt für Landwirtschaft argumentierte, die Zugabe von Heublumenpulver sei keine traditionelle Herstellung mehr. Ein Emmentaler müsse sich vom industrialisierten Grosslochkäse wie einem Edamer unterscheiden, das könne man als Konsument bei einer geschützten Ursprungsbezeichnung erwarten. Die Bauern müssten nicht wieder von Hand melken, aber es gelte, ein Gleichgewicht zwischen traditioneller Herstellung und Innovation zu finden.»

Und:

«Die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland konterte, das Bundesamt verfolge eine romantisierende und ideologische Politik – losgelöst von wissenschaftlichen Grundlagen. Es gehe nicht darum, die Reputation des Emmentalers zu gefährden, sondern im Gegenteil darum, die Tradition der grossen Löcher zu erhalten.»

Die Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht wollten die grossen Löcher im Emmentaler-Käse retten und befassten sich mit dem Thema in allen Einzelheiten, wie ein beispielhafter Blick in das Urteil zeigt:

«Was ihre Geeignetheit betrifft, hat Agroscope einen Einfluss der Dosierung von Heublumenpulver auf die Anzahl Löcher bzw. Lochansatzstellen im Käse begründet und nachgewiesen. Enthalte die Milch zu wenig lochbildungsfähige Partikel, könne das CO2 nicht kontrolliert aus der Lösung austreten und werde die Bildung von Käsefehlern (‹Pick› und Rissen) begünstigt […]. Lochansatzpulver erhöht die Zahl lochbildungsfähiger Partikel und erweist sich somit als geeignet, fehlende Lochansatzstellen zu kompensieren. Die Vorinstanz bestreitet dies nicht, wenn sie einwendet, noch andere Einflussfaktoren könnten an einer ungenügenden Lochung und an unerwünschten Rissen und Spalten beteiligt sein; ebenso sei namentlich auf den schonenden Milchtransport und das richtige Zentrifugieren Acht zu geben. Dass noch andere Faktoren bei der Herstellung von Emmentaler (GUB) zu beachten sind, widerlegt die Eignung von Lochansatzpulver zur Kompensation von fehlenden Lochansatzstellen nicht. Offenbleiben kann, ob das Pulver aus dem Ursprungsgebiet von Emmentaler (GUB) […] stammen muss […].»

Das Urteil ist, soweit ersichtlich, noch nicht rechtskräftig. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) könnte Beschwerde am Bundesgericht führen.

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